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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 7
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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Kunstgewerbliches aus Dalmatien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0067

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4- §

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Aus den Randzeichnnngen 6ans Muelich's zu den Bußpsalmen von Vrlando di Lassen

Ausgenommen von ). Das ebner.

MünflgMrvliW Dslmkikn.

von Ti. E. v. Berlepsch jRiültchen).

Nachdruck verboten.

(Schluß.)

an sollte nun glauben, daß eine so reiche Ent
Wicklung auch ihren Abglanz auf das Volks-
thümliche Aunstgewerbe geworfen hätte. Das
ist in Dalmatien weit weniger der Fall als
sonst irgendwo; denn das Volk ich spreche
vom Landvolke u. z. speziell von dein des Festlandes, das,
obwohl eines Stammes mit den Inselbewohnern, sich doch
diesen gegenüber durch eine gewisse Zurückgebliebenheit unter-
scheidet — fühlt sich weit mehr eins mit den benachbarten
und äußerst nahe sprachverwandten Bosniaken und kserze-
govzen als mit den Städtern des eigenen Landes. Am die
Hebung desselben bekümmerte sich bis vor wenigen Jahr-
zehnten keine Regierung; man beließ es im Zustande, wie
es war und gab sich zufrieden, die „Unterthanen" gehorsam
zu wissen. So kommt es denn, daß bei der Hausindustrie
kauin ausgesprochene Elemente einer bestimmten Stylrichtung
sich geltend machen; dennoch aber ist das stylistische Gefühl

— die gleiche Bemerkung macht man bei anderen volks-
stämmen —st ein äußerst ausgeprägtes in deni, was der Bauer,
der dalmatische Gebirgsbewohner sich an Zierrath selbst schafft.

ff Es fei hier des Vergleiches halber auf das höchst verdienstvolle
tverk von A. lsein „Die bildenden Künste bei den Dayaks" hin-
gewiesen. das endlich einmal in gewisser Beziehung als bahnbrechend be-
zeichnet werden kann, ohne daß es in erster Linie allen Gelehrsainkeits-
Prätcnsionen nachkommt. — Die verblüffend eigenartigen und wahrhaft
glänzenden Kunstleistungen vieler Naturvölker verdienen eine weit ein-
gehendere Betrachtung, als sie bis jetzt gefunden. Nimmt man von
den vielen kunstgeschichtlichen Lehrbüchern das erste, beste zur kjand,
so findet man meist als „Ursprung", als „Anfang" geschildert, was
vom „Anfänglichen" der Kunst rein gar nichts mehr an sich trägt.
Unsere vollständig in conventionelle Bahnen gerathene Kunstgeschichte
sängt noch immer mit der Bel-Etage an — vom Fundament, von den
vorhandenen, sichtbaren jdiloten ist nirgends die Rede, trotzdem die
Bausteine reichlich unterliegen in den prähistorischen Sammlungen und
aus den Arbeiten der Naturvölker ergänzt werden können. Mas für
reiche und für die Menschheitsgeschichte, ganz speziell auch für eine
wahrhaft allgemeine Kunstgeschichte (die erst noch geschrieben wer-
den muß, wir haben keine, die der Ausgabe gerecht wird) unermeßliche
Schätze sind noch zu haben auf den Inseln der Süd-See, in Süd-
Amerika u. s. w. wieviel davon bergen nicht bereits unsere ethno-
graphischen Sammlungen — freilich, ohne daß der Mehrzahl der Ethno-
graphen der Sinn hierfür ausgegangen ist. Das bleibt der Zukunft
Vorbehalten, während leider den meisten Kunstgelehrten, die sich für
dergleichen „Zeug" kaum iuteressiren, die Augen im höheren Genüsse
des Hellenismus, des Ouariro- und Lingue-Lerno bereits übergegangen
sind. Und es fehlt doch nur an den Augen, gerade so wie der Kunst
unserer Tage gegenüber. Wenn kommende Geschlechter über die Ver-
knöcherung einer-, die Versäumnisse unserer Tage anderseits einst ihr
Urtheil abgeben, dann freilich wird's für Manches zu spät sein, was
heute noch alle Wahrscheinlichkeiten guten Gelingens bietet. Doch

— -oh' Jammer! — vom gleichen Autor rührt die treffliche

Woher gerade an einem Orte tief im Lande Reminiscenzen
gairz fern liegender Art konrmen mögen, wie sie sich in
der Linienführung des Silberdrahtes bei dem eingelegten
Riessergriffe (Abb. ls) documentiren, ist unbestimmbar.
Durchaus ähnliche Ornamente zeigen altgriechische Vasen.
Ich kaufte das Instrument auf dem Wochenmarkte in Sinj
und sah gleichzeitig bei dem feilbietenden Händler eine Reihe
anderer Objekte (Eigarrettenspitzen, Pfeifenrohre u. f. w.) von

8. Sarkophag im Krcnzgang des Franziskanerklosters zu Ragusa.

ganz ähnlicher Vrnamentirung. Auf die Frage, wo diese
Sachen gemacht würden, hieß es blos: „nicht weit von hier,
in: Gebirge." Ein Ort wurde mir nicht genannt, viel-
leicht dürfte das Objekt aus dem wenig entfernten Livno
in Bosnien stammen. Am gleichen Riarkte sah ich auch
eine Rienge von Filigranwaaren feilgeboten, die mir in
ihrer Derbheit weit besser gefielen, als das vielfach faden-
scheinige und spinnebeinige Zeug, was bei uns und in Italien

und außerordentlich instruktive Schrift her: Mäander, Kreuze, Backen-
kreuze und urmotivische Wirbelornamente in Amerika (Wien, bei A.
Bölder). Der Autor — das geht aus allem klar hervor — ist Künstler
und sieht daher Manches, das dein durch die wissenschaftliche Loupe
verbildeten Auge gar oft entgeht.

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Zeitschrift des bayer. Aunstgewerbe-Vereins München.

\8W. Heft 7. (Bg. U
 
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