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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 1
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Pfeifer, Hermann: Façadenmalereien der Renaissance in Italien und Deutschland, [1]: (Dem folgenden Aufsatz liegt ein im Braunschweiger Kunstgewerbeverein gehaltener freier Vortrag zu Grunde)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0014

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schon dadurch bedingt, daß eine große Zahl mittelalterlicher
Wohn und Rathhäuser in der Renaissancezeit beinalt wurde.
Mit ihren unsymmetrischen Fenstergruppen und Erkerbauten
forderten diese Facaden zu ganz eigenartigen Lösungen der
malerischen Komposition heraus: Theilweise wurden die vor-
handenen Gegensätze noch mehr gesteigert, zum Theil aber
auch durch breite verbindende Friese wieder versöhnt. („Ritter"
Schaffhausen; „Weißer Adler" Stein am Rhein.) Vielleicht
wurde gerade dadurch pans Polbein derIüngere zur
Begründung jener neuen Rompositionsweise der Facaden-
malereien hingeleitet, welche durch reiche Perspektiven, durch
scheinbares Vor- und Zurücktretenlassen von Säulenstellungen,
Gallerien und Gewölben mit ihren Unteransichtcn uns täuscht
über die ungleiche Größe und die unregelmäßige Stellung
der Fenster. Polbein begnügt sich also nicht inehr dannt,
blos einen Bilderteppich auszubreiten, sondern er inalt ganze
Zauberpaläste, die um so glänzender werden, je schlichter die
Wandfläche mit unregelmäßigen Fensteröffnungen war, die
er vorfand. Die gemalten Gallerien sind belebt mit festlich
gekleideten Menschen in buntfarbigen reichen Gewändern;
dazu komnien verbindende Friese mit zusammenhängenden
Darstellungen. (Vergl. paus „zum Baueriitanz" in Basel
und seine Studien in „L. piß, p. Polbein").

In demselben Sinne, doch weniger reich ist die Fagade
des Rath Hauses in Mühlhausen i. Elsaß bemalt
(Abbildung auf S. 3). Man beachte, wie die unregelmäßige
Fenstervertheilung, welche dem inneren Bedürfniß entspricht,
durch die Malerei harmonisch vermittelt ist; die Fenster-
einsassung, die Gebäudekanten und die zarten Gurt-
und Pauptgesimse bestehen aus rothem Sandstein,
alles klebrige ist nur gemalt, die Architektur in Sand-
steinfarbe, die Deckenuntersichten holzbraun, die
Figuren goldbronze. Zu der großen rothen Facaden
fläche tritt das Dach mit seinen grünglasirten Ziegeln
in wohlthuenden Gegensatz; auch die Fensterrollläden
sind grün.

An einfacheren Wohnhausbauten mit jener un-
regelmäßigen Fenstertheilung, welche am besten der
inneren Eintheilung entspricht, sinden wir statt der
reichen Perspektivemalereien häufiger eine phantasie-
volle Umrahmung der einzelnen Fenster mit üppigen:
bunten Schnörkelwerk, welches mit saftigen Frucht-
gehängen, Wappen, Thiergestalten und inenschlichen
Figuren heiter belebt ist. Ein sehr schönes Beispiel
dieser Art in Ron stanz, wahrscheinlich aus dem
\7. Jahrhundert, hat sich bis jetzt in lebhafter Farben-
frische erhalten; ein Theil davon ist auf Seite ^ und 6
wiedergegeben. In merkwürdigen Formen ist eine
Steinquaderung aufgemalt und abwechselnd in der
Farbe goldgelb und grauroth mit granitgrauer Einfassung.
In ähnlichen Tönen sind die Kartouchen gehalten, die Früchte
und Figuren naturalistisch, die Bänder blau. .Leichte Schlag-
schatten, welche in lichtem Grau auf den weißen Mörtelgrund
gernalt sirrd, erhöhen die Wirkung; das Triglyphengesims ist
grau irr grau mit schwarzen Konturen genralt; die Scheiben in
den Metopen goldgelb. In den meisten Städter: des Schwaben-
landes, irr: Elsaß und in der Schweiz, besonders am Gber-
rhein, finden sich noch nmnche Reste jener alten Farbenpracht.

In Italien stellen die gemalten Architekturen
der späteren Zeit n:ehr die Imitation einer einheitlichen

Fresco theils in pelldunkel, theils bunt gemalt, Auf der
einer: sieht mar: Schlachten von Seeungeheuern, auf der
andern der: Kampf der Tentauern und eine Aienge Fluß-
götter, auf der dritten zwei buntfarbige Bilder. Das erste
über der Thüre stellt ein Götterrnahl, das andere über dem
Fluß die Vermählung zwischen dem Berraco (das ist der
Garda-See) und Taris, der Nymphe des Sees, dar, wodurch
der Fluß Mincio geboren wird, der irr der Thal aus diesen:
See hervorkommt." Zur Ergänzung rr:ag noch dienen, daß

tjaus in Lonstanz (vgl. S. q. Spalte 2).

die „Fresken im pelldunkel" theils graugrün, theils grau-
violet (letztere mit gelblichen: pintergrunde) ausgeführt sind.
Leider mußte dieser schöne Bau in: vorigen Jahre der Etsch-
Regulirung zum Opfer fallen; übrigens wurden die fämmt-
lichen Fresken sorgfältig abgenonnnen und konfervirt und
auf den Vorschlag des perrn Photographen Riccardo Lotze,
welcher mit der Ueberwachung dieser (Operation betraut war,
im Palazzo della Gran-Guardia aufgestellt, wo sie jetzt die
große Wand in: Stiegenhause schmücken.

In Deutschland war eine weniger regelmäßige Art
der Flächenvertheilung in den Fagadenmalereien ursprünglich

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