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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 6
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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Kunstgewerbliches aus Dalmatien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0061

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bemächtigen sich schließlich des Landes, das nach ihnen von
den Grenzen Istriens bis zu den Fällen des Titius (Krka)
benannt und als das Vaterland der gewandtesten Seefahrer
gerühmt wird. Dann kommen keltische Elemente, die bis
nach Macedonien hineinreichen und aus dein heute noch
türkischen Scutari (in Albanien) die Hauptstadt eines mäch-
tigen Reiches machen.

Funde griechischen Ursprunges bestätigen das Vor-
handensein hellenischer Kolonien (die Salonitaner sollen am
trojanischen Kriege Theil genommen haben). Dann spricht
die Geschichte wieder von dem mächtigen Reiche des Agron,
eines Sohnes des Pleuratus, und seiner Wittwe Teuta, die
für den ininderjährigen Pineus die Regentschaft führte und
durch einen Streit mit den Lissanern die Einmischung Roms
provozirte (zwischen den: ersten und zweiten punischen Kriegest
die alsbald zuiii Eroberungszuge wurde, als zwei der römi-
schen Gesandten, p. Junius und Tit. Toruncanus auf Be-
fehl Teutas umgebracht wurden. Es folgten dann eine
Reihe von Schwankungen zwischen dem Machtverhältnisse
illyrischer Herrscher und römischem Einflüsse, bis im Beginiie
unserer Zeitrechnung (i. I. 6) Dalmatien eiidgiltig und im
vollen Umfange den Irans-adriatischen Eroberern erlag.
Dies brachte das Land zu einer Blüthe, wie sie seither nicht
wieder stattgefunden hat. Römischen Resten mächtigster Art
begegnet inan, auch tiefer in: Lande, überall — ich brauche
blos an die in San Donato zu Zara, am Eampanile zu
Spalato vermauerten, mächtigen Werkstücke zu erinnern, von
Denkmalen wie dem Diocletianifchen jDalaste zu Spalato,
von Trümmerstätten wie Salona und anderen ganz ab-
gesehen. In der erstgenannten Stadt finden sich im Museum
eine große Reihe wundervoller antiker Kunstgewerbe-Gegen-
stände verschiedenster Technik. Städte wie das obengenannte
Salona und das ältere Delminium (beide vom Erdboden ver-
schwunden; vom zweiten weiß man selbst nicht die Stelle,
wo es stand) werden wohl ihre großen Industrien gehabt
haben. Ersteres schätzt Eonstantinus Porphyrogenetus auf
eine halbe Million Einwohner. ■— Nach der römischen Herr-
schaft folgten die Wirren der Völkerwanderung, während
welcher die Herrschaft über das Land wiederholt wechselte,
und der Einfall der von der Donau nach Süden wandernden
Slaven, die den römischen Kolonien ein Ende bereitet haben.
Heber das Wesen und die Sprache der alten Illyrier geben
weder vorhandene Sprachmonumente noch irgend ein antiker
Autor genaueren Aufschluß. Man wird kaum irre gehen,
wenn man trotz der slavischen Einwanderung annimmt,
daß noch heute ein guter Theil des Volkes den Typus des
ursprünglich daselbst ansässigen repräsentirt. Einzelne städt-
ische Familien führen, nicht ohne Stolz, ihren Ursprung auf
römische Geschlechter zurück. — Es folgt dann die byzantinische
Oberhoheit, auf welche die freiwillig anerkannte ungarische
kanr, bis endlich Venedig sich in dauernden Besitz des Landes
setzte. Aus dem Gesagten erhellt, daß, wenn auch von einem
Königreiche Dalmatien gesprochen werden kann, demselben
doch mehr ein geographischer Begriff zu Grunde liegt als der-
jenige einer einheitlichen Nation, waren doch zu verschiedenen
Zeiten selbst die territorialen Größenverhältnisse des mit dem
Namen Dalmatien belegten Landes sehr verschiedene.

Von all den Wandlungen in historischer Zeit finden
sich größere oder geringere Spuren in den architektonischen
Denkmalen der Städte, die durchweg von römischen Kolonisten

gegründet, bis in unsere Zeit hinein den Eharakter lateinisch-
abendländischer Bildung sich bewahrt haben. Der weitaus
größte Theil künstlerischer Einwirkung ging, der Länge
der Regierungsdauer entsprechend, von Venedig aus, dem
auch das staatlich selbständige, hochentwickelte Ragusa nach
dieser Seite hin Gefolgschaft leistete. Aus dieser Zeit, wie
auch aus früherer bewahren die Schatzkammern der ver-
schiedenen Bisthümer (Dalmatien zählt deren sieben *) auf
eine Flächenausdehnung von 3769 Auadratmiglien 2) und
eine Bevölkerungszahl von circa einer halben Million Köpfen)
eine noch heute ansehnliche Menge künstlerisch kostbarer Ar-
beiten, speziell solcher in Edelmetallen. Sie sind zum Theil
(die Bocche di Eattaro, sowie die Denkmale der dalmatischen
Inselwelt fehlen) beschrieben und ein wenig mangelhaft ab-
gebildet in Eitelbergers Buch: „Die mittelalter-
lichen Kunstdenkmale Dalmatiens in Arbe, Zara,
Nona, Sebenico, Trau, Spalato und Ragusa",
sodann in dem gründlicheren, dreibändigen und das ganze
Gebiet Dalmatiens behandelnden Werke von T. G. Jackson:

4. Lhorschrank (Vbcrtheil) in Sem Giovanni da Traü.

»Valmaria, Jthe Quarnero and Istria witli Cet-
tigne in Montenegro and jthe Island of Grado.«
Blos geben auch hier die Abbildungen nur einen unge-
nügenden Begriff von dem künstlerischen Timbre der Ar-
beiten und es wäre äußerst wünschenswerth, daß dieselben
in zuverlässiger, mechanischer Weise gelegentlich reproduzirt
würden. Was für Reichthümer an köstlichem liturgischem
Geschirr einst die zahlreichen Kirchen aufwiesen, davon gibt
selbst die Gegenwart, die nur Reste ehemaliger Herrlichkeit,
freilich Reste von höchster Bedeutung aufzuweisen hat, noch
einen Begriff. Manche unserer großen Lathedralen hat
nicht aufzuweisen, was dort weit kleinere Heiligthümer noch
heute, nach unzähligen Brandschatzungen durch Lhristen und
Türken, besitzen. Es seien nur flüchtig als ganz besonders
hervorragend erwähnt: in Arbe die Area di S. Eristoforo, —
das silberne, theilweise vergoldete Pastorale des Erzbischofes
Valareffo (fH6O), köstliche Reliquiare im Dorne, prächtige
gothische Kelche in S. Francesco, die geradezu großartige

>) Jara, Spalato, Ragusa, Sebenico, Lesina und Lattaro mit einem
römisch-katholischen und eincin Bischof der griechisch-nicht-unirten Kirche.
-) \ italienische Miglie — '/&> eines Längengrades.
 
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