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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1892

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Heft 3/4
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Moser, Ferdinand: Meurers Naturformstudien
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https://doi.org/10.11588/diglit.6906#0029

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von Lerd. Noser, Hannover.

Sir haben im Beiblatt Nr. (2 des letzten Iahr-
> ganges kurz auf die, von Prof. Meurer im
kgl. Aunstgewerbemufeum in Berlin arrangirte
Sonderausstellung von Material für das Natur-
formenftudium hingewiesen. Inzwischen hatten die Mit-
tzlicder des bayer. Aunstgewerbe-Vereins selbst Gelegen-
heit, einen Theil des in Berlin ausgestellten Materials
kennen zu lernen und sich ein Urtheil über den Werth des
Gebotenen zu bilden. Es soll der Zweck dieser Zeilen aus
diesem Grunde weniger sein, Aritik zu üben, als vielmehr,
einen Ueberblick zu gewähren über Alles, was seither
Wichtiges auf diesem Gebiete in der Literatur und im Unter-
richte geboten wurde, und zu zeigen, wodurch sich U7 eurer's
Bestrebungen von denen seiner Vorgänger unterscheiden.

wenn wir sagen „seine Vorgänger", so wollen wir frei-
lich nicht allzuweit zurückgreifen, denn die Naturformen-
verwcndung zur Ausgestaltung der Aunstform ist so alt wie
der technische Bildungstrieb des Menschen; es wird uns
daher wohl Niemand verübeln, wenn wir nicht erst bei der
Stilisirung der Lotosblume und des Akanthusblattes be-
ginnen, sondern uns auf das neunzehnte Jahrhundert be-
schränken. — Als älteste einschlägige Publikation in Deutsch-
land werden wentzcl's „Motive für Uünstler und Ge-
werbetreibende" (Leipzig (8^(5) bezeichnet. Das Werk weist
recht viele Mängel auf und ist auch wohl nur in historischen:
Sinne interessant. Zwei Schüler wentzel's, Arumbholz
und Pauptmann verfolgten die Richtung ihres Meisters
mit vielem Glücke, von beiden Meistern wurden in späteren
Jahren Arbeiten der Oeffentlichkeit übergeben, auf welche
wir noch zurückkommen werden.

In den fünfziger Jahren scheint ein längerer Stillstand
in den Bestrebungen, der Naturform mehr Geltung zu
verschaffen, eingctreten zu sein. Später waren auf dem
Gebiete des Zeichenunterrichts ^ I i n 5 e r für Sachsen,
bserdtle und holder für Württemberg, Rheingruber
und Filser für Bayern, noch später Andel für Mcster-
reich Bahnbrecher und haben die Genannten theils durch
Herausgabe von verschiedenwerthigen Vorlagen,' theils (wie
unsere Münchener Landsleute) durch Beschaffung von Natur-
abgüsscn für das Studium pflanzlicher Formen zu wirken
gesucht. Die Bildhauer Pauptmann und Fehrmann
in Dresden schufen gleichfalls einige plastische Arbeiten im
Geiste jener Richtung. Es erschien nun im Jahre (879
ein reich ausgestattetes Werk „das vegetabile Ornament"
von Ar um b Holz, dessen Entwürfe zwischen Naturalismus
und strengerer Stilisirung die Mitte halten. Der Heraus-
geber, welcher als Lehrer und vorzugsweise als „Blumist"
der alten Dresdener Schule einen bedeutenden Ruf genoß,
hatte mit seinem Werke bei unseren westlichen Nachbarn,
bei welchen er auch in die Schule gegangen war, mehr
Glück als in Deutschland, denn das Arum bh 0 lz'sche
Werk soll in Frankreich nicht ohne Einwirkung aus den
kunstgewerblichen Unterricht geblieben sein. Die sogenannten
„Dresdner Gipsmodelle", soweit sie Naturformen zum Vor-
bilde haben, können hier nur erwähnt, aber nicht als be-
sonders glückliche Erzeugnisse bezeichnet werden.

von ganz hervorragender Bedeutung, namentlich in
theoretischer Einsicht, waren Aarl B ö t t i ch e r 's und I a c 0 b s-
thal's Naturformenstudien, welche vornehmlich die Ent-
stehung der Mrnamentformen aus den natürlichen Vor-
bildern zu ergründen suchten.

Im Jahre (886 erschienen die „Studien und Aom-
positioncn" I. Stauffacher's, eines äußerst begabten
Blumenzeichners, dem es sichtlich nicht um strenge Stilisirung
zu thun war. Als die werthvollste Publikation hinsichtlich

Blatt-Typus der Rebe.

der Ausstattung muß das unseren Lesern wohlbekannte
Werk „Die Pflanze" von Ger lach und Schenk in Wien
bezeichnet werden, welchem Werke nur zu wünschen ge-
wesen wäre, daß sich bei den stilistischen Anordnungen der
Naturform die bedeutendsten Grnamentiker Deutschlands
bctheiligt hätten, um die nicht abzuleugnende Einseitigkeit
zu vermeiden. Es folgten (888 „Ornamentale Pflanzen-
studien auf dem Gebiete der heimischen Flora" von
F. Moser,*) welche lediglich eine Anregung zum Natur-
formenstudium geben wollten, dann (890 „Material für
Zeichner" von Baenziger. von einschlägigen Brochüren
wären zu nennen: Die schon an dieser Stelle mehrfach er-

*) Verfasser dieses Artikels; früher Lehrer an der gewerblichen
Fortbildungsschule in München, jetzt Subdirektor an der Kunsthand-
werkerschule zu ksannover. D. Red.

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