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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1890

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Heft 11/12
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Gmelin, L.: Die Mittelalterliche Goldschmiedekunst in den Abruzzen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6755#0079
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■3- ^5 -4>

IV. Arbeiten mit der Marke 4.

(3. Kelch, aus Silber, theilweise vergoldet; Sammlung Spitzer,
Paris; beschrieben in deni illustrirten Katalog derselben unter Nr. (06. 1 2 3 4 5)
Ueber denselben schrieb mir V Diner: „Der Kelch ist ganz un-

bedeutend, von ziemlich roher Arbeit, und fehlt die ganze Lmaillirung.
Derselbe zeigt im Baue und in der Mrnamentirnng dieselben Formen
wie der von Ihnen (Taf. 6) publizirte Kelch. Die Blätterornamentc
erscheinen beinahe als Kopien jener auf Ihrem Kelche." Nach der
Beschreibung in dem genannten Katalog ist Fuß und Nodus mit je
sechs einst emaillirten Medaillons geschmückt, die Luppa irn Innern
vergoldet, — Höhe: (9 cm; Durchmesser des Fußes (2 cm. — Auf
dem Fuß die Marke (vcrmuthlich die obige).2) wahrscheinlich zweite
Hälfte des XV. Jahrhunderts.

14. Kelch, vergoldetes Silber, im Besitz des Hrn. Lonsul Becker
in Frankfurt a. 2Tt.8) Abgcbildct auf S. (42. Die (Emails haben
Aehnlichkeit mit jenem an Nr. 7 a (das rothe (Email fehlt), sie stehen
hinter jenen von Nr. (; zurück; am Nodus sind die sechs runden Email«
plättchen gefaßt, während die drei Emailmedaillons am Fuße in runden
Vertiefungen eingelöthet sind. Der Grund des getriebenen Ornaments
ist mit einem runden Punzen vertieft, so daß kleine Vertiefungen ge-
bildet wurden. — Die gothischcn Arkadenreihen, welche den sich ver-
jüngenden Schaft umziehen, sind durchbrochen gefertigt (oben >s, unten
(6 Arkaden) und — wie auch der Nodus — über den Schaft geschoben;
sie sind erst für sich stach gearbeitet — aus Draht mit unten und
oben angelöthetem Zinnenkranz, bezw. Rundstab — und dann zusammen-
gerollt, wie aus den deutlich sichtbaren Löthfugen hervorgeht. — Höhe
(8,2 cm, Durchmesser des Kelches 9,5 cm. des Fußes (0,4 cm. —
Die Marke befindet sich ein Mal an dem glatten unteren Fußtheil,
ein zweites Mal am Kelchrand. — Zweite Hälfte des XV. Iahrh.
Ein schmaler kupferner Ring, der über dem platten Fußtheil hcraus-
tritt, und welcher mit innen angebrachten Kupferblechstreifen re. in
Verbindung steht, läßt darauf schließen, daß hier eine Restauration
stattgefunden hat. wahrscheinlich befand sich ursprünglich an Stelle
dieses kupfernen Ringes ein höheres Profil. (Vergl. die Profile des
Kelches und des Reliquiars auf S. (3.)

(5. dostienbechcr in der Santinlung Karl v. Rothschild, Frank-
furt ajll!.‘) Am Korpus die Inschrift:

ave Maria gratia plena dominus tu ... .

Auf dem Deckel:

agnus dei qui tollis peccata mu ....
in Bandschrift. Im Innern ein antiker Kopf im Email. Trägt am
Deckel und am Gefäß die Marke. — Zweite Hälfte oder Schluß des
XV. Jahrhunderts. — Höhe (3,3 cm.

(6. Vortragkreuz aus vergoldetem Silber in 8. Cesidio, Trasaeco
(bei Solmona).

Vorderseite: der Gekreuzigte, uingeben von Heiligenfiguren
in den Kreuzenden; Rückseite: der segnende Lhristus, umgeben von
den Evangelistensymbolen; außerdem auf jeder Seite drei gravirte (einst
emaillirte) Medaillons mit Heiligen.8) — Zweite Hälfte oder Schluß
des XV. Jahrhunderts. — Marke acht Mal und zwar je ein Mal an
den vier Seiten, sowohl oben wie unten; Höhe 70 cm, Länge des (Quer-
balkens 59 cm. 6J

(7. Altar- oder vortragkreuz aus der Sammlung Bourgeois
(Löln, >883). 7) Außer Lhristus sind die Evangelisten, Propheten und
andere Heilige dargestellt. Die einzelnen Silberplatten tragen alle die
Marke. — „Der äußern Erscheinung nach XVI. oder Ende des XV. Jahr-
hunderts; doch erscheint die Johannesfigur mit einer, einer spätern
Zeit angehörenden Grazie"; zwei Emailmedaillons, restaurirt (?). —
Höhe mit Dorn 67,s cm, Länge des (Querbalkens 5, cm. — Gegen (500.

1) Collection Spitzer. I. vol. 5. \30.

2) Nach Mittheilung von I. Diner über dem 5 UL zwei Punkte; da aber ein
solcher Stempel bis jetzt nicht bekannt ist und die Beschreibung der Arbeit schon auf
den Niedergang der Goldschmiedekunst in Solmona hinweist> so wird die Marke wohl
identisch mit Marke ^ sein, da von dem Striche über 8 U L bei mangelhafter Prägung
leicht nur zwei Punkte übrig bleiben konnten.

3) War \88^ in Cassel ausgestellt unter Katalog-Nummer ^8^.

4) Dieses StiicP ist nach Notizen von Prof. Or. Rosenberg beschrieben. Wo
dasselbe bei der Theilung der Rothschild'schen Sammlung (J887) hingekommen, ließ
sich nicht ermitteln; laut Mittheilung von Prof. Luthmer ist es nicht in Frankfurt
geblieben.

5) Laut freundlicher Mittheilung des betr. Kirchenvorstandes.

G) Bindi, Mon. S. 896.

7) Dieses Stück ist nach Notizen von Prof. Or. Rosenberg beschrieben.

V. Arbeiten mit einer Marke Solmona's,

über deren spezielle Form keine Angaben vorliegen:

(8. Kreuz in der elriesa matrice1) zu Loeullo (bei Solmona).

(9. Kreuz in 8. Sebastians, paterno (bei Solmona).2)

Es zeigt die Lvangelistensymbole und die Buchstaben D. X. 8.,
„vielleicht das Monogramm des Künstlers".

20. Kreuz in der Pfarrkirche zu Seureola bei Solmona).

2 (. Kreuz in Madonna della Grazie zu Auverfa (bei Solmona).

22. Kreuz in 8. Valemino zu Letto palena (bei Laneiano).

23. Aeliquiar, armförmig aus Silber ebenda.

24. vortragkreuz in der Hanxtkirche zu Letto Palena.

25. Kreuz in 8. M. Nova zu Goriano Sieuli (bei Aquila).

26. Kreuz in 8. Lucia zu Prezza (bei Solmona).

27. Reliquiar in Form eines gothischen Tempelchens zu Jsernia.

28. und 29. Zwei Kelche, ebenda.

50. Basis eines Reliquiars, das in späterer Zeit erneuert wurde,
8. Panülo (Solmona).8)

VI. Arbeiten aus unedlen Metallen.

3(. Büste des 8. Panfilo, in der Kathedrale 8. Panfilo, Solmona;
versilbertes Kupfer; laut Urkunde vom 28. März (459H fertigte diese Arbeit
Giovanni di Marino di Cicco de Algeriö aus Solmona für (43 Dukaten.
Da die Arbeit aus Kupfer, so trägt sie auch kein Beschanzeichen.
J. J. (704 wurden der Kopf und die Arme entwendet, welche dann
in Rom wiederergänzt wurden; die ergänzten Theile tragen als Marke
zwei gekreuzte Schlüssel unter einem aufgespannten Schirm, über
welchem innerhalb eines über Eck stehenden Rhombus ein Stern.
(Nach Mittheilung von Prof. Piccirilli.)

32. Pax aus Bronze, im Kloster Monteeaffino.8) Schon auf
S. (35 erwähnt. Die eigentliche Kußtafel ist eingeschlossen zwischen
zwei korinthische Pilaster mit Sockel, Gebälke und Giebel; die Sockel-
und pilasterfläche, sowie das Fries und das Tympanon sind mit Ephcu-
rankcn geschmückt. In der Mitte des letzteren ein segnender Gottvater,
in Halbfigur weit aus der Fläche tretend. Auf der Rückseite des Giebels
die Inschrift:

+ HOC • OPVS •

EFFTNXIT ■ MAGI
STER - MARIANV S

• SCARAPA TIVS ■ DE •

• SVLMONE X ■ CAL • APRIL“)

1558.
darunter:

+ DIVO ■ LIBERATORI • ANIMA
- RVM ■ DICATVM •

Die Lücke in der Mitte der oberen Inschrift rührt von einem
Loche her, das jedoch schon vor der Inschrift selbst (vielleicht zur Be-
festigung des Gottvaters) entstanden und nur später etwas ausgeweitet
worden sein kann. Der Name des Meisters lautet demnach entweder
Scarapatius oder Scarapamius. — Höhe des Ganzen: 27 cm, Breite
des Sockels: (6,5 cm, des Haupttheiles: (2,5 cm.

35. Bülte des ö. Rusino, in s. Lesidio, Trasaeco (bei Solmona);
vergoldetes Kupfer mit den Inschriften:

Ossa Sancti Ruphini Episcope et Matyris

und:

CASCARELLO CAROZZO (ET)

PETRO • ALOVISI CAR1CIOLO
DE SVLMONA • FECIT • 1562.7)

J) Nach Piccirilli, in d. Rivista Abruzzese, ^890, 5. \2\ ; vermuthlich identisch
mit dem von Bindi, Mon. 5. 899/ Anm. \ genannten „sehr schönen silbernen Kreuz
in 8. Panfilo."

2) Bindi, Mon. 5. 899/ 2lnm. h.

3) Die Nummern 20 bis 30 sind von Piccirilli in der Riv. Abr. a. a. ©. S.<{2\
und ^23 verzeichnet.

4) Nino, Sommario biogr., 5. f 5.

5) Abgeb. bei Bindi, Mon. Taf. ^36.

6) Der Abt van Montecassino hatte die Freundlichkeit, mir einen Abklatsch der
Inschrist zu schicken, welche bei Bindi, Mon., 5. 758, unvollständig wiedergegeben ist.

7) Laut mündlicher Mittheilung von Prof. Piccirilli bestehen die beiden Ge-
schlechter Carozza und Caraccialo noch heute in Solmona; die genaue Kopie der letzteren
Inschrift verdanke ich dem Kirchenvorstand von S. Cesidio. — Bgl. Bindi, Man.,
S. 895 und 896.

Aus diesem Verzeichniß und dem Vorhergesagten geht
hervor, daß Solmona im XIV. und XV. Jahrhundert als
Goldschmiedestadt eine große Bedeutung hatte; Sache weiterer
Forschung würde es sein, zu untersuchen, ob und welchen
Linfluß dieses Abruzzesische Runstgewerbe auf die Gold-
schmiedarbeiten des Königreichs und der Stadt Neapel sowie
Italiens gehabt hat.

Von keiner andern Stadt der Abruzzen ist eine ähnliche

blühende, produktive Goldschmiedeschule — bis jetzt wenigstens
— bekannt und es ist nicht wahrscheinlich, daß noch eine
dießbezügliche Goncurrentin Solniona's in dieser Provinz
entdeckt wird. Gerade im letzten Jahrzehnt hat die Lokal-
sorschung eine große Rührigkeit entwickelt; aber sie hat wohl
eine beträchtliche Zahl hervorragender Werke der Gold-
schmiedekunst an's Licht gezogen, jedoch in den verschiedenen
Städten stets nur einzelne Meister namhaft machen können.
 
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