Vom Vüchevkisch.
G. kjirth's Formenschatz. XII. Jahrgang.
Mit Freude und Genugthuung begrüßen wir den zwölften
Jahrgang dieses für alle Kunsthandwerker, namentlich für die weniger
bemittelten, unentbehrlich gewordenen Handbuches,
dessen unerschöpfliche Fülle von Motiven eine Viel-
seitigkeit und Reichhaltigkeit an den Tag legt,
mit der sich kaum eines der vielen, ähnlichen
Zwecken dienenden Merke, die gegenwärtig den
kunstgewerblichen Büchermarkt überschwemnien,
messen kann. Es ist das eine der schönsten und
segensreichsten Früchte der ;876er Ausstellung in
München; daß diese Frucht bereits überall in
deutschen Landen herrlich aufgegangen, daran
kann Niemand zweifeln, der ein Auge für die
Erscheinungen aus dem Felde des Kunstgewerbes
hat und unsere deutsch-nationale Ausstellung wird
Jeugniß davon ablegen. 6.
Martin Gerlach, „Die Pflanze in Kunst und
Gewerbe," mit einer Vorrede von Or. Alb.
I l g. — Darstellung der schönsten und
formenreichsten Pflanzen in Natur und Stil
zur praktischen verwerthung für das ge-
sammte Gebiet der Kunst und des Kunst-
gewerbes in reichem Gold-, Silber- und
Farbendruck. — Ornament und kunstgewerb-
licher Theil von Prof. Ant. Seder, Natur-
alistik von 3. Berger, Fr. Sturm, w.
Unger, Ed. Lharlemont, H. Darnaut
u. A. — Mien. Gerlach §c Schenk, voll-
ständig in zwei Serien zu je [5 Lieferungen
zu t2 m. so.
wer sich mit Ernst und künstlerischem
Gefühl daranmacht, den unendlichen Reichthum
pflanzlicher Gebilde zu durchforschen und deren
künstlerische verwerthung in's Auge zu fassen,
der kann zweierlei Wege einschlagen. Ent-
weder verfährt er historisch, indem er die ur-
sprünglichen Pflanzenformen in den verschie-
denen Phasen
der Stilisirung
verfolgt, oder
er macht sich
daran,ausnoch
nicht gebrauch-
ten Pflanzen-
typen eine neue
Ornamenten-
welt aufzu-
bauen, um so
der Dekoration
neue Ziele zu
weisen. Werke
dieser Art sind
nicht eben sel-
ten; nament-
lich sind schon viele versuche gemacht worden, das Gebiet der
Ornamentik init erst jetzt der Natur entlehnten Gebilden zu be-
reichern. Aber keiner dieser versuche ist unter solch' günstigem Stern
unternommen worden, wie der vorliegende. Was bei diesem Werke
ganz besonders zu beherzigen ist, scheint uns die Thatsache zu sein,
daß es, im Gegensatz zu anderen derartigen Werken, nicht sklavisch
das Alte coxirt; es will mit voller Absicht im Gegentheil Neues schaffen,
ohne sich hochmüthig für eine „Verbesserung"
des Alten auszugeben — wie die Vorrede aus-
drücklich betont. Das schließt nicht aus, daß wir
bei manchen Ornamenten Anlehnungen an alte
Vorbilder begegnen; aber in der Mehrzahl sind
die ornamentalen und kunstgewerblichen Dar-
stellungen ganz neu erdacht. Und wenn sich hie
und da auch Manches nur gezwungen dem künstler-
ischen Willen beugt, so wirken doch nicht selten
gerade derartige Vergewaltigungen besonders an-
regend ; sie reizen geradezu zu eigenen Versuchen,
es besser zu machen.
Das Material zu der jetzt mit der \3. Lieferung
abgeschlossenen I. Serie ist größtentheils, der uns
direkt umgebenden Flora entnommen; der Wald
hat Eiche und Haselnuß, Erdbeeren und Maiglöck-
chen, Leberblümchen und Primula gespendet; unsere
Felder brachten Aehren und Kopsen, Kornblume
und Mohn, Haideröschen und Distel, — unsere
Wiesen Chrysanthemum und Akelei, — unsere
Wasser: Schwertlilie, Seerose und Binse. Aber
auch unsere Gärten sind mit Narzisse, Tulpe und
Lrocus, — und die Tropen mit Palmen und Lor-
beer, Orchideen und Passionsblumen in Betracht
gezogen; ist es Zufall, oder liegt es in der Natur
der betr. Pflanzen begründet, daß gerade die de-
korative verwerthung der letzteren uns am meisten
anspricht?
Das System des Werkes ist der Art, daß
die betreffenden Pflanzen erst in vorzüglichen
naturalistischen Darstellungen sin Radirung,
Farbendruck rc.) gegeben und dann zu Friesen,
Füllungen, Geräthen, Gefäßen rc. verarbeitet
werden, lieber das „Wie" kann es nur eine
einzige Stimme geben; wir glauben nicht,
daß jemals ein der Ornamentik dienendes
Werk mit sol-
chem Reich-
thum und sol-
cher Eleganz
ausgestattet
worden ist. An
gute Radir-
ungcn und
schwarze Litho-
graxhieen ist
man schon eher
gewöhnt; aber
was die Farb-
drucke betrifft,
so kann man
ohne Ueber-
treibung be-
haupten, daß bei gleicher Brillanz der Farben eine solche Harmonie
des Ganzen, eine solche Zartheit iin Einzelnen bis jetzt kaum
erreicht wurde. G.
Skizze zu dem auf Tafel 3 dargestellten Monumental-Brunnen.
G. kjirth's Formenschatz. XII. Jahrgang.
Mit Freude und Genugthuung begrüßen wir den zwölften
Jahrgang dieses für alle Kunsthandwerker, namentlich für die weniger
bemittelten, unentbehrlich gewordenen Handbuches,
dessen unerschöpfliche Fülle von Motiven eine Viel-
seitigkeit und Reichhaltigkeit an den Tag legt,
mit der sich kaum eines der vielen, ähnlichen
Zwecken dienenden Merke, die gegenwärtig den
kunstgewerblichen Büchermarkt überschwemnien,
messen kann. Es ist das eine der schönsten und
segensreichsten Früchte der ;876er Ausstellung in
München; daß diese Frucht bereits überall in
deutschen Landen herrlich aufgegangen, daran
kann Niemand zweifeln, der ein Auge für die
Erscheinungen aus dem Felde des Kunstgewerbes
hat und unsere deutsch-nationale Ausstellung wird
Jeugniß davon ablegen. 6.
Martin Gerlach, „Die Pflanze in Kunst und
Gewerbe," mit einer Vorrede von Or. Alb.
I l g. — Darstellung der schönsten und
formenreichsten Pflanzen in Natur und Stil
zur praktischen verwerthung für das ge-
sammte Gebiet der Kunst und des Kunst-
gewerbes in reichem Gold-, Silber- und
Farbendruck. — Ornament und kunstgewerb-
licher Theil von Prof. Ant. Seder, Natur-
alistik von 3. Berger, Fr. Sturm, w.
Unger, Ed. Lharlemont, H. Darnaut
u. A. — Mien. Gerlach §c Schenk, voll-
ständig in zwei Serien zu je [5 Lieferungen
zu t2 m. so.
wer sich mit Ernst und künstlerischem
Gefühl daranmacht, den unendlichen Reichthum
pflanzlicher Gebilde zu durchforschen und deren
künstlerische verwerthung in's Auge zu fassen,
der kann zweierlei Wege einschlagen. Ent-
weder verfährt er historisch, indem er die ur-
sprünglichen Pflanzenformen in den verschie-
denen Phasen
der Stilisirung
verfolgt, oder
er macht sich
daran,ausnoch
nicht gebrauch-
ten Pflanzen-
typen eine neue
Ornamenten-
welt aufzu-
bauen, um so
der Dekoration
neue Ziele zu
weisen. Werke
dieser Art sind
nicht eben sel-
ten; nament-
lich sind schon viele versuche gemacht worden, das Gebiet der
Ornamentik init erst jetzt der Natur entlehnten Gebilden zu be-
reichern. Aber keiner dieser versuche ist unter solch' günstigem Stern
unternommen worden, wie der vorliegende. Was bei diesem Werke
ganz besonders zu beherzigen ist, scheint uns die Thatsache zu sein,
daß es, im Gegensatz zu anderen derartigen Werken, nicht sklavisch
das Alte coxirt; es will mit voller Absicht im Gegentheil Neues schaffen,
ohne sich hochmüthig für eine „Verbesserung"
des Alten auszugeben — wie die Vorrede aus-
drücklich betont. Das schließt nicht aus, daß wir
bei manchen Ornamenten Anlehnungen an alte
Vorbilder begegnen; aber in der Mehrzahl sind
die ornamentalen und kunstgewerblichen Dar-
stellungen ganz neu erdacht. Und wenn sich hie
und da auch Manches nur gezwungen dem künstler-
ischen Willen beugt, so wirken doch nicht selten
gerade derartige Vergewaltigungen besonders an-
regend ; sie reizen geradezu zu eigenen Versuchen,
es besser zu machen.
Das Material zu der jetzt mit der \3. Lieferung
abgeschlossenen I. Serie ist größtentheils, der uns
direkt umgebenden Flora entnommen; der Wald
hat Eiche und Haselnuß, Erdbeeren und Maiglöck-
chen, Leberblümchen und Primula gespendet; unsere
Felder brachten Aehren und Kopsen, Kornblume
und Mohn, Haideröschen und Distel, — unsere
Wiesen Chrysanthemum und Akelei, — unsere
Wasser: Schwertlilie, Seerose und Binse. Aber
auch unsere Gärten sind mit Narzisse, Tulpe und
Lrocus, — und die Tropen mit Palmen und Lor-
beer, Orchideen und Passionsblumen in Betracht
gezogen; ist es Zufall, oder liegt es in der Natur
der betr. Pflanzen begründet, daß gerade die de-
korative verwerthung der letzteren uns am meisten
anspricht?
Das System des Werkes ist der Art, daß
die betreffenden Pflanzen erst in vorzüglichen
naturalistischen Darstellungen sin Radirung,
Farbendruck rc.) gegeben und dann zu Friesen,
Füllungen, Geräthen, Gefäßen rc. verarbeitet
werden, lieber das „Wie" kann es nur eine
einzige Stimme geben; wir glauben nicht,
daß jemals ein der Ornamentik dienendes
Werk mit sol-
chem Reich-
thum und sol-
cher Eleganz
ausgestattet
worden ist. An
gute Radir-
ungcn und
schwarze Litho-
graxhieen ist
man schon eher
gewöhnt; aber
was die Farb-
drucke betrifft,
so kann man
ohne Ueber-
treibung be-
haupten, daß bei gleicher Brillanz der Farben eine solche Harmonie
des Ganzen, eine solche Zartheit iin Einzelnen bis jetzt kaum
erreicht wurde. G.
Skizze zu dem auf Tafel 3 dargestellten Monumental-Brunnen.