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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1888

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Heft 5/6
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Ewerbeck, Franz: Flämische und niederländische Holzarbeiten der Renaissance-Periode, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7906#0038

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viele, in der Aomposition außerordentlich geistreiche und
anziehende, aber in den Verhältnissen und in der Durch-
arbeitung oft arg verfehlte Werke. Jeder Meister faßte
den neuen Styl auf seine Weise auf und suchte sich so gut
als möglich mit seiner Aufgabe abzufinden, daher die außer-

Fig. 2. Thüre aus dem Museum Plantill zu Antwerpen.

ordentliche Verschiedenartigkeit in den werken der Architektur
und des Aunstgewerbes in Deutschland. In den Nieder-
landen waren die Vorbedingungen zur Entwicklung der
Renaissance günstiger: die Aünstler und ihre Schulen sowie
die Aunsthandwerker dieses verhältnißmäßig kleinen Gebietes
standen offenbar weit niehr mit einander in Verbindung
als dieses bei uns in Deutschland der Fall und konnten sich
gegenseitig leichter in Aunstfragen unterstützen; die Bild-
hauer vor allen brachten von vorne herein ein weit besseres
Verständniß der Verhältnisse der italienischen Renaissance
sowie der Mrnamentik dieses Styles mit; außerdem waren
die Aufgaben zumal auf dem Gebiete der Architektur eng
begrenzt und keineswegs so vielseitig und umfangreich als
bei uns, es ist daher nicht zu verwundern, daß die Aunst-

werke dieses Landes eine ge-
wisse Gleichartigkeit in der Be-
handlung der Aufgaben zeigen,
zugleich aber auch eine sehr
virtuose Behandlung der Ein-
zelformen. Wer die nieder-
ländischen Arbeiten der Archi-
tektur und des Aunstgewerbes
nur mit einiger Aufmerksam-
keit studiert hat, wird zugeben
müssen, daß in letzterer Hinsicht

**■s- m-d»,°ndi,ch.n w-,k° d-„,

jenigen Deutschlands weit über-
legen sind. Man betrachte nur einmal die fast durchweg
musterhaft ausgeführten Löwenköpfe, welche als Wappen-
symbol der Niederlande mit großer Vorliebe, wo nur irgend
möglich, verwandt wurden: auch die spätesten Leistungen der

niederländischen Aunstweise bieten uns hier immer noch
viele charaktervolle Beispiele!

Es dürfte schwer halten, den Styl der vlämischen Re-
naissance im Allgemeinen ohne zahlreiche Abbildungen genau
zu präzisiren und abzugrenzen, besonders gegenüber der deutschen
Renaissance, da in den Werken beider Länder eine Anzahl
von Motiven und Aonstruktionsmethoden auftreten, welche
ganz gleichartig behandelt sind und daher einer Quelle ent-
stammen müssen; indessen soll hier der Versuch gemacht
werden, die Arbeiten eines größeren Gebietes zusammen-
zufassen und die charakteristischen Eigenthümlichkeiten des
vlämischen Styles in denselben nachzuweisen.

galten wir Umschau unter den mannichfachen Stücken
des Hausraths und der inneren Einrichtung unserer Alt-
vorderen, wobei besonders die Arbeiten aus Holz berück-
sichtigt werden sollen, so erkennen wir zunächst einen prinzi-
piellen Unterschied zwischen den süd- und mitteldeutschen
Arbeiten einerseits, und denen des Niederrheins, Hollands
und Flanderns andererseits, darin, daß die ersteren fast
durchweg das Bestreben zeigen, sowohl durch die mannig
faltigen Töne und Maserungen verschiedener Holzsorten —
italienisches und deutsches
Nußbaumholz, deutsches
und ungarisches Eschen-
holz, Ahorn, Pflaumen-
holz u. s. w. — als auch
durch Helle oder dunkel-
farbige Einlagen zu wirken

— Bestrebungen, welche
zweifellos auf italienische

Vorbilder zurückgeführt
werden dürften, man denke
nur an die Tarsiaturen in
der Residenz zu Landshut

— während in den nieder-
deutschen, vlämischen und
holländischen Arbeiten Be-
strebungen dieser Art selten
auftreten. Besonders an ^ ,, Rahmholz- uud Fülluugs-
den niederländischen Ar- Profile eines vlämischen Schrankes,
beiten kommt auch für die

reichsten und prunkvollsten Stücke fast ausschließlich Eichenholz
und für einzelne Theile derselben Ebenholz zur Verwendung.
(Daß in niederländischen Sammlungen vereinzelte Stücke Vor-
kommen, an denen sich Tarsiaturen und verschiedenfarbige
Holzeinlagen vorfinden, soll nicht geleugnet werden, aber
diese Ausnahmen bilden nicht die Regel und bestimmen
keineswegs den Tharakter dieser Werke.) — Damit gaben
allerdings die Aünstler und Aunsthandwerker dieser Gruppe
einen wesentlichen Vortheil aus der Hand — die Belebung
der Flächen und Gliederungen durch Farbentäne — und
ihre Truhen, Schränke und Vertäfelungen haben den
mittel- und süddeutschen Werken gegenüber etwas Düsteres,
vielleicht auch bisweilen etwas Schwerfälliges an sich; aber
ihre Schöpfungen zeichnen sich vielleicht gerade aus diesem
Grunde durch eine einheitliche und harmonische Wirkung
aus und bieten überdies den Vortheil daß sie in der Be-
handlung der Flächen und Einzelformen stets im Holz-
charakter bleiben. Aber auch abgesehen von der Verschieden-
artigkeit des Eindrucks, welcher hinsichtlich der farbigen
 
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