Die Hand der Nemesis.
Roman
von
Kwakd August König.
lFortütnmg.) ,
(NaKdriick verboten.)
In dem Blick Rabe's spiegelte sich ein scharf aus-
geprägtes Mißtrauen.
„Nein!" erwiederte er barsch.
„Dann wollen wir auch keine Worte weiter verlieren.
Ich habe Ihnen viel zu sagen und hier möchte ich nicht
gerne in Ihrer Gesellschaft gesehen werden, man würde
auf mich einen Verdacht werfen, dessen Folgen mir
unangenehm werden könnten."
Noch immer ruhte der Blick Rabe's durchdringend
ans dcni Schließer.
„Werde ich Euch in Eurer Wohnung allein findend"
fragte er.
„Ja."
Die zuckenden Lippen fest auf einander gepreßt und
die Brauen drohend zusammen gezogen, stand Rabe den
Beiden mit funkelndem Blick gegenüber. Er schien zu
ahnen, was ihn erwartete, aber feine Haltung und der
Ausdruck seines Gesichts verriethen, daß er entschlossen
war, jeden Kampf, der ihm angeboten wurde, aufzu-
nehmen.
„Was habt Ihr mir zu sagend" wandte er sich nach
einer Pause zn dem Schließer. „Macht es so kurz wie
möglich."
„Das Gepäck ist schon in den Händen des Unter-
suchungsrichters!"
„Wer sagte Euch das?"
„Der Gefangene, ihm hat's der Richter selbst gesagt."
„War er heute wieder in: Verhör?"
„Ja. Und in diesem Verhör ist von den tausend
Thalern die Rede gewesen, die der Amerikaner damals
von Ihnen erhalten hat."
„Weshalb hat er das ausgeplaudert?" rief Rabe
wüthend aus. „Es war ja nicht nöthig, daß er es
sagte!"
„Ein Untersuchungsrichter stellt oft Fragen, an die
man gar nicht gedacht hat," erwiederte Siebel. „Sie
werden jetzt darüber vernommen werden, weshalb Sie
dem Manne das Geld gegeben haben. Und mit einer
faulen Ausrede kommen Sie dabei nicht durch, der
Richter will Gründe wissen. Weit genug ist die Sache
schon gediehen, der Gefangene hat von einem Geheimniß
gesprochen, und der Richter will jetzt —"
„Der Gefangene ist ein Esel," unterbrach Rabe ihn
erregt, dessen Aerger durch die unangenehme Situation,
in der er sich befand, noch erhöht wurde. „Wenn er
selbst den Kopf in die Schlinge stecken will, dann können
seine Freunde ihm nicht helfen."
„Das hat er nicht vor," sagte der Schließer, „er
verlangt vielmehr von Ihnen, 'daß Sie Wort halten
und den Beweis seiner Unschuld liefern. Wenn der
Untersuchungsrichter ihn auf's Glatteis geführt hat,
dann —"
„Gut, in einer Viertelstunde bin ich dort."
Der Schließer ging rasch von dannen,
er fand in seiner ärmlichen Wohnung den
Zimmermann, der das Haupt auf den
Arm gestützt in Nachdenken versunken war.
„Wird er kommend" fragte Siebel.
„Er hat's versprochen," nickte der
Schließer. „Wo sind die Kinder?"
„Ich habe sie zu unserer Nachbarin ge-
schickt," erwiederte seine Frau, „es ist
besser, wenn sie nicht zugegen sind."
„Großen Lärm wird's nicht geben,"
sagte Siebel spottend, „der seine Herr
wird Wohl cinsehen, daß er sich fügen muß."
„Am Ende wäre es doch besser, wenn
ich mit ihm allein bliebe," erwiederte
Schmalz, „findet er Euch hier —"
„So werden wir ihm schon erklären,
weshalb ich hier bin," fiel der Zimmer-
mann ihm in's Wort. „Laßt mich nur
machen, ich werde das Schaf schon scheeren.
Da kommt er."
Rabe öffnete im nächsten Augenblick die
Thüre, er stutzte, als sein Blick ans
Siebel fiel.
„Wollt Ihr mich verrathen?" fuhr er
zornig auf. „Wer ist dieser Mann, und
was will er hier?"
„Wer ich bin?" erwiederte Siebel ruhig.
„Der Mann der früheren Wärterin, und
diese Frau ist meine Schwester. Wir bilden
hier einen Familienrath, bester Herr, und
es ist mir außerordentlich gleichgültig, ob
Sie ihn anerkennen oder nicht."
„Mein Schwager ist von Allem unter-
richtet," fügte der Schließer hinzu, „ohne
seinen Rath thne ich nichts, er wird uns
nicht verrathen."
„Im Gegcntheil," fuhr Siebel fort, „ich
werde mein Weib nicht in's Zuchthaus
bringen."
Friedrich Bodrnstrdt. Nach cincr PhowMphie gezeichnet von E. Kolb. lZ. 4ls.j
„Dann hätte er sich vorsehen sollen!"
rief der Gutsbesitzer. „Er mußte aus solche
Fragen gefaßt sein."
„Das ist leicht gesagt," erwiederte
Siebel, „Sie werden das einsehxn, wenn
Sie dein Untersuchungsrichter gegenüber
stehen."
„Was verlangt der Gefangene jetzt?"
fragte Nabe.
„Zum Ersten die bewußte Photographie!"
erwiederte Schmalz.
„Er soll sie haben."
„Sodann seine Freiheit im Laufe der
nächsten Tage."
„Das kann auch geschehen, wenn Ihr
Vernunft annehmen wollt. Laßt ihn ent-
wischen, es soll Euer Schaden nicht sein,
und wenn Jhr's richtig anfangt, wird
man Euch nichts beweisen und anhaben
können. 'Es wäre das einfachste und beste
Mittel Allem vorzubeugen, und Eure Frau
würde ebenfalls sehr damit zufrieden sein."
„Meine Frau?" spottete Siebel. „Ich
hab' keinen Grund, sie zu schonen."
„Vorhin spracht Ihr anders."
„Ich sage auch nicht immer, was ich
denke, lind mit dem Fluchtplan ist es
gar nichts, es wäre nutzlose Mühe, dar-
über nachzudenken, mein Schwager wird
nicht so dumm sein, sich und seine Fa-
milie in's Unglück zu stürzen. Sie würden
ihm ja doch nicht so viel geben, daß er
von den Zinsen leben könnte."
„Ich würde tausend Thaler dafür zahlen
unter der Bedingung, daß der Versuch
vollständig gelingt."
„Tausend Thaler," erwiederte Siebel
achselzuckend. „Was kaufe ich mir dafür!
Sie würden bald dahinter kommen, daß
der arme Schlucker die Tasche voll Geld
hat —"