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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 12
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Zais, Ernst: Die Frankenthaler Porzellanfabrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0111

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übersandte, verrathen eine sehr geübte juristische Hand, die
wohl nicht in Straßburg, sondern zu Mannheim in der
Umgebung des Kurfürsten selbst oder in den Kreisen der
Regierung zu suchen ist.') Unter seinen „Bedingnissen" zählt
Hannong zuerst ein ausschließendes Privilegium aus, ver
möge dessen aus die Dauer seiner Fabrik Niemand weder
in den kurpfälzischen, noch in den übrigen dem Kurfürst au
gehörenden Landen Porzellan sabriziren oder nachmachen dürfe.
Er verlangt weiter die unentgeltliche Ueberweisung von Fabrik
und Magazingebäuden, entweder zu Mannheim oder zu
Frankenthal, ferner die Zusicherung, daß ihm und seinen
Erben, diesen sowohl in absteigender als Seitenlinie, die
Fabrik eigenthümlich verbleiben solle. Für den Fall, daß

2. Schäfergruppe, zwischen (757 und (760.

(Höbe 28 cm., Breite 20 cm.)

der Kurfürst keine männlichen Erben hinterlasse, bedingt
sich Hannong aus, daß sämmtliche Staimnesagnaten durch
ihre Unterschrift das Privilegium anerkennen und bekräftigen.
Andere Bedingungen beanspruchen ein Verkaufsmonopol,
Freiheit von allen Lasten, Zollfreihcit, gewisse Vorrechte im
Gerichtsstand, die Vereidigung der Personen, die um die
Fabrikgeheimnisse wissen, endlich Holz aus den kurfürstlichen
Waldungen, das zu einem billigen Preis von den Forst
beamten angewiesen werden solle.

') Ueber die fast schwindelhaften Anstrengungen, Frankenthal zu
einer Industriestadt ersten Ranges mit allen möglichen und unmöglichen
Fabriken hinaufzuschrauben und die Rolle, die dabei dem Geheim-
sekrctär Fontancsi und dem käuflichen Regierungsrath von Manbuiffon
zufiel, find wir feit einigen Jahren durch die Memoiren des Freihrn.
von Stengel unterrichtet, lhcigel hat sie in der Reuen Folge feiner
(ynellcn und Abhandlungen zur neueren Geschichte Bayerns mitgetheilt.

Das Gutachten eines Mitgliedes der kurfürstlichen Hof-
kammer war keineswegs geneigt, sämmtliche Bedingungen
des Straßburger Fabrikanten zu billigen. Es fand am
l8. März, bereits einige Tage nach seiner Abgabe, eine
Erwiderung durch den Kurfürsten, die sich dem Hanuongschen
Standpunkt nähert. Diese kurfürstliche Entschließung wird
den 7. April durch Hannong kommentirt; er benutzt zugleich
die Gelegenheit, einige neue Forderungen aufzustellen. Seiner
schriftlichen Eingabe gibt er sofort Nachdruck durch eine
Unterredung, die er mit dem Kurfürsten hatte. Am JO. April
gab Karl Theodor von neuem der Hofkammer seine Ent-
schließungen „zur Beförderung der ihm sehr angenehmen
Fabrique" zu erkennen; er befahl, den Entwurf einer Kon-
zession auszufertigen. Auch über das Gebäude, in dem die
Porzellanmanufaktur errichtet werden sollte, war man nahezu
zu einem Einverständniß gelangt. Die Hofkammer hatte
nämlich die vernachlässigte Frankenthaler Kaserne in Aus-
sicht genommen; ein Flügel des Baues diente als Lazareth
für das bei den Bürgern einquartirte Dragonerregiment der
Kurfürstin. Der Straßburger Fabrikant glaubte mit I 500 fl.,
die aus der kurfürstlichen Generalkasse zu leisten seien, den
Umbau bestreiten zu können.

Hannong, dem der Konzessionsentwurf nach Straßburg
zur Einsichtnahme überschickt worden war, sandte, wie schon
vorhin angedeutet, am f3. Mai dem Kurfürsten ein Projekt,
das angeblich nichts Neues enthielt, sondern nur verschiedene
Punkte genauer bestimmte. Das Projekt umfaßt {<) Artikel.
Der Straßburger Fabrikant oder vielmehr die Leute, die
hinter ihm standen, legen im Eingang der Urkunde dein
Kurfürsten u. a. die Worte in den Uiund, daß er sich in
Betracht des dem Aerar und seinen getreuesten Unterthanen
offenbar erwachsenden Nutzens und besserer Nahrung ent-
schlossen habe, dein Hannongschen Ansuchen zu willfahren.
Zm übrigen wußte Hannong in dem Entwurf seine Vor-
theile aufs Beste zu wahren und sich von Bedingungen,
welche ihin lästig schienen, zu befreien. Der Referent der Hof-
kammer, Wrede, kain am l6. Mai auf seine früher geäußerten
Bedenken zurück unter besonderer Betonung, daß Hannongs
Ansprüche von Tag zu Tag weiter gingen. Es sei ferner
bedenklich, daß im Eingang des Entwurfs der Nutzen des
Unterthans als ganz sicher vorausgesetzt werde, da demselben
doch wenig daran gelegen sei, ob er aus Porzellaii oder aus
einer soiistigen irdenen Schüssel esse. Daß der sehr selbst-
herrische Karl Theodor in der geschilderten Weise Hannong
nachgab, läßt sich nur erklären durch eine modische Vorliebe
des Fürsten für die höfische Porzellankunst und seine Neigung,
als Förderer der Künste und Gewerbe zu gelten. Genug,
dem Kurfürsten war die baldige Durchführung der Hannong'-
schen Angelegenheit sehr erwünscht und so gelangte der
Straßburger Fabrikant in den Besitz einer Bewilligung,
mit deren Einzelheiten er sehr wohl zufrieden sein konnte.
Die Urkunde umfaßt siebzehn Punkte und ist am 26. Mai
;755 zu Mannheim von Karl Theodor ausgestellt. Hannong
erhielt also das Monopol der Fabrikation und des Verkaufs
von Porzellan. Demzufolge sollten sämmtliche Porzellan-
vorräthe, die sich bei Kaufleuten vorfanden, auf öffentliche
Kosten verzeichnet und den Besitzern eine zweijährige Frist
zur Veräußerung der Waaren gestaltet werden. Eine mehr
einschneidende Maßregel als diese wird man in der Geschichte
des Handels nicht leicht finden. Weiter überließ der Kur-
 
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