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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1892

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Heft 5/6
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Stuhlberger, F. P.: Die Kirche zu Ottobeuren, eine Perle des Rococo
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Melani, Alfredo: Die Italienische National-Ausstellung in Palermo
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https://doi.org/10.11588/diglit.6906#0048

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hervorragend sind die Deckengemälde von Jakob und
Franz Anton Zeiler von Reutte in Tirol, welche auch bei
der Ettalerkirche neben Rnoller thätig waren. Sie erhielten
für diese in lebhaftem Tolorit gehaltenen Fresken jö.siOO fl.
Die reiche Stuccatorarbeit ist von Michael Feuchtmayr in
Augsburg. Von den Altären zeichnen sich besonders die
großen Seitenaltäre in dem (Iverschiff und die 4 kleineren

Gestühl-Wange aus der Klosterkirche zu Bttobeuren.

Nach einem in dem Werke von V. Aufleger über das Kloster (München, Buchholz 6c
Werner, J890 befindlichen Lichtdrucke gezeichnet von M. Aiendl-München.

an den Ecken der Ruppelvierung durch Geschmack aus.
Engelsfiguren, Palmen, Blumen sind häufig in natürlichen
Farben gefaßt, unmerklich gehen oft plastische parthien in
gemalte über. Durch das Entgegenkonunen des Verlegers
sind wir in den Stand gesetzt,^ auf Tafel ^ einen Theil
des Rirchengewölbes zu geben.

Von edler Wirkung ist die Ranzel, nach I. Zeiler's
Entwurf von Feuchtmayr in Stuckmarmor ausgeführt. Der-
selben entspricht gegenüber ein ähnlich gehaltener schwung-
voller Aufbau mit der plastischen Gruppe der Taufe Thristi
und darüber schwebender Glorie. Auch hier ist das Figür-
liche von großem Reiz.

Den überraschendsten Eindruck aber empfängt der Be-
schauer von dem Thorgestühl, welches vom Bildhauer Johann
Lhristian aus Riedlingen und dem Schreiner Mart. Hörmann
aus Villingen in Nußbaum mit Einlagen ausgeführt wurde
und wie neu erhalten ist. Die 2\ meisterhaft in Linden-
holz geschnittenen vergoldeten Laryatiden, die zwischen diesen
an den Rückwänden angebrachten s8 gleichfalls matt ver-
goldeten Basreliefs (Szenen aus dem Leben des hl. Benedikt),
nnt den darüber aufgebauten Orgeln, die als oberer Ab-
schluß herumlaufende» mit geschmiedeten Gitterauffätzen ver-
sehenen Balustraden, das Alles gibt mit den Durchblicken
auf die farbigen Gewölbe ein ungemein farbenprächtiges
und zugleich harmonisches Gefammtbild. Von gleich guter
Schnitzarbeit sind die Beichtstühle Die Rosten der Schreiner-
arbeit des Thorgestühls betrugen ohne Holz ^,620 fl., die
der Basreliefs und Statuen 2^000 fl.

Im eigentlichen Rlostergebäude sind noch verschiedene
Rapellen, der malerische Bibliotheksaal und die Stuckplafonds
der sogen. Amiconizimmer sehenswerth. Die letzteren zeigen
bei strengerer Romposition eine besonders feine Durchführung
des Groteskfigürlichen und sind von Italienern gearbeitet.
Ihren Namen haben dieselben von den feineolorirten Decken-
malereien des Amiconi, der auch mehrere größere Plafonds
in den Rapellen malte. (Giacomo Amiconi oder Amigoni,
geboren ^675 zu Venedig, arbeitete zuerst dort, später für
den Thurfürsten von Bayern in München und Schleißheim,
ging später nach England und starb \74<7 n. A. \752 als
Hofmaler in Madrid.)

Aus der Renaissancezeit find in der Sakristei mehrere
reich mit Figuren und Intarsien geschmückte Schränke von
Heidelberger aus Memmingen —J558) erhalten, leider
durch theilweifen Gelanstrich in ihrer farbigen Wirkung etwas
beeinträchtigt.

Aus dem Angeführten ist ersichtlich, welch großen Reich-
thum an künstlerischen Leistungen dieser Bau, von Professor
Dr. I. Sepp, der „schwäbische Escurial" genannt, birgt.

Mögen diese Zeilen zu dem genußvollen Besuch des-
selben ermuntern. F. P. St.

Nik italimW Witmal-RilUMN in Nalerim.

|enrt man aus der raschen Aufeinanderfolge öffentlicher
Schaustellungen in Italien auf die Fortschritte daselbst
schließen wollte, so müßte man denselben eine be-
wundernswerte Raschheit zusprechen; wenn inan aber
dagegen die Sache selbst betrachtet, namentlich wie solche Schau-
stellungen eingeleitet werden und wie dieselben ausfallen, dann
verschwindet jegliche Genugthuung und es bleibt zum Schluß nur
die alte und beständige Frage: wozu so viele Ausstellungen?
Weßhalb ruht das industrielle, landwirthschastliche und künstlerische
Italien nicht ein wenig aus? Ls ist unnöthig, diese öffentlichen

Wettkämpfe, welche dem Einzelnen wie der Gesammtheit so wenig
vortheile bringen, zu veranstalten; — es ist überflüssig, wenn jeder
derselben nichts Anderes ist als die Wiederholung des vorhergehenden.
Und so steht es großentheils mit der Ausstellung zu Palermo; die-
selbe ist fast immer leer von Besuchern und stellt einen gewaltigen
finanziellen Mißerfolg dar.

Wer sich indessen mit dem Kunsthandwerk beschäftigt, wird
nichtsdestoweniger manches Interessante finden, besonders in der
Abtheilung der Möbel, der Keramik und des kunstgewerblichen
Unterrichts.
 
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