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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 2
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Pfeifer, Hermann: Façadenmalereien der Renaissance in Italien und Deutschland, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0026

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\6 *

während zu Verputzarbeiten auch bei uns in der Regel ein
Ralk gewählt wird, der etwa ein Jahr lang eingefumpft
war. Der Grund liegt darin, daß der gebrannte Aal? beim
Löschen sein Volumen vergrößert; es würden also kleine un-
gelöschte Aalkpartikelchen des Mörlelverputzes durch nach-
trägliche unvermeidliche Aufnahme von Feuchtigkeit größer
werden und dadurch ein theilweises Abbröckeln ^bewirken.
Zudem werden die empfindlicheren blauen und grünen Farb-
stoffe durch diese „Schärfe" des Aalkes zersetzt und geändert.

Facadengemäldc mit Schutzdach. Florenz, S. Apostoli.

Noch heute bestehen in Mailand Niederlagen von gelöschtem
Aalk, welcher nur für Freskogrund bestimmt, besonders sorg-
fältig ausgewählt und gebrannt, dann in oben beschriebener
Weise behandelt ist; namentlich in Italien, Frankreich und
der Schweiz wird zur Ausbesserung und Erneuerung alter
Fresken in Airchen und Palästen der Aalk von dorther be-
zogen. Das gründliche Reinwaschen des feinen, zum Mörtel
bestimmten (JuarzSandes ist eine weitere Bedingung für
die Dauerhaftigkeit der Fresken; dem Mörtel wird außerdem
meist noch etwas Marmorstaub zugesetzt.

Besonders auffallend ist an den besterhaltenen Fresken
die beinahe politurartige Glätte der Oberfläche; man darf
gewiß diese Glätte für einen wesentlichen Faktor der guten
Erhaltung ansehen, weil dadurch den schädlichen Einwirk-
ungen des Staubes und der Witterung eine viel geringere
Angriffsfläche geboten wird, als bei der etwas rauheren
Struktur der modernen Fresken. Es scheint zu jener Glättung
ein ganz dünner Ueberzug von Kalkmilch und Marmorstaub
aus die frische Mörtelschichte aufgetragen und rnit einer po-
lirten Marmor- oder Glasplatte festgedrückt worden zu sein.

Als leuchtendes Beispiel der Dauerhaftigkeit von solch
glatten Fresken können die oben erwähnten Malereien des
Lattanzio Gambara an einem Pause in Brescia gelten, welche
sich ohne jede Ausbesserung seit etwa 300 Jah-
ren in einer Farbenfrische erhalten haben, als
wären sie eben erst vollendet worden. Die be-
rühniten Fresken des Masolino und Masaccio
im Innern der Brancacci-Aapelle zu Florenz,
die ebenso berühmten des Mantegna in Padua
und Mantua zeigen dieselbe Glätte und die-
selbe Frische.

Unter den modernen Malweisen von Facadenmalereien
verdient die Keim'sche Mineralmalerei jedenfalls die
größte Beachtung. Durch die Perstellung chemisch reiner
Mineralfarben, welche mit dem Mörtelverputz eine innige
Verbindung eingehen, hat sich der Ehemiker A. Reim in
München ein großes Verdienst um die Wiederbelebung der
Facadenmalerei erworben. Vor der Freskomalerei, mit
welcher die Keim'sche Mineralmalerei in der Erscheinung
am nächsten verwandt ist, hat sie bei der Ausführung die
Annehmlichkeit voraus, daß die Verputzfläche vor der Be-
malung im Ganzen fertiggestellt werden kann. Uebrigens
ist in den letzten Jahren allenthalben so viel über dieses
Verfahren berichtet worden, daß hier obige kurze Andeut-
ungen genügen mögen. Die Erfahrungen, welche man da-
mit gemacht hat, reichen noch nicht weit genug zurück, um
ein endgültiges Urtheil fällen zu können.

Wenn übrigens auch Facadenmalereien, welche in der
solidesten Technik ausgeführt sind, zu Grunde gehen, so
können die Ursachen der Zerstörung sehr verschiedener
Art sein. Mängel an den zur Perstellung verwendeten
Materialien und Fehler bei der Ausführung werden sich
zuerst rächen. So scheint an dem Untergange aller Facaden-
inalereien in Venedig, deren es nach Vasari eine sehr große
Anzahl von hohem Werth gab, hauptsächlich ein schlechter, viel-
leicht nicht ganz salzfreier Mörtel Schuld gewesen zu sein; denn
daß die Seeluft allein nicht im Stande ist, Fresken so rasch
zu vernichten, das beweisen die vielen gut erhaltenen Facaden-
malereien in Genua. Doch mag in der Lagunenstadt Venedig
noch eine andere Ursache für die rasche Zerstörung mit vor-
liegen : die in den Mauern aufsteigende Bodenfeuchtigkeit.
Daß — nächst gewaltsamer Zerstörung durch Menschenhand
— die Feuchtigkeit überhaupt, namentlich aber deren Wechsel
und deren Bewegung in der Mauer der ärgste Feind der
Facadenmalereien ist, erklärt sich durch die chemischen und
physikalischen Prozesse der Auslaugung und Frosteinwirkung,
welche zunächst die Farben und den Mörtel zerstören. Ain
deutlichsten läßt sich diese Erscheinung beobachten an einem
Gebäude, dessen vier Außenseiten in gleichartiger Anordnung
mit Malereien geschmückt sind: Während die Ost und Nord-
 
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