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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 7
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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Kunstgewerbliches aus Dalmatien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0068

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in dieser Technik zu finden ist. Der Künstler saß bei seiner
Maare, unablässig beschäftigt, vor den Augen der Zuschauer
seine Silberdrähte zu biegen, zu legen und zu löthen. Die
große Handfertigkeit des Mannes hatte entschieden etwas
Zmponirendes. „Er sei einer von denen, die groben Bauern-
schmuck machten und solche gebe es gar viele", wurde mir
bedeutet. Die gleichen Dinge fand ich dann auch beim Gold-
schmiede in Spalato, blos doppelt so theuer und — von den
bäuerlichen Künstlern bezogen. Reizend sind die Haarnadeln
der Frauen in den Sette Tastelli (zwischen Spalato und Trau),
die in äußerst zierlicher, dabei aber nicht schwächlicher Art
Blumen und Knospen darstellen, an Spiraldrähten befestigt
sind, und daher bei jedem Schritte der Trägerinnen sich auf
und nieder bewegen. (S. Tafel 25.) Vereinzelt sieht man auch
. Schmuck-Gegenstände wie Brachen, welche die Filigran-Zeich-

9. Thorfenster von Lau Trifonio in. Tattaro.

nung in antiker Weise auf ein vergoldetes Blech aufgelöthet
zeigen. Ob die Technik noch besteht, ob es ältere Schmuck-
stücke sind, war nicht in Erfahrung zu bringen. Aeußerst
beliebt ist bei diesen Arbeiten das Aussetzen zahlreicher, kleiner
Rügelchen (opus granulatum) die bekanntlich, bestehen sie aus
Gold, dadurch entstehen, daß man Metallstückchen, von
Kohlenstaub umgeben schmilzt; bestehen sie aus Rupfer —
und das ist hier vielfach der Fall — so geschieht die Gra-
nulation, indem man das geschmolzene Metall als möglichst
seinen Strahl in heißes Master laufen oder durch Reisig
niedertropfen läßt und das Gefäß bis zum Erkalten in
rotirender Bewegung erhält.

Ganz an prähistorische Vorbilder erinnern sodann viel-
fach die zum weiblichen Schmucke gehörigen, von einem Ghr
zum andern, auf die Brust herabhängenden Geschmeide
(Siehe Tafel 25), deren Endstücke hin und wieder an
venezianisch-gothische Formen erinnern (ebenso wie die übri-

gens selten gebräuchlichen Mantelschließen), Hier existirt das
Rlapperblech noch als wesentliches Zierglied, Hin und wieder
trifft man auch ähnlichen Stirnschmuck, in den ohne viel
Federlesens silberne Zehnkreuzerstücke, ja sogar die bei uns
gebräuchlichen Hemdknöpfchen aus weißer Glasgußmaste ein-
gereiht werden.') Auffallend viel Schmuck, besonders Hals-
ketten aus großen goldenen oder vergoldeten Rugeln bestehend,
Ghrringe von reizender Filigran-Arbeit sieht man bei den
Meibern von Eanali und Breno, zwei Landstrichen, die zum
Gebiete der ehemaligen Republik Ragusa gehörten und un-
weit des alten Epidaurus, Ragusa vecchia, liegen. Die ganze
Erscheinung des dortigen Landvolkes hat etwas vom übri-
gen Dalmatien Grundverschiedenes, schon durch die überall
herrschende Reinlichkeit Ausfälliges. Die Volkstradition be-
zeichnet diese Leute als Abkömmlinge griechischer Tolonisten,
und schief würde der angesehen, der sie als irgendwie ver-
wandt mit den Morlaken wähnte. Mie ich mir sagen
ließ, hängt oft ein gut Theil des bäuerlichen Vermögens
in Form von Schmuckfachcn am Gewände der Weiber,
die man in Ragusa selbst stets nur in ganz guten sauberen
Rleidern sieht. Eine Verordnung der alten Republik be-
fahl den Landbewohnern, nur ganz reinlich angezogen das
Weichbild der Stadt zu betreten. Die Verordnung wirkt
noch heute nach — ziehen sich doch manche der Bauersleute
draußen vor dem Thors völlig um, bevor sie zu Markte
gehen. Dagegen stechen dann freilich die Weiber der nahen
herzegowinischen Berge seltsam ab. ■— Ganz an die Zeit
der Völkerwanderung und ihre barbarischen Zierformen, denen
man noch bei den frühmittelalterlichen Buch-Einbänden be-
gegnet, erinnert der weibliche Gürtel, wie er in den an
Montenegro anstoßenden Bocche di Eattaro gesehen wird.
Auf denr starken Ledergurt sitzen, mit Nieten befestigt, roh
ornamentirte, mit durchbrochener Zeichnung versehene qua-
dratische Platten aus Bronzeblech. Auf der Vorderseite sind
in regelloser Auswahl, in Metallhülsen befestigt, rundliche,
rothe Achatslücke mit glattgeschliffener Gben-Seite angebracht.
An der linken Seite hängt, ebenfalls aus Bronze gefertigt,
das Georgskreuz nieder, sowie ein radartiges Stück, ein Stern-
kreuz, dessen Bestimmung mir nicht klar ist. Bei den Mor-
lakinnen kommt als Putzstück schließlich noch das vom Gürtel
an einem Rettchen niederhängende, oft mit verziertem silber-
nem fjcft versehene Klappmesser mit einwärts gebogenem
Griffe dazu.

Anders gestaltet sich der Schmuck des Mannes. Seine
Zierde ist noch — das lehren wilde Volksstämme ebenso wie
andere — int eigentlichen Sinne des Wortes die Waffe, da-
her denn alles, was auf Angriff oder Vertheidigung Bezug
hat, in allererster Linie auch hinsichtlich der dekorativen Er-
scheinung einen gewissen Accent bekant. Freilich hat die
allgemeine Entwaffnung hier manche Lücke gerissen, denn
Hieb- und Schußgeräth ist seit wenigen Jahren dem Volke
entzogen, ft jenes wenigstens, das in erster Linie sozusagen

') Auf Tafel 25, au der obern Nadel (rechts) ist u. A. ein solches
weißes Rnöpfchen in den Behang eingereiht.

’) Wie sehr die Leute am alten Waffenschinucke hängen, kann
man im benachbarten Montenegro sehen. Da begegnet man wohl hie
und da Männern, die ihr langes, reichverziertes Feuerrohr mit Stein-
schloß über dem Rücken und die entsprechenden Pistolen im Gürtel
tragen, lieber die Achsel aber hängt ein modernes thenry - Martini -
Gewehr und an der linken Seite der eventuell zum Gebrauche sichere
Revolver. — Ich sprach gelegentlich eines Rittes nach dem Tettina-Thale
 
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