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fetrt Können noch nicht aus — und die geringen Ersparnisse waren bald
verbraucht. Scham und Stolz hinderten ihn, den Vater um Ejilfe an-
zugehen, und so entschloß er sich, da er seiner Verwendbarkeit sicher
war, wieder auf Eisenwerke zu gehen, um sich so die Mittel zum
Studiren zu erwerben; hierdurch gestalteten sich denn die äußeren Ver-
hältnisse in Kürze überraschend gut. von verschiedenen Hütten bekam
er nacheinander gute Anerbietungen, deren beste er annahm; so finden
wir ihn daun bald aus einem westfälischen Eisenwerk des Herzogs von
Lroy in der Nähe von Münster, wo er unausgesetzt sein vorgestecktes
Ziel im Auge behielt. Hier blieb
ihm auch mehr Zeit als früher,
seine mangelhafte Schulbildung zu
vervollkommnen; ebenso gaben ihm
größere Reisen, ans denen er mit
Begierde alte und neue Kunstwerke
aussuchte, Gelegenheit, seinen Hori-
zont zu erweitern. Wer den fertigen
Mann mit seinen gediegenen Kennt-
nissen »nd Anschauungen gekannt
hat, der hätte nicht vermuthet, daß
Fischer in seiner Jugend nie einen
andern Unterricht genossen, als den
einer Dorfschule.
Endlich, im 26. Lebensjahre
glaubte er, finanziell stark genug zu
sein, um in München seine heiß-
ersehnten Studien beginnen zu
können. An Knabl empfohlen,
wurde er von diesem freundlich
ausgenommen, und nachdem er zur
Vorbereitung ein Semester an der
Kunstgewerbeschnle zugebracht, trat
er in Knabl's Bildhauerschule ein.
So sehr ihn gerade die religiöse
Kunst anzog, und so viel An-
erkennung er auch Knabl's Arbeiten
stets zollte, so fühlte er doch, daß die
Verschiedenheit der religiösen An-
schauung — Fischer war Protestant —
ihn ans etwas andere Wege wies.
Diese zu suchen, erforderte schweres
Ringen; aber der wohlwollende
Meister ließ ihn schließlich gewähren
und unterstützte ihn sogar — da die
Geldmittel Fischers allein nicht lange
ansreichten — durch theilweise Ueber-
tragung von Aufträgen.
So gering der hierdurch er-
langte Verdienst auch nach Lage der
Verhältnisse sein mußte, so machte
er es doch möglich, daß Fischer seine
Studien auf der Akademie, die er
,87, verließ, zu einem gewissen Ab-
schluß bringen konnte; die Arbeit,
welche er in den letzten drei Jahren
seines Studiums für Knabl fertigte,
bestand in einem „Kreuzweg", vier-
zehn Hochreliefs von ,,20m Hohe,
einer Arbeit, die Fischer unter ein-
gehenden Naturstudien mit dem ihm
eigenen Fleiß durchführte, und für
welche die Akademie ihm die große
silberne Medaille zuerkanute. Aber die jahrelange Ueberanstreiigung
bei kärglicher Ernährung hatte seine Gesundheit bedenklich erschüttert
und da er glaubte, in einem Wechsel der Beschäftigung Erholung zu
finden, so wandte er sich einige Jahre der Malerei zu. Ganz durste
er die Plastik allerdings nicht vernachlässigen; denn sie mußte ihm das
tägliche Brod liefern.
Da bekam er ,87-, den ersten größeren plastischen Auftrag, —
und sofort warf er sich mit allem Eifer aus den Gegenstand, um von
da an der Bildhauerei ganz treu zu bleiben. Es handelte sich bei
diesem Auftrag abermals um einen — allerdings in Stein auszu-
führenden — „Kreuzweg", und zwar für die Mausoleumskirche des
Herzogs von Eroy. Jetzt endlich sollte das lange, mühsame Ringen
seinen Lohn finden. Da Fischer jeden, auch den kleinste» kunstgewerb-
lichen Auftrag annahm und nach bestem Können durchführte, so ver-
schaffte er sich hierdurch mehr rein künstlerische Aufträge, als wenn er
sich auf einen künstlerisch exclusiven Standpunkt gestellt hätte. So
vergrößerte sich sein Wirkungskreis allmählig und er war genöthigt,
nach und nach zahlreiche Hilfskräfte in fein Atelier hereinzuziehen,
so daß er zeitweise zo Bildhauer ic. bei sich beschäftigte.
Die kirchliche Kunst war und
blieb ihm die liebste; aber die Ver-
hältnisse gestatteten ihm verhältniß-
mäßig selten deren Ausübung.
Außer den schon genannten Kreuz-
wegreliefs sind zunächst noch Arbeiten
für den Hochaltar der Pfarrkirche in
Dingolfing (die vier Hauptopfer aus
dem alten Testament). für die Pfarr-
kirche zu Haunstetten (Reliefs mit
der Darstellung des Brod- und des
Weinwunders, ,2 Apostelfiguren
[,889] und eine nur im Modell fertig
gewordene Kreuzigungsgruppe), für
eine Reichenhaller Kirche (Ehristus
am Gelberg) und für die Münchener
Heilig-Geistkirche (Fa;adenschmuck
über dem Hauptportal, vergl. die
Abbildung aus S. 27) zu erwähnen.
Für protestantische Kirchen kamen
die Aufträge noch seltener, so ,876
für die Kanzel der Münchener
Marcus-Kirche und ,886 .für ein
großes Bildwerk an die Barfüßer-
kirche in Augsburg. Das letztere,
bei welchem es galt, in ein spitzes
Giebelfeld von 2,20 m Hohe und
-,,-,0 m Breite, in ungünstiger bau-
licher Umgebung und einer engen
Straße eine Krenzigungsdarstellung
mit lebensgroßen Figuren hinein zu
komponiren, ist wohl die künstlerisch
hervorragendste Arbeit Fischers; sie
zeigt, wie er auch den höchsten Auf-
gaben gerecht werden konnte, wenn
sie ihm gestellt wurden.
Die erste größere Arbeit
Fischer's auf außerkirchlichem Ge-
biete bestand in der ornamentalen
Ausstattung des Bahnhofs in kiof;
er hatte die Arbeit von dem, Ende
der siebziger Jahre veistorbeuen,
Bildhauer Gehlmann übernommen,
welchen er während dessen schweren
Leidens mit Aufopferung seiner
eigenen Gesundheit, gepflegt hatte,
von da an mehrten sich die Auf-
träge in dekorativen Ausstattungen
von Bauwerken; namentlich war
er fast anhaltend für verschiedene
Bauten des Architekten Prof. Albert
Schmidt beschäftigt. Dahin gehören
als die bedeutendsten in München:
der „Rheinische Hof" (,876 und ,885), der Borsen-Bazar (,882 und
,887), der Löwenbränkeller (,882), das Israelitische Gemeindehaus
(,88y), die neue Synagoge (,88-,—87), Vestibül im Glaspalast bei
der Ausstellung von ,888, herrschaftliches Wohnhaus weiumann
(,887—88), Familienhaus v. Bürkel-Lrämer (,889); dann das Hoch-
schloß Pähl am Ammersee (,885—8-,), — in Thüringen das Herren-
haus Schönau in Hütteusteinach (,88-,), die Villen rc. von Lrämer
(,88-,), Bourbon-Dressel (,887) und Hutschenreuther (,886) in Sonne-
berg, das neue Schulgebäude itt Gberlind bei Sonneberg (,889). Für
die plastische Ausschmückung aller dieser und zahlreicher anderer Bauten
_/
Herme
am Buffet der „)sarlust", von f Bildh.
Larl Fischer, München.
Zeitschrift dez bayer. Aunstgewerbe-Vereins München.
J892. Heft 3 Ä 4- (»g. 2.)
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fetrt Können noch nicht aus — und die geringen Ersparnisse waren bald
verbraucht. Scham und Stolz hinderten ihn, den Vater um Ejilfe an-
zugehen, und so entschloß er sich, da er seiner Verwendbarkeit sicher
war, wieder auf Eisenwerke zu gehen, um sich so die Mittel zum
Studiren zu erwerben; hierdurch gestalteten sich denn die äußeren Ver-
hältnisse in Kürze überraschend gut. von verschiedenen Hütten bekam
er nacheinander gute Anerbietungen, deren beste er annahm; so finden
wir ihn daun bald aus einem westfälischen Eisenwerk des Herzogs von
Lroy in der Nähe von Münster, wo er unausgesetzt sein vorgestecktes
Ziel im Auge behielt. Hier blieb
ihm auch mehr Zeit als früher,
seine mangelhafte Schulbildung zu
vervollkommnen; ebenso gaben ihm
größere Reisen, ans denen er mit
Begierde alte und neue Kunstwerke
aussuchte, Gelegenheit, seinen Hori-
zont zu erweitern. Wer den fertigen
Mann mit seinen gediegenen Kennt-
nissen »nd Anschauungen gekannt
hat, der hätte nicht vermuthet, daß
Fischer in seiner Jugend nie einen
andern Unterricht genossen, als den
einer Dorfschule.
Endlich, im 26. Lebensjahre
glaubte er, finanziell stark genug zu
sein, um in München seine heiß-
ersehnten Studien beginnen zu
können. An Knabl empfohlen,
wurde er von diesem freundlich
ausgenommen, und nachdem er zur
Vorbereitung ein Semester an der
Kunstgewerbeschnle zugebracht, trat
er in Knabl's Bildhauerschule ein.
So sehr ihn gerade die religiöse
Kunst anzog, und so viel An-
erkennung er auch Knabl's Arbeiten
stets zollte, so fühlte er doch, daß die
Verschiedenheit der religiösen An-
schauung — Fischer war Protestant —
ihn ans etwas andere Wege wies.
Diese zu suchen, erforderte schweres
Ringen; aber der wohlwollende
Meister ließ ihn schließlich gewähren
und unterstützte ihn sogar — da die
Geldmittel Fischers allein nicht lange
ansreichten — durch theilweise Ueber-
tragung von Aufträgen.
So gering der hierdurch er-
langte Verdienst auch nach Lage der
Verhältnisse sein mußte, so machte
er es doch möglich, daß Fischer seine
Studien auf der Akademie, die er
,87, verließ, zu einem gewissen Ab-
schluß bringen konnte; die Arbeit,
welche er in den letzten drei Jahren
seines Studiums für Knabl fertigte,
bestand in einem „Kreuzweg", vier-
zehn Hochreliefs von ,,20m Hohe,
einer Arbeit, die Fischer unter ein-
gehenden Naturstudien mit dem ihm
eigenen Fleiß durchführte, und für
welche die Akademie ihm die große
silberne Medaille zuerkanute. Aber die jahrelange Ueberanstreiigung
bei kärglicher Ernährung hatte seine Gesundheit bedenklich erschüttert
und da er glaubte, in einem Wechsel der Beschäftigung Erholung zu
finden, so wandte er sich einige Jahre der Malerei zu. Ganz durste
er die Plastik allerdings nicht vernachlässigen; denn sie mußte ihm das
tägliche Brod liefern.
Da bekam er ,87-, den ersten größeren plastischen Auftrag, —
und sofort warf er sich mit allem Eifer aus den Gegenstand, um von
da an der Bildhauerei ganz treu zu bleiben. Es handelte sich bei
diesem Auftrag abermals um einen — allerdings in Stein auszu-
führenden — „Kreuzweg", und zwar für die Mausoleumskirche des
Herzogs von Eroy. Jetzt endlich sollte das lange, mühsame Ringen
seinen Lohn finden. Da Fischer jeden, auch den kleinste» kunstgewerb-
lichen Auftrag annahm und nach bestem Können durchführte, so ver-
schaffte er sich hierdurch mehr rein künstlerische Aufträge, als wenn er
sich auf einen künstlerisch exclusiven Standpunkt gestellt hätte. So
vergrößerte sich sein Wirkungskreis allmählig und er war genöthigt,
nach und nach zahlreiche Hilfskräfte in fein Atelier hereinzuziehen,
so daß er zeitweise zo Bildhauer ic. bei sich beschäftigte.
Die kirchliche Kunst war und
blieb ihm die liebste; aber die Ver-
hältnisse gestatteten ihm verhältniß-
mäßig selten deren Ausübung.
Außer den schon genannten Kreuz-
wegreliefs sind zunächst noch Arbeiten
für den Hochaltar der Pfarrkirche in
Dingolfing (die vier Hauptopfer aus
dem alten Testament). für die Pfarr-
kirche zu Haunstetten (Reliefs mit
der Darstellung des Brod- und des
Weinwunders, ,2 Apostelfiguren
[,889] und eine nur im Modell fertig
gewordene Kreuzigungsgruppe), für
eine Reichenhaller Kirche (Ehristus
am Gelberg) und für die Münchener
Heilig-Geistkirche (Fa;adenschmuck
über dem Hauptportal, vergl. die
Abbildung aus S. 27) zu erwähnen.
Für protestantische Kirchen kamen
die Aufträge noch seltener, so ,876
für die Kanzel der Münchener
Marcus-Kirche und ,886 .für ein
großes Bildwerk an die Barfüßer-
kirche in Augsburg. Das letztere,
bei welchem es galt, in ein spitzes
Giebelfeld von 2,20 m Hohe und
-,,-,0 m Breite, in ungünstiger bau-
licher Umgebung und einer engen
Straße eine Krenzigungsdarstellung
mit lebensgroßen Figuren hinein zu
komponiren, ist wohl die künstlerisch
hervorragendste Arbeit Fischers; sie
zeigt, wie er auch den höchsten Auf-
gaben gerecht werden konnte, wenn
sie ihm gestellt wurden.
Die erste größere Arbeit
Fischer's auf außerkirchlichem Ge-
biete bestand in der ornamentalen
Ausstattung des Bahnhofs in kiof;
er hatte die Arbeit von dem, Ende
der siebziger Jahre veistorbeuen,
Bildhauer Gehlmann übernommen,
welchen er während dessen schweren
Leidens mit Aufopferung seiner
eigenen Gesundheit, gepflegt hatte,
von da an mehrten sich die Auf-
träge in dekorativen Ausstattungen
von Bauwerken; namentlich war
er fast anhaltend für verschiedene
Bauten des Architekten Prof. Albert
Schmidt beschäftigt. Dahin gehören
als die bedeutendsten in München:
der „Rheinische Hof" (,876 und ,885), der Borsen-Bazar (,882 und
,887), der Löwenbränkeller (,882), das Israelitische Gemeindehaus
(,88y), die neue Synagoge (,88-,—87), Vestibül im Glaspalast bei
der Ausstellung von ,888, herrschaftliches Wohnhaus weiumann
(,887—88), Familienhaus v. Bürkel-Lrämer (,889); dann das Hoch-
schloß Pähl am Ammersee (,885—8-,), — in Thüringen das Herren-
haus Schönau in Hütteusteinach (,88-,), die Villen rc. von Lrämer
(,88-,), Bourbon-Dressel (,887) und Hutschenreuther (,886) in Sonne-
berg, das neue Schulgebäude itt Gberlind bei Sonneberg (,889). Für
die plastische Ausschmückung aller dieser und zahlreicher anderer Bauten
_/
Herme
am Buffet der „)sarlust", von f Bildh.
Larl Fischer, München.
Zeitschrift dez bayer. Aunstgewerbe-Vereins München.
J892. Heft 3 Ä 4- (»g. 2.)