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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1892

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Heft 1/2
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Falke, Otto von: Fürstliche Fayencen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6906#0012

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nennung vom Standpunkte der Technik aus nicht zu den
wirklichen Fayencen. Das technische Kennzeichen der letzteren,
einen mit undurchsichtig deckenden, weißen, farbigen oder
bemalten Zinnglasuren überzogenen Scherben aus Töpfer-
thon, kann sie nicht aufweisen. Ihre Masse besieht zum
größten Theil, ungefähr zu 90%, aus Rieselsäure in Gestalt
von Tuarzsand, mit einer geringen Beigabe von Thonerde
und Alkalien. Sie ist demzufolge mehr oder minder weiß.
Die Farben können, wenn die Masse rein genug ist, direkt
auf den verglühten Scherben aufgetragen werden. Ist dessen
Farbe aber, wie es zumeist der Fall ist, zu unrein, um als
Malgrund zu dienen, so wird er zuerst mit einer milch-
weißen Schichte, den: Anguß oder der Lngobe, überzogen,
die von feineren: Rorn als die Masse, aber im wesentlichen
ähnlich zusammengesetzt ist. Lin kleiner
Zusatz von Bleioxyd zum Anguß be-
fördert dessen innige Verbindung mit
der farblosen, durchsichtigen Glasur. Die
letztere besteht zu 60% aus Rieselsäure,
zu 25% aus Bleioxyd und zu % aus
Alkalien. (Vgl.

Or. v. Schorn:

Persisch- rhodische
Fayenceteller.

Nürnberg \883.)

Die ausgebildete
keramische Ter-
minologie der
Franzosen und
Lngländer hat
für diese orienta-
lischen Töpfereien
wegen des hohen
Rieselgehaltesder
Masse und Gla-
sur dieAusdrücke:

Faience siliceuse
und silicious gla-
zed pottery, ge-
schaffen. Ls ist
ersichtlich, daß
eine auf Anguß
und unter durch-
sichtiger Glasur
bemalte Ware
trotz abweichen-
der Beschaffenheit der Masse und Glasur den Mezza-
majoliken und verwandten Irdenwaren technisch viel näher
steht, als der echten Fayence, wie sie durch die französischen
und Delfter Geschirre des f7. und \8. Jahrhunderts
repräsentirt wird. Ls würde sich also nach Analogie der
Mezzanrajoliken die Bezeichnung „Halbfayence" für die
orientalischen Töpfereien empfehlen.

Die Malerei erfolgt zumeist in den Farben Robaltblau,
türkisblau, kupfergrün, grauschwarz für die Umrißlinien,
und roth. Der Grund ist vorwiegend weiß gelassen. Die
Farben sinken im Brande nicht tief in den Anguß ein;
sie werden in der Glasur gelöst, sodaß sie, wenn diese in
Fluß geräth, zuweilen über die Tonturen hinausgeführt
werden. Dieses Herabrinnen der Farben ist ein Fehler, der

Abb. 2.

a. Krug mit Tulpen und Rosen in roth, blau und grün, höhe 32 cm.

b. Krug mit Grnamenten in weiß, grün und blau auf brannrothem Grund. (Persien?) höhe 25 cm.

c. Krug mit Arabesken in roth und blau auf grünem Grunde höhe 28 cm.

British Museum in London.

am stärksten den Arbeiten der Verfallzeit eigen ist; aber
auch sonst tadellose Stücke aus der Periode der Blüthe sind
nicht immer ganz davon frei. Ls trifft an> meisten das
Blau, Grün und das seltenere Manganviolett. Unberührt
bleiben davon immer die schwarzen Tonturen und das Roth.
Die letztere, erst von diesen türkischen Geschirren in die
Reranrik eingeführte Farbe, liegt in dicker, erdiger Schicht
auf und löst sich nicht in der Glasur. Daher kommt es
vor, daß die letztere über den rothen Stellen abspringt.
Dient diese rothe Farbe als Grund, so bleiben die Orna-
mente ausgespart. Lbenso bei blauem und grünem Grunde.
Ist die Grundfarbe aber lachsroth, braun oder taubengrau,
so werden die Muster zumeist in dickem Weiß unter der
Glasur aufgemalt, (vgl. Abb. 2., b>. u. c.)

Die technische Herstellung der Fliesen Ist
von der der Gefäße wenig verschieden. Nur
bei fortlaufenden Mustern schnelle Re-
produktion und genaues Aneinanderpassen zu
ermöglichen, wird das Ornament der Platte
in ganz flachem Relief aufgepreßt. Nach dem

Auftrag der
Lngobe, der
Farben und
Glasur ist das
Relief äußerlich
kaum noch zu
bemerken. Ls
ist daher bei
unbeschädigten
Stücken nicht
festzustellcn, ob
dieses Ver-
fahren regel-
mäßig stattge-
funden hat.

Da die Ab-
bildungen eine
eingehende
Darstellung der
Ornamentik
entbehrlich ma-
chen, möge es
genügen, die drei
Haupt-Llemente
derselben anzu-
führen. *)

Den häufigsten und kennzeichnendsten Bestandtheil der
Ornamentik bilden Blumen, welche noch ganz deutlich die
Vorbilder der Natur erkennen lassen. Als typische Formen
sind zu nennen: die Tulpe, die Nelke, die gefüllte Rose mit
halbgeöffneten Rnospen, und die Hyacinthen in der mageren
und langgestreckten Gestalt, wie sie der Boden des Südens
im wilden Zustande hervorbringt, (vgl. Abb. 3, 5, 8.)

*) Farbige Abbildungen in größerer Anzahl finden sich bei:

J.Leffing: Vorbilderhefte aus dem kgl. Kunstgewerbe-Mufeum;
XI. Berlin ;8go.

G. v. Schorn: Persifch-rhodifche Fayenceteller. Nürnberg ;883.

Burlington Fine Arts Club. Illustrated Catalog of specimens
of persian and arab Art. 1885.

Prisse d'Avennes; L’art arabe. 1877.

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