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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1888

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Heft 9/10
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Bücherschau
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Unsere kunstgewerblichen Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7906#0084

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Vüchenschau.

W. Bode, Das Lhorgestühl des Pantaleone da Marchis
in den kgl. Museen zu Berlin. Geschnitzte Lehnen und
Intarsien, reproduzirt in Lichtdruck. Berlin, G. Grote, >884.

Es ist bekannt, welche bedeutenden Mittel der preußische Staat
in den letzten Jahren zur Bereicherung seiner Kunstmuseen aufgewendet,
ebenso bekannt ist aber auch, wie schwer es ist, gute alte Original-
arbeiten größeren Umfangs aus Italien herauszubekommen. Mit
um so größerer Genugthuung hat man es deshalb begrüßt, daß es im
Frühjahr ;883 der Musenmsdirektion geglückt ist, einen beträchtlichen
Theil eines noch aus dem >5. Jahrhundert stammenden, oberitalien-
ischen Stuhlwerkes zu erwerben, und daß dieselbe kaum ein Jahr nachher
die prächtige Arbeit durch eine ihrer würdige Publikation zum Ge-
meingut des Kunstgewerbes gemacht hat. Die Publikation steht in ihrer
Art geradezu einzig da. Auf 25 Tafeln in Großfolio werden die
schönsten Theile des Stuhlwerks — x 2 Reliefschnitzereien und ;3 Jntarsia-
tafeln mit bsilfe von Ad. Braun's Kohlendruckplatten in einer Treue
geboten, die an künstlerischem Nutzwerth fast dem Griginal gleichkommt;
schon die geringe Reduktion auf s/6 der wirklichen Größe macht das
Griginal zum Studium beinahe entbehrlich und die der Wirklichkeit
nahekommenden Darstellungen der Reliefs sind in dieser Wiedergabe
jedenfalls mehr werth als Gipsabgüsse. Ist es bei den Schnitzereien
der wunderbare Fluß der Linien, die feine Vertheilung der Massen,
die uns sofort mit ihrem bestrickenden Reiz umfangen, so interessirt
uns bei den Intarsien besonders die durch Anbringuug von Licht-
und Schattenabstufungen unendlich mühselig erscheinende Arbeit. — Der
beigegebene Text verbreitet sich über die Entwickelungsgeschichte der
Intarsien, besonders der italienischen und enthält eine Gesammtansicht
des Stuhlwerks, sowie einige weiteren Intarsien in kleinerem Maßstab.
Von den künstlerischen Vorzügen der Intarsien, wie der Schnitzereien
und ihrer technischen Ausführung geben die vorzüglichen Reproduktionen
ein weit sprechenderes Bild, als jede noch so ausführliche Beschreibung
es vermag. 6.

Ferd. Moser, Grnamentale Pflanzenstudien aus dem
Gebiet der heimischen Flora. Berlin, Lhr. Llaesen & (Eie.

„Tine Anregung für Lehrende und Lernende in Bild und Wort" —
nennt der Verfasser seine Arbeit, und ein Blick in dieselbe zeigt, daß
er nicht zu den Anhängern einer naturalistischen Grnamentik gehört,
sondern daß er wirklich das Geschaute ornamental in verschiedenster
Weise zu verwerthen versteht. Tr gehört zu der großen Zahl Jener,
welche bestrebt sind, die Naturformen in die Verzierungskunst mehr
als bisher hereinzuziehen und die Empfindung für die Naturform zu
fördern. Line Ueberschätzung des Werthes solcher Naturstudien für
die Vrnamentiker, welche etwa zur Folge hätte, daß das Studium
alter Arbeiten hintangesetzt würde, wäre zweifellos höchst verderblich;
andrerseits aber ist nicht zu läugnen, daß das Zeichnen nach Gips
vielfach zu weit getrieben wird. Das Werk enthält 30 schlicht und
mit Geschmack in Feder gezeichnete Tafeln mit naturalistischen und stili-
sirten Darstellungen, u. A. Kopsen, Epheu, Akelei, Storchschnabel, Distel,
Rose, Nelke u. s. w.; in dem 26 Seiten starken Text mit den sehr einfach
und klar gezeichneten Illustrationen gibt der Verfasser neben den
Spezialerklärungen der einzelnen Tafeln sehr beachtenswerthe Winke
in Bezug auf das Aufsuchen, Zeichnen,' Lonserviren der Pstanzen;
bezeichnend für seinen richtigen Standpunkt in der Frage der Stilisirung
ist es, daß er es als geradezu absurd bezeichnet, eine Pflanzensorm
stilisiren zu wollen, ohne irgend ein Material, irgend eine Ausführungs-
weise im Auge zu haben — und „daß ein nicht geringer Grad tech-
nischen Könnncns und Wissens, eilte gewisse Reife erreicht sein muß,
ehe zu Stilisirversuchen geschritten werden kann und daß daher Dilet-
tanten oder Anfänger überhaupt sich damit nicht befassen sollten".
Weit über joo einheimische Pflanzen sind in dem Werk in das Bereich
! der Stilisirung gezogen und wenn auch nicht Alles gleich glücklich,
so steht dem minder Bedeutenden doch so viel Reizvolles gegenüber —
z. B. alle in Schmiedeisen umgesetzten Pflanzenformen, wie Rosen-
ranke, Frauenschuh, Popsen, Akelei u. s. w., — daß man über das
j Werk als Ganzes eine unverhohlene Freude empfinden kann. 6.

Unsere kunstgewerblichen <I)usterblMen.

Tafel 3(: (von der Kunstgewerbe-Ausstellung) Renaissance-
Zimmer. Entworfen von Prof. Romeis (München), ausgeführt
von Mitgliedern des Gewerbevereins zu Bamberg, Schreiner-Arbeit
von der Möbelfabrik von G. M. Müller, Pianoforte v. I. L. Neupert.
Die Hauptarbeit dieses Zimmers, näinlich die vollständige Ausstattung
mit Möbeln, die Vertäfelung der Wände und die Herstellung des
Plafonds lag in den fänden des Möbelfabrikanten Gg. M. Müller.
Der Plafond und die Vertäfelung der wände sind in sieben Holzarten
ausgeführt, in: Eichenholz (antik gebeizt), italienischem Nußbaum-
holz, ungarischem Eschenholz, amerikanischem Tschenwnrzelholz, amerika-
nischem Pitchpineholz, Linden- und Lärchenholz. Das Zimmer selbst
mißt 5 ir> im Guadrat und ist 4 m hoch. von den übrigen Aus-
stattungsgegenständen sind Sopha mit Sessel ebenfalls von G. M.
Müller, das Pianino von I. L. Neupert hergestellt; die Thür-
beschläge, Thürschild und das prächtige schmiedeiserne Gitter im Erker
find von Anton Bosch ausgeführt. Die Rahmen an den Wänden
rühren von Vergolder Geist her, der Kronleuchter wurde von Sch oller
nach Entwurf von Prof. Romeis gefertigt. Der Preis des ganzen
Zimmers mit allem Mobiliar, das heißt der vollständigen eben be-
schriebenen Einrichtung einschließlich der Erkerferrster, aber ohne die
Bilder, beläuft sich auf 8000 Mark; Plafond, Thüre und wandver-
täselung allein kosten 3600 Mark; Erkerbau mit Ballustrade und Treppe
400 Mark; Divan mit 6 Stühlen 700 Mark. (Der Auszugtisch und
das Schränkchen sind zur verloosung angekauft.)

Tafel 32: Entwurf z u einem Glasbild von Lhr.
Maurer. Nach der Griginalzeichnung im Großherzoglichen Kupfer-
stichkabinet zu Karlsruhe, (vgl. damit Tafel xs und 29 sammt zu-
gehörigen Text.)

Tafel 33: Sogenannte spanische Truhe. Entworfen und
ausgeführt vonPaulStotz (Stuttgart), Füllungen von Ed m. Kiefer
(ebenda). Das Material dieser Truhe ist im Wesentlichen röthlich ge,
beiztes Eichenholz; alle plastischen Ornamente, Knöpfe etc. sind ans
bräunlich xatinirter Bronze, die Einlagen theils Messing, theils ver-
schiedenfarbiges Holz.

Tafel 34: (von der Kunstgewerbe-Ausstellung) Kellerthor
für die Villa Holdereggen bei Lindau. Entworfen von Prof.
G. Hauberrisfer, München, ausgesührt von Schloffermeister M.
Koch, Lindau, gezeichnet von E. Löhnes, Architekt. Die Anregung
zu dieser eigenartigen Verwendung des Wahrzeichens der Stadt Lindau
— des kindenbaumes — ging von dem Besitzer obengenannter
Villa, Herrn £). Näher, aus.

Tafel 35: (von der Kunstgewerbe-Ausstellung) Schreibstuhl
aus dem kgl. Schlosse Herren-Lhiemsee. Entwurf von Gber-
Hof-Baurath I. Hosmann, Ausführung und Gußmodell von Ant.
Pössenbacher, Bronze-Arbeit von Ferd. Har rach & Sohn,
sämmtliche in München. Material brasilianisches Rosenholz, dunkelgrüner
Sammt mit Goldstickerei von Frl. Jörres und vergoldete Bronze.

Tafel3S:(von der Kunstgewerbe-Ausstellung) Rococo-Salon.
Entworfen und ausgeführt von Hofmöbelfabrikant Ant. pössen-
bacher, Malereien und Vergoldungen von Hofdekorationsmaler Jos.
Wagner. In diesem Salon, welcher 6 rn lang, 5,80 m breit ist, sind
sämmtliche Umrahmungen an vertäferungen und Thüren mit xolirtem,
rothem Aracantyholz in Federfriesen fournirt, die schmalen Friese aus
orientalischem Rothholz, die Füllungen aus Thuya-Maser, alle Gesimse
und Ornamente ächt vergoldet. Sämmtliche Gelgemälde, sowie die
auf weiße Seide gemalten Füllungen rühren von Jos. Wagner, Hof-
dekorationsmaler, her.

verantw. Red.: Prof. £. Gmelin. — Herausgegeb. v. bayer. Lunftgewerbeverein. — Druck u. Lomm.-Verl. von Lnorr H ibirth in München.
 
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