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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1892

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Heft 1/2
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Falke, Otto von: Fürstliche Fayencen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6906#0015

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Es ist allerdings nicht nothwendig anzunehmen und
keineswegs erwiesen, daß alle Fliesen am Grte ihrer gegen-
wärtigen Erhaltung gearbeitet worden sind. Es ist im
Gegentheil mehrfach überliefert, daß im Mittelalter wieder-
holt aus Spanien nach Egypten oder aus Persien nach
Rleinasien importirte Fliesen verbaut wurden. Gerade unter
den Aairener Fliesen sind manche den Damascenern so ver-
wandt in Farbe und Mustern, daß man bei der indu-
striellen Bedeutung der syrischen Hauptstadt an Import
denken möchte. Andererseits aber sind an vielen Bauten
die Fliesentableaux in Form und Zeichnung so präcise den
Bauformen angepaßt, folgen sie so fehlerlos allen Wölb-
ungen und Wandgliedcr-
ungen, wie es nur bei
umnittelbarster Aennt-
niß des Baues möglich
ist. Als Regel muß man
daher die Fabrikation
der Fliesen an Vrt und
Stelle der Verwendung
durchaus festhalten.

In diesen und wahr-
scheinlich noch vielen an-
deren Städten des osma-
nischcn Reiches hat man
die Manufakturen der
„Rhodus-Geschirre" zu
suchen. Rhodus selbst
oder Lindos mag eine
derselben gewesen sein;
denn der auffallende
Reichthum der Insel an
diesen Fayencen wird
durch den Umstand nicht
genügend erklärt, daß
sie einst ein wichtiger
Stapelplatz des Levante-
Handels gewesen ist.

Da die Bauzeit der
meisten Moscheen und
Turbes annähernd be-
kannt ist, gebe» die
Fliesen auch eine Zeit-
bestimmung für die Ge-
fäße. Als Zeit der Blüthe
erscheint das f6. Jahr-
hundert, die Glanzepoche
der Vsmanen unter
Soliman dem Großen
f520—66). Damit stimmt
die ausgezeichnete Quali-
tät der sehr seltenen, durch Inschriften oder europäische
Silbermontirungen auf das j6. Jahrhundert datirten Ge-
fäße überein. Als bekanntestes Beispiel der ersteren
ist eine Moscheelampe aus Jerusalem zu nennen, die von
einen: Töpfer Mustapha in: Jahre gefertigt wurde.
Sie ist gegenwärtig in die an besten Qualitäten so
reiche Sammlung des British Museum ausgenommen. Auch
Stambuler und Rairener Fliesen des Jahrhunderts
Zeigen die Industrie noch auf ihrer Höhe. Die Arbeiten

des f8. Jahrhunderts aber zeigen deutlich den Verfall. Die
Zeichnung ist bei Wiederholung der alten Muster fchablonen-
artig und schwunglos; die Masse weniger dicht, der Grund
von fehlerhaftem Weiß. Die Ronturen der Malerei werden
breiter, die Farben allzu häufig verschwommen, die Glasur
bei aller Brillanz rißig und unrein. Bei Gefäßen mag
an abgelegenen Fabrikationsorten der Verfall früher schon
eingetreten sein, als in den großen Städten, wo der Bedarf
an Fliesen die Arbeit hoch hielt; so sind zwei Schüsseln des
British Museums mit griechischen Inschriften und der Jahres-
zahl \667 am Rande in Zeichnung und Ausführung schon
durchaus minderwerthig.

Dieselbe Datirung hat
natürlich auch für Rhodus
Geltung; diese Aunst-
töpferei ist mit der
Türkenherrschaft int
Jahre \522 dort nicht
zu Grunde gegangen,
sondern sie hat damit
erst begonnen.

Die Arbeiten der ein-
zelnen Städte von ein-
ander zu unterscheiden,
ist bis jetzt noch nicht ge-
lungen. Nur eine Gruppe
läßt sich mit einiger
Wahrscheinlichkeit aus
der vielgestaltigen Menge
herausheben. Was sie
kennzeichnet, ist der Ver-
zicht auf die grelle rothe
Farbe, für welche ein
blasses Manganviolett
eintritt, wenn der Decor
>.!sich nicht auf die beiden
blauen Töne mit grün
und conturenschwarz be-
schränkt. Im Ornament
kann man vielleicht ein
Zurücktreten der Bluinen
gegen die persische Ranke
constatiren; außerdent
finden Elemente der chine-
sischen Porzellanmalerei
Aufnahme. Letzteres nur
bei den Geschirren,
welche ausschließlich in
Blau und Schwarz be-
malt sind, wie es bei
seiner durch die Ming-
porzellane beeinflußten Art begreiflich ist. Alle Gefäße
dieser Gruppe sind durch milchreines Weiß des Grundes,
Schönheit der Farben, natnentlich des Aobaltblau, Sicher-
heit der Zeichnung und vortreffliche Töpferarbeit ausge-
zeichnet. Sie sind ohne Frage das Beste, was die mus-
limische Aeramik überhaupt geschaffeit hat. Wegen der
gleichen Färbung — ohne roth — hat man diese Art
mit den Fliesen von Dantaskus in Zusammenhang ge-
bracht; ein Tableau aus der dortigen Moschee Senariyeh

Abb. 5.

Türkische bjalbfayencen.

Tulpen und Rosen in roth, grün und blau auf weißen« Grund.
Höhe 22, bez. 28 cm.

Sentit Kensington Museum in London.
 
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