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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 10
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Schmid, Wolfgang: Hans Muelich: Miniaturmaler am Hofe Albrechts V. von Bayern, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0094

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■4- 8^ ■+■

öffentlichen Festlichkeiten vor den Triumphbogen aufzustellen
liebte. Ls galt aber damals kein Naturalismus aus Remini-
scenzen wie bei Dürer, der das Absonderliche der Natur-
bildungen heraussucht, um sie womöglich noch zu übertreiben,
sondern ein reiner wahrer Naturalismus, wie ihn Virgil
Solis und Andere anbahnen, der auf wirklichem Studium
der Natur gegründet war, wie dies etwa Abbildung (5 recht
deutlich zeigt.

Wie zur Arabeske verhält sich Muelich auch zur Gro
teske. Tr verwendet sie seltener, in milderer Form und au
weniger betonten Stellen. Manchmal versucht er sie auch
in's Naturalistische zu übersetzen. Für das Figürchen nüt
Früchtenkorb auf dem Paupte in Abb. \2 ist beispielsweise

das Vorbild auf einem Flötner'-
schen Blatt zu suchen: eine Mas-
ke, darüber eine geschlitzte Pal-
mette, aus welcher Ranken sich
herauswinden; aus der Maske
nach abwärts Blatt-Ranken.
Die groteske Maske wandelte
Muelich in die Brustfigur um,
die Palmette in das Geflecht
des Korbes, der die Früchte
trägt. Organisch kann man
freilich die Verbindung von
Korb und Kopf nicht nennen.

Wenden wir uns zum Schluß
zu den Abbildungen einiger Ge-
räthschaften, so ist wohl zu be-
denken, daß hier keine direkten
Tntwürse vorliegen, sondern sie
in den Miniaturen blos zu deko-
rativenZwecken angebracht sind.
Da aber Muelich wirklich solche
Tntwürse geliefert, ausgesührte
Gegenstände uns erhalten sind,
können diese Darstellungen wohl
die Geltung von Modellen
haben. Pier sehen wir dann
wieder wie in den Ornament-
stichen, peiltumsbüchern rc.,

Geräthen die gothischen Prinzipien noch gelten, während für
die ornamentale Ausschmückung der neue Stil (schon) maaß
gebend ist. (Vgl. die Abbildungen der Beleuchtungsgeräthe
auf S. 79 des letzten peftes.)

Seit Beginn der Renaissance nimmt die Brunnenidee
einen immer wiederkehrenden festen Punkt in den Werken
speziell der deutschen Künstler ein; wo es nur immer angeht,
(vergleiche z. B. die Pochfüllung, Abb. f {) bringt man einen
solchen an. Auch hier ist wieder die Mischung verschiedener
Tlemente, z. B. die romanischen Rundbogenarkaden an der
Brunnenschale Abbildung (7, die gothischen Säulchen und
Sockel bei Abbildungen (6, (8. Die beiden letzteren Dar-
stellungen charakterisiren wieder so recht Muelich: die eine sollte
das Seitenstück der andern bieten; der Künstler aber in seiner
Schaffensfreude hält sich nur im großen Ganzen an den
Aufbau, die Details verändert er ganz willkürlich.

Lassen sich nun bei Muelich in der ornamentalen wie
figürlichen und ebenso in der malerischen Seite seiner Kunst,
wohl Anklänge an Vorbilder finden, so sind dieselben doch
nicht breit hervortretend, der fremde Tinfiuß ist verarbeitet
und als ein echter ganzer Künstler erscheint uns Muelich,
um so lieber als Bayer und Münchner zu einer Zeit, wo
man die „Welschen" als Trbpächter der Kunst anzusehen
begann.

A n in e r k u n g. Behufs etwaiger Vergleichung der Ab
bildungen mit den Originalien stellen wir hier die Nummern
der Abbildungen den Folionummern der beiden Bände der
Bußpsalmen gegenüber.

Abb.

S.

Gegenstand

Band

Abb.

Nr.

Gegenstand

Band

<44

Titelumrahmung

1 42

7

Titelumrahmung

II 67

57

Kopfleiste ....

II 2\

8

Randleiste ....

II 4-44

73

Titelumrahmung

II -49

9

Randleiste ....

I 436

Nr.



40

Randleiste ....

II429

\

Randleiste ....

II -42

44

Randleiste ....

11 449

2

Randleiste ....

I 49-4

42

Eckverzierung. . .

I 30

3

Schlußleiste . . .

II 33

43

Kopfleiste ....

II 4 40

4

Randleiste ....

I 498

44

Randleiste ....

II 27

5

Schlußleiste . . .

I 242

45

Randleiste ....

I 5»

6

Ampel mit Madonna

II 185

46

Brunnen ....

II474


Leuchter ....

II 4-45

47

Brunnen ....

I 62


Leuchter ....

j II 4-46

48

Brunnen ....

II 474


Leuchter ....

I u

49

Gegenstück zu Nr. 42

I 30


kleine Ampel. . .

1147-4

20

Schlußleiste . . .

II 452

Ts wird nicht überflüssig sein hin-
zuzusügen, daß die Originalien in ver-
schiedener Weise reduzirt werden mußten
und daß einzelne Bruchstücke im Ori-
ginalwerk anders orientirt sind; so bilden
z. B. Abbildung 3 und (8 die seit-
lichen Abschlüsse größerer Amrahm-
ungen.

Wir werden in den nächsten peften
noch mehrere dekorative Randzeich -
nungen ic. nach den Muelich'schen
Originalien bringen.

Die Redaktion.
 
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