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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1892

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Heft 7/8
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Weysser, T. F.: St. Nicolaus bei Ebbs
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https://doi.org/10.11588/diglit.6906#0052

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Seine jetzige Gestalt erhielt das Kirchlein wie oben
gesagt im s5. Jahrhundert. Sein Aeußeres zeigt keinerlei
architektonischen Schmuck, nur das malerisch mit grünem
Laubdach überwachsene Portal an der Nordseite hat ein-
fache profilirung mit pohlkehle und Rundstab. Früher
hatte es wohl noch eine hölzerne Vorhalle, deren Spuren in
schwachen Resten zu erkennen sind. (S. d. Abb. auf S. Hf.)

2. kjauptaltar?)

An das Schiff schließt sich im (Osten mit 5 Achteck-
seiten der Thor, an dessen Nordseite der massige viereckige
Thurm mit Giebeln und hohem achteckigem Spitzhelm ange-
baut ist. Letzterer, wie das gemeinsame über Schiff und
Thor gezogene Dach ist geschindelt. Im Erdgeschoß birgt
der Thurm die zierliche Sakristei, in der sich einige,
allerdings schlecht ausgeführte, vielfach beschädigte polz-
arbeiten aus dem \7. Jahrhundert erhalten haben, und

*) Die Abbildungen sind sämmtlich von Architekt L. F. Weysser
nach eigenen Aufnahmen gezeichnet. Die Abbildungen 3—8 und 9—\2
sind je in denselben bei Abb. z, bez. 9 u. \2 angegebenen Maaßstäben
dargestellt. (D. Red.)

in der Glockenstube, zu der man über eine außen ange-
baute, überdeckte Polztreppe gelairgt, 3 Glocken von sO,
6 und 2 Zentnern. Die größte trägt in einfacher Tartouche
die Inschrift: „Bartolome Kötelaf guß nrich im \677“, die
beiden andern sind anr oberen Kranz gleichmäßig bezeichnet:
„Benedict Gisenberger in Salzburg goß mich \7\2.“

So einfach und anspruchslos das Aeußere, so reich
geziert ist das Innere des Kirchleins. Wir treten in einen
schönen, einschiffigen, lichten Raum; ein reiches Netzgewölbe,
dessen Rippen auf den Polygonen Kapitälen der schlanken
Wandsäulchen ruhen, überspannt Schiff und Thor, getrennt
durch den mit tiefen pohlkehlen kräftig profilirten Triumph-
bogen Abwechselnd runde und sechseckige Schlußsteine
zieren die Durchdringungen der Rippen im Scheitel. An
der Westseite zieht sich eine Empore hin, gestützt von ein-
fachen Polzpfosten und durch eine steinerne Wendeltreppe
vom Schiff aus zugänglich.

Die Lichtenmaaße sind für das Schiff: f0,st5m Länge
auf 7,25 m Breite, für den Thor: 6,20 m Breite auf 6,60 m
Tiefe. Die pöhe bis zum Gewälbefcheitel beträgt 8,^0 m.

Was aber das Interesse in erster Linie und besonders
der Freunde des Kunstgewerbes auf sich zieht, das ist die
Wobiliarausstattung des stattlichen Raumes. Wit
Befriedigung bemerken wir, daß das Kirchlein einer Umge-
staltung wie sie die meisten Kirchen — wie in Bayern
so auch in Tirol — im (7. und s8. Jahrhundert erfahren
haben, glücklich entgangen ist und daß es im wesentlichen sein
altes Inventar aus der Zeit seiner Erbauung behalten hat:
Pauptaltar, Lhorstuhl, Kirchenbänke und Täfelung, alles
aus spätgothischer Zeit und im Lharakter derselben aufs
reichste geschmückt.

Es ist ein Verdienst des in den 60 er Jahren ver-
storbenen Pfarrers Georg paraffer von Ebbs, dieses stimm-
ungsvolle Interieur erhalten, und zum Theil geschaffen zu
haben. Bei einer Renovation im Jahre s862 ließ er die
3 Rococoaltäre, die im Anfang des vorigen Jahrhunderts
in die Kirche gekommen waren, entfernen und brachte den
alten gothischen Pauptaltar wieder zur Geltung. Er selbst
sagt darüber in seinen Aufzeichnungen folgendes:

„Das Kirchlein hatte 3 Altäre und zwar „„einen
Lhoraltar, darinnen St. Nikolaus, St. Erasmus und St.
Blasius und andere schön geschnitzte Bildnisse so ungemalen,
und oben drauf unser Frauen und andere geschnitzte
Bilder.""*) Dieses von Kennern hochgeschätzte Schnitzwerk
mußte in der ersten pälfte des vorigen Jahrhunderts
einem andern ohne Kunst und Geschmack weichen und an
der Wand hinter einem Seitenaltar ungeachtet und unbe-
achtet verschmachten, vermodern. Die zwei Seitenaltäre
trugen die Bildnisse des hl. Sebastian und des hl. Bartolo-
mäus, an deren Gedächtniß-Tag gewöhnlich eine hl. Itlcfe
gelesen wird wie am Feste des Kirchenpatrons."

Der Pauptaltar (Abb. 2) hatte durch die oben ge-
schilderte schlechte Behandlung stark gelitten und bedurfte einer
gründlichen Ausbesserung, die auch mit Benützung der vor-
handenen Reste gut durchgeführt ist. Am besten erhalten war
der mittlere Paupttheil und der figürliche Schmuck, während
mensa, preckella mit dem Tabernakulum und die oberen
Aufsätze größtentheils ergänzt sind. Auf der meusa sitzen

*) Wahrscheinlich Litat aus dem Inventar von Larl Schürf.
 
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