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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1892

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Heft 1/2
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Falke, Otto von: Fürstliche Fayencen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6906#0014

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noch spezieller „Fayence von Linöos". Dabei ist nian bis
heute mit wenig Ausnahmen geblieben. Line eingehende
Begründung hat diese Umtaufung im Aatalog des Tluny-
Museums in Paris gefunden. In diesen Jahren hatte
das Museum eine mehr als 500 Stück umfassende Samm-
lung von solchen palbfayencen erworben, die aus altem
Besitz der Einwohner von Rhodus aufgebracht worden
war. Gleichzeitig mit dieser Sammlung fand eine Er-
zählung in den Aatalog Aufnahme, die sich als „lokale
Ueberlieferung" in Rhodus erhalten haben sollte. Danach
hatten die Ritter des Johanniterordens ein türkisches Schiff
erbeutet, und unter den Gefangenen persische Töpfer.
Diese wurden in Lindos angcsiedelt, wo sich ein für pcr-
stellung von Glasur geeigneter Sand vorfand. Diese per-
sische Manufaktur soll bis in
die Mitte des s3. Jahrhun-
derts bestanden haben. —

Dieser Bericht ist auf die Zeit
des Grdensmeisters Beron de
Ville neuve fixirt worden, in
die I. Hälfte des (4. Jahr-
hunderts, weil dieser der In-
dustrie der Insel große Sorg-
falt gewidmet hatte. Die Er-
zählung schien eine sprechende
Bestätigung zu finden in einer
Schüssel derselben Sammlung.

Auf dieser ist eine männliche
Figur dargestellt mit einem in
persischer Sprache beschriebenen
Blattein fänden. Die Schrift
enthält Anrufungen Gottes
und Alagen des Ibrahirn über
die Leiden der Gefangenschaft.

In diesen: Ibrahim erkannte
man einen der gefangenen
Perser, der seine Sehnsucht
nach Befreiung zun: Ausdruck
bringt.

Gegen diese Auslegung hat
zuerst der bekannte Orientalist
Aarabacek Einspruch erhoben.

(Vcsterr. Monatsschrift für den
Orient. (884.) Indem er sehr
mit Recht die Möglichkeit einer
mündlichen Aeberlieferung seit
dem Jahrhundert in Rho-
dus bezweifelt, weist er zugleich
nach, daß der Ibrahim der
Fayenceschüssel der auch von
den Mohamedanern verehrte
Erzvater Abraham sei, und
daß dessen Gebet eine der persischen Mystik ganz geläufige
Sehnsucht nach Erlösung aus der irdischen Gefangenschaft
und nach der Bereinigung mit Gott bedeute. Auch aus einem
anderen Grunde kann aber diese Schüssel mit persischen
Töpfern des (4. Jahrhunderts nichts zu thun haben; sie
ist ganz augenscheinlich eine minderwerthige Arbeit, die nicht
weiter als in das s 7. Jahrhundert zurück zu versetzen ist. Damit
wird eine wichtige Stütze der Rhodustheorie hinfällig.

Der genannte Aatalog führt weiter aus, nach dem
Aussterben der Generation der gefangenen Perser seien
abendländische Textilmuster an Stelle der orientalischen <Dr-
namente getreten, und nach der Eroberung der Insel durch
die Türken ((522) sei die Industrie zur Bauerntöpferei
herabgesunke».

Es ist nun von vornherein unwahrscheinlich, daß so
verschiedene Arten von Geschirren, wie sie die Rhodiser
Sammlung des kllusee Cluny enthält, alle einer zeitlich
und räumlich so eng begrenzten Industrie entstammen.
Aarabacek hat auch erklärt, aus aus Rhodus kommenden
Gefäßen die Zeichen kleinasiatischer Städte, wie Nicaea,
Autahia, Demitoka -und anderer gelesen zu haben. Die
Anhaltbarkeit der Rhodustheorie beweisen aber am besten

die Fliesen, die bei der Auf-
stellung dieser Hypothese als
nicht vorhanden betrachtet
wurden. Die Verwandschaft
zwischen den Wandfliesen und
den sog. Rhodusfayenceu in
technischer und ornamentaler
pinsicht ist eine so enge und
in die Augen springende, daß
man unmöglich den Gedan-
ken an gleiche Fabrikationsorte
beide zurückweisen kann.
Die Fliesen aber finden sich
nicht in Rhodus, sondern über-
all auf dem Boden des türkischen
Reiches, wo die Bauthätigkeit
derOsmanen Denkmäler hinter-
lassen hat. Den reichsten Besitz
hat wohl noch Aonstantinopel.
selbst aufzuweisen in den Bau-
ten des (6., (7. und des (3.Iahr-
hunderts. Glänzend ausgekleidet
sind die Moscheen Rustem Pa-
scha, Mehemed Pascha, piali
Pascha, die Moschee Takedschi
und die Turbes des Sultan Se-
lm: (^566—7^.), Murads III.
(I574.—95), die Bibliothek der
pagia Sophia, alles aus dem
(6. Jahrhundert. Aus der Fol-
gezeit die Moschee Achmed's I.
((603-(6 (7), die Moschee
Peni-Dschami (aus der Zeit
Mohammed IV. (648—(687),
einzelne Rämne im alten Ser-
ail, die Moschee und Turbe
Eyub, die Turbe Schahzadde
und manches andere.

In zweiter Reihe stehen die Städte Aleinasiens, Autahia,
Angora, Brusta (Turbe Muradieh), in Syrien Damaskus
(Moschee Lenariyeh), (Abb. s) in Egypten Aairo mit der im
(4. Jahrhundert erbauten, aber erst in der Mitte des
s7. Jahrhunderts bei einer Restauration mit Fliesen aus-
gestatteten Moschee Aksunkur. Alle Fliesen dieser Art in
Egypten stammen erst aus osmanischer Zeit nach der Er-
oberung des Landes im Jahre (5(6.

für

J^et36fwu?~

Abb. 4.

Halbfayence von Damaskus,
verziert mit persischem Rankenwcrk.

British. Museum.

Weißer Grund; Farben kobaltblau (die dunkelsten Theile), moosgrün (die großen
lanzetförmigen Blätter) türkisblau (die leicht mit senkrechten Linien schraffirten
Flächen) und manganviolett (leicht horizontal gestrichelt). — höhe 52 cm.
 
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