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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 7
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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Kunstgewerbliches aus Dalmatien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0069

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zum Eostüm gehörte. Es blieben nur die Stücke, die mehr
oder weniger den Körper schützen, übrig. Dahin gehört in
erster £inie der breite, mit verschiedenen Fächern versehene
Waffengürtel, der über der eigentlichen Leibbinde getragen,
den ganzen Unterleib deckt und reiche Muster von eng an-
einander gesetzten Metallnieten zeigt, offenbar eine Art von
Panzerung, deren Art älter ist als das System der ver-
schiebbaren Metallgürtel, wie es z. B. an der Lorica der
römischen Legionssoldaten angewendet ist; desgleichen sind
die von den Morlaken allgemein unter dem Knie getragenen
breiten Lederriemen — wozu sie dienen, ist unklar — mit
dem nämlichen Metallschmucke versehen. Ebenfalls an ganz
uralte Vorbilder erinnernd und den: ursprünglichen Zwecke
nur mehr andeutungsweise folgend ist die Benähung der
Brusttheile an den über der Zacke getragenen Westen mit
viereckigen dünnen Metallplatten, die geschlagene Ornamente
zeigen. Man begegnet diesen: an die Vorzeit mahnenden
Rüststücke noch hin und wieder an Reitern, die bei Markt-
tagen von den benachbarten bosnischen und herzegowinischen
Felswänden herniederkommen aus ihren kleinen Gebirgs-
pferden, den weiten rothen Mantel (Kobanizza) um die Achsel
geschlagen, Erscheinungen, die jedes künstlerisch gebildete
Auge entzücken.

Veranlassung zu vielfachen: Schmucke boten natürlich
ehedem die Angriffswaffen, von denen riesige Quantitäten
z. B. in dem Bergschlosse Elissa (über Salona) „einstweilen"
aufbewahrt werden. Ob die Herstellung der zum Theil vor-
trefflichen Handjar-Klingen sowie der Damast-Gewehrläufe
(oft bei der Mündung in einen Löwen- oder anderen Thier-
kopf endigend) im Lande geschah, bezweifle ich, da die tech-
nische Herstellung solcher Metallarbeiten in den meisten Fällen
in krassem Widerspruche zu der Dekoration der Griffe und
der Gewehrschäste wie der Kolben steht. Bei diesen ist gar
oft papierdünnes, in Mustern ausgeschlagenes Messingblech,
das selbst dem stumpfsten Taschenmesser nicht widersteht, als
Beschläge verwendet. Die Konstruktion der Gewehrschlösser,
die Formen im einzelnen, z. B. der Hahnen, ist außer-
ordentlich primitiv, soweit ich an vielen, auch an Exemplaren,
die ich selbst besitze, erkennen konnte, nie in Stahl geschnitten,
sondern stets aus weichem Eisen mit den denkbarst einfachen
Hülfsmitteln hergestellt. Die Schäfte sind, soferne sie aus
Holz bestehen, meist reich mit aus Perlmutter hergestellten
geonretrischen Mustern eingelegt, mehr prunk- als kunstvoll.
Dasselbe gilt von den Pistolengriffen, die nach türkischer
Art einen langen, nur leicht gebogenen Hals zeigen, an dem
mit Metall- und Knochen- oder Elfenbeinstiften, sowie mit
flachen Metallbeschlägen auch eine oft reiche, dekorative
Wirkung erzielt ist, die indessen im Detail betrachtet, zumeist
äußerst roh erscheint. Zierlich, oft mit gravirten oder ge-
ätzten Metallstreisen versehen, sind jene Gewehre, wo statt
des Kolbens ein langer schmaler, am Ende zweiseitig ge-
schweifter Auslauf sich findet. — Der Handjar zeigt voll-
kommen die nämliche Form wie im ganzen Orient: Klinge
nach innen gebogen mit leichter Schweifung in umgekehrter

mit einem neben mir dahintrabenden Grdensgeistlichen über die Dolks-
Lntwaffnnng. Er zog lächelnd die Achseln empor und meinte: „Das alte
Zeug mögen sie (die Regierung) ruhig behalten; im Nothfalle werden
wir genug neue und gute Waffen haben und auch zeigen, daß wir damit
umzugehen verstehen." — Das „wir" bedeutete nicht Dalmatien, es heißt
„wir Slaven, die wir alles Romanische und Germanische hassen."

Richtung gegen die Spitze hin. Es ist die uralte asiatische
Sichel-Klinge, welche sowohl der hellenischen als auch der
römischen Mannes-Ausrüstung fremd war, wie denn über-
haupt die Anwendung von Kurven oder von geraden Linien
vielfach äußerst bezeichnend für die Entwickelung der Kultur
und der Style ist. — Der Griff des Handjars zeigt durch-
weg jene Form, die ursprünglich aus der Benützung eines
Gelenkknochens entstanden sein mag, ist meist aus Horn, oft
auch aus Elfenbein gefertigt und mitunter in unregelmäßiger
Weise mit Halbedelsteinen besetzt. Künstlerisch feiqe Arbeiten,
wie man sie hin und wieder im benachbarten Montenegro und
in Albanien antrifft, rühren zweifelsohne aus orientalischen
Werkstätten her und wurden bei irgend einer Gelegenheit
erbeutet. Messer kommen in den verschiedensten Formen
vor; zuweilen sind die Griffe aus gefärbten Knochen her- -
gestellt und finden sich an denselben urmotivische Verzier-
ungen in Metall- und farbigen Knochenstiften. Die zuge-
hörigen Scheiden sind wie beiin Handjar stets aus Holz
und mit ganz dünnem Messingblech überzogen. Es ist dies

;o. Arkaden am Rektoren-Palast zn Ragusa.

ein Ueberblcibsel jener uralten Verkleidungsweise auf metallo-
technischem Wege, die wie der textile Goldschmiedstyl, weiter
in der Zeit zurückdatirt, als irgend welche Ueberlieferung
schriftlicher Art. Sind auch die Stätten des Alterthums und
der ehrwürdigen Zunft seiner Gold- und Waffenschmiede
längst verschwunden, — ihre Spuren tauchen dennoch überall,
wenn auch oft in veränderter Weise, wieder auf.

Den Uebergang vom Metallotechnischen zu den Arbeiten
textilen Tharakters bilden die auf Zacken und Westen aus-
genähten Ornamente aus Metalldraht. (Abb. \2.) Bei den
Morlaken kommt diese Art Verzierung kaum vor. Zch sah sie
ein einziges Mal, allerdings in diesem Falle von einem ganz
unglaublichen Reichthum der Erscheinung, zu Sinj nämlich
gelegentlich eines jährlich wiederkehrenden Festes zur Erin-
nerung an die Befreiung vom Türkenjoche. Die bei dieser
Gelegenheit nach unblutigen Türkenköpfen hauenden und
schießenden Reiter, deren hurtiges Tummeln der Pferde zu-
sammt dem allseiligen Gebrauch der Hieb- und Schußwaffen
geradezu bewundernswerth ist, steckten in Zacken, die geradezu
von solcher Metallfaden-Dekoration in Gold strotzten. All-
gemein gebräuchlich dagegen ist die solcher Art gestaltete
 
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