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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 10
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Hondt, Pieter de: Flandrische Teppiche
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0096

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4-

-k-

Fluren, alle in eigenartigen Jeich-
nnngen im orientalischen Styl oder
in reizenden Blumenmustern auf
hochrothem, kupferrotstem, gelblichem
oder blauem Grunde.

Das Pauptstück dieser reichen
Ausstellung bildet ein prächtiger
Teppich, welcher nicht weniger als
^3 m 90 cm lang und 6 m breit
ist. Dieses riesige und schöne Werk
ist im Stil Ludwig XVl. gehalten.
Umgeben von einer geschmackvollen
Einfassung winden sich breite Blätter-
ranken schlangensörmig um eine
wundervoll erfundene Zusammen-
stellung der herrlichsten Rosen.

Die künstlerische Zeichnung
des Ornaments vereinigt sich mit
den in den schillerndsten flammend-
sten Nuancen gewebten Blumen zu
einer zauberischen Färbenwirkung.
Ausgezeichnet und fein ist die Aus-
führung dieses riesigen Teppichs
und mit wie viel Geschicklichkeit
ist dieses lebende Dekorationsstück
gewirkt I Die Blumen, welche die
Natur in ihrem ganzen Glanze
und ihrer Farbenpracht nachahmen,
sind mit einer Einfachheit und
Kühnheit behandelt, die geradezu
verblüffend wirkt. Dieses Meister-
wcrk ist im Auftrag des Grand
kfotel in Paris angefertigt. (Daß
derartige Teppiche einem entwickel-
ten Stilgefühl ins Gesicht schlagen,
wird dabei offenbar übersehen. Die
Red.). — Nicht minder prächtig
ist der vom kiotel Bellevue in
Brüssel bestellte Teppich. Von einer
entzückenden Zeichnung, edel, fein,
wirkt er noch schöner durch die
Zartheit seiner Farben; das matte
Kolorit der Theerofen, das satte
Roth des Burgunderweins, das
Helle Gelb des Goldes und das

tiefe Blau des Lapislazuli bilden
eine Farbensymphonie in den har-
monischsten, berauschendsten Tönen.
Der Feinheit einer Palette, einer-
herrlich blühenden Wiese gleichen
diese Nuancen, deren eine die andere
hebt; die Arbeiterinnen scheinen bei
Ausführung dieses Teppichs durch
die Bewunderung begeistert worden
zu sein, mit welcher die sie um-
gebende Natur ihre jungen Künstler-
seelen erfüllt hat.

Neben diesen Kunstwerken
im Stile Ludwig XVI. breiten sich
persische und Smyrna-Teppiche in
fremdartigen, räthselhaften Mustern
und glühenden, satten Farben, dunkel
oder prunkend aus. Eine dieser
Arbeiten, welche in vollendeter Weise
die schönsten Teppiche des Orients
nachahmt, ist für das königliche
Schloß zu Lacken bestimmt, eine
andere für das Savoy-kfotel in
London.

lheute mehr denn zu jener
Zeit, als unsere Vorfahren sich stan-
drische Teppiche bei bürgerlichen
Kausteuten des alten Antwerpen
weben ließen, erreichen die Preise
dieser Teppiche die Grenzen der
Billigkeit, ob abgepaßt oder vom
Stück geschnitten. Es gehören wenig
Mittel dazu, um einen Teppich be-
zahlen zu können,

„der schön in den Farben und
„stark im Einschlag ist, der
„den Augen edler Frauen und
„ lieblicher Mädchen ebenso wohl-
„gefällig, wie ihren Füßen weich
„und angenehm ist, und der
„zum erheiternden Tummelplatz
„von lärmendenKinderschaaren,
„von vielen blonden und brau-
„nen Lockenköpfchen dient."
 
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