Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
290)



Da, bei der Erwähnung Mariens, ſchoß
ihm wie ein Blitz ein Gedanke durch den Kopf,
der königliche Leibarzt aus Hannover ſollte ihm
nicht ſo umsonst in die Hände gefallen ſein;
er wollte ihn nicht wieder loslaſſen, bevor er
seine Kunst nicht auch an der armen Marie
verſucht hatte. Aber vorläufig ließ er davon
nichts merken.

„Den Schaden an dem Schlitten,“ fuhr er
fort, „kann man ja zunächst ſoweit ausbessern,
daß Sie wenigstens bis Andreasberg kommen.
Der Kulſcher wird wohl für jeden Notfall noch
einen Strick bei ſich haben.“

So war es auch, und Georg ſchnürte nun
die gespaltene Stütze so fest zuſammen, daß der

Schlitten die Fahrt bis zum nächsten Ziel noch
aushalten konnte. „Wenn es Ihnen recht ist,“
sagte er dann, „ſo kehre ich mit Jhnen nach
Andreasberg zurück. Ich bin Schmied und
könnte Ihnen gleich die eiſernen Reifen um
die geſpaltene Stütze legen. Ich bin zwar auf
dem Wege nach Hildesheim; es thut aber nichts,
§y ich dort einen Tag früher oder ſpäter hin-
omme.“

Dem berühmten Arzte konnte dies Aner-
bieten nur angenehm sein, er nahm es also
dankbar an, und so fuhr Georg, nachdem er
mit dem Kutſcher die hohe Schneewehe mit
Hilfe eines Brettes aus |Jvem Schlitten durch-
brochen und den Pferden etwas freie Bahn ge-
macht hatte, wieder dem Heimatsorte zu. Die
Pferde griffen ſehr lebhaft aus, so daß das
Öertchen bald erreicht war. Vor dem Hauſe
der Frau Gericke ließ Georg halten.

„Da es einen Gaſthof hier nicht giebt," ſagte
er, „ſo belieben Sie vielleicht in dem Hauſe
einer mir befreundeten Familie ſo lange ;u
verweilen, bis ich in der Schmiede die Re-
paratur an dem Schlitten vorgenommen habe.
Sie werden ein warmes Stübchen finden.“

Das war ja vortrefflich. Zimmermann ſtieg y
also eiligſt aus. Mittlerweile war bereits Frau Gericke in | Worten auf und geleitete dann den fremden Herrn ins
der Hausthür erſchienen und wußte vor Erſtaunen nicht, |
was sie ſagen sollte. Georg klärte ſie ſchnell mit wenigen

D a s

Heft 9.
Leiden gekommen war. Wie er vermutet hatte,
regte ſich ſofort bei dem Arzte das Berufs-
intereſſe. Kaum hatte er den Pelz abgelegt, so
ließ er ſich den Unfall genauer erzählen und
das Leiden eingehend ſchildern. Dann meinte
er: Daß der alte Barthel keine Beſſerung her-
beigeführt habe, sei zu erwarten gewesen. Die
Danlbarkeit gebiete ihm, während der wackere
Helfer. dort + er wies auf Georg + den
Schlitten kuriere, hier einmal nachzuſehen, was
s eine Kunst im Kurieren vermöge.

Das war es, worauf Georg losgeſteuert
hatte. Hochklopfenden Herzens empfahl er ſich,
um nach dem Schlitten zu. ſehen. In der
Schmiede ſeines bisherigen Meiſters wurde ihm
gern geſtattet, den Schaden auszubeſſern.

Unterdeſſen nahm Zimmermann bei der
Kranken eine genaue Unterſuchung vor und
stellte feſt, daß nur eine teilweiſe Ausrenkung
und eine ſtarke Sehnenzerrung, aber keine Zer-
reißung stattgefunden habe. Und mit dem
großen Geschick, das ihn zu einem ſo bedeuten-
den Arzte gemacht hatte, wußte er alsbald die
Wiedereinrenkung zu vollziehen. Darauf legte
er einen feſten Verband an, damit Muskeln und
Sehnen sich wieder nach der richtigen Lage ſtreckten.

Als er die letzten Leinwandſtreifen festſteckte
und nun Marie ſicher fühlte, daß ihr in der
That geholfen, daß sie durch das energiſche Ein-
greifen des bedeutenden. Arztes ihre Gesund-
heit wiedererhalten werde, da stürzten ihr die
Thränen aus den Augen, sie fing vor Freude

laut an zu weinen. In demſelben Momente
erhoben aber auch Peterle und Rollcr in ihren
Käfigen ihre Stimmen und ſchmetterten ihre
t
fer que tl. der Arzt auf. „Das
ſind ja prächtige Tierchen,“ sagte er. „In
ganz Hannover habe ich mich bisher vergeblich
nach ſolchen Sängern umgeſchaut.“

„Nun, dann freut es mich,“ rief sofort Marie,

„Ihnen eines zum Geschenk machen zu können. Das

iſt doch wenigstens ein kleiner Zoll der Dankbarkeit,

den wir bieten können!“

Buch für Alle

[ 32
|







Nr. v. Holleben,
der neue deutſche Boiſchafter in Waſhington. (S. 218)



Wohnzimmer. Dort stellte er ihm Marie vor und teilte
ihm kurz mit, wie das arme Mädchen zu ihrem ſchweren











Hilka, die Haupiſtadt von Akaska, in einer Iuninacht. (S 222)/)
 
Annotationen