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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 12
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Zais, Ernst: Die Frankenthaler Porzellanfabrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0112

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fürst ein Gewölbe im Kaufhaus zu Mannheim als Magazin.
Die Fabrik hatte ihren Gerichtsstand unter einer besonderen
Kommission. Auch fast alle übrigen Bedingungen und
Wünsche lsannongs, wie sie früher aufgezählt wurden,
fanden in den einzelnen Artikeln der Urkunde eine will-
fahrende Erledigung.

Die Agnaten, Christian IV. und Friedrich, Pfalzgrafen
bei Rhein und Herzoge in Bayern, beide der Zweibrückener
Linie angehörend, gaben ihre Zustimmung zur Konzession,
der eine am \2, Juni, der andere am 28. Juli s755.

Mit der baulichen Einrichtung der Fabrik war unter-
dessen begonnen worden. Anfang August \7ö5 war man
mit dem Bau der Brennöfen zu Ende. Jm September
gab der Kurfürst von Düsseldorf aus den Befehl, daß er
„das I^annong'sche Etablissement gern befördert und auf
alle mögliche Weis erleichtert wissen wolle." Diese Willens-
meinung konnte für den Fabrikanten nur ein Sporn sein,
mit fünf neuen Forderungen hervorzutreten. So verlangt
er, da er den Waaren das kurfürstliche Wappen einzudrücken
beabsichtige, für seine Person den Titel eines Pofkammer-
raths, für feinen irr Frankenthal wohnenden Sohn das
Prädikat eines Kommerzienraths. Indes der pfälzische ksos,
im allgemeinen keineswegs geizig mit der Verleihung von
Titeln und Mrden, leistet diesmal Pannong Widerstand und
gesteht ihm nur die Würde eines Kommerzienraths zu.

Wir dürfen annehmen, daß die baulichen Veränder-
ungen in der Kaferne zu Beginn des Jahres 1756 be
endet waren und der Betrieb der Manufaklur feinen An-
fang nehmen konnte. Die Glasurmühle hatte ihren Platz
auf einem freien, hinter der Kaserne gelegenen Raum, die
Reitschule genannt, gefunden. Schon im Juni des genannten
Jahres belief sich der Werth der vorhandenen Waaren an-
geblich auf 26,000 si. Zu derselben Zeit wurde es augen-
scheinlich, daß die finanziellen Kräfte Pannongs den An-
forderungen, die die Fabrik stellte, nicht gewachsen waren.
Er sah sich gezwungen, den Kurfürsten aus zwei Jahre
um ein Darlehen von 8 000 si. zu bitten, zur Errichtung
einiger Magazine, wie er sagte; er gibt ferner an, auf
seine Anstalt bis jetzt mehr als 32,000 fl. verwendet zu
haben, darunter allein 6 000 fl. für Baukosten. Als Sicherheit
für die Schuld diente der Porzellanvorrath. Drei Jahre
später hatte sich der Vorschuß auf \8,000 fl. erhöht. Paul
Antons Sohn Joseph Adam, der seit dem 1757 erfolgten
Tode eines Bruders Karl die Geschäfte der Fabrik an
Vrt und Stelle führte, bat im Juli s759 um ein neues
Darlehen von 20,000 fl.; er behauptet, der Kurfürst sei
uicht gefährdet, da die vorräthigen Porzellanwaaren einen
Werth von mehr als f00,000 fl. darstellten. Wenn anch
diese Anleihe nicht bewilligt wurde, gestand man doch soviel
zu, daß der Vater die Fabrik aus den Sohn übertragen
durfte. Auch gab man der Bitte des Sohnes, ihm das
Patent eines Kommerzienraths zu ertheilen, irach. Indes
auch Joseph Adam war nicht im Stande, das vom Vater
gegründete Unternehmen aufrecht zu erhalten. Aus einem
vom 2fl. Januar f76s datirteu Bericht der Fabrikkommissäre
Günter und Grouven geht hervor, daß Joseph seinem im
Frühjahr l.760 verstorbenen Vater mit großen Summen
verpflichtet war, daß er von Monat zu Monat zur Be-
streitung der Arbeitslöhne Geld ausnehmen mußte, daß nach
der von ksannoiig selbst gezogenen Pauptbilanz das Waaren-

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läget und die Geräthschäften den Schulden fast gleichstanden,
wenn nicht durch diese übertroffen wurden. Wegen Aus-
stellung einer Generalschuldverschreibung bittet Ijannong um
Aufschub, bis die Erbtheilung mit seinen Geschwistern und
die Angelegenheit des Arkanums, das diese ihm vorenthielten,
erledigt sei; das Porzellanrezept fei im Besitz seines jüngeren
Bruders Peter Anton, der eine eigene Fabrik anlegen wolle.
Das war nun vielleicht gar nicht die Absicht von Peter-
Anton. Wahrscheinlicher ist, daß er die Fabrikgeheimnisse
auf andere Weise zu verwerthen gedachte. In der That
machte er die Rezepte in der Art zu Geld, daß er sie am
29. Juli s76s zu Paris in der Schreibstube des Notars
Vivien an Boileau, den Direktor der Manufaktur von
Ssvres, um 6000 Livres bar und 3000 Livres Leibrente
verkaufte. Die Sache ging freilich nicht glatt ab. Denn
Joseph machte gegen seinen Bruder wegen des unberechtigten
Verkaufs einen Prozeß an-
hängig und Peter, der nicht
zu feinem Geld kommen
j konnte, klagte in seinen Ein-
gaben an die französischen
Behörden, daß ihm durch
den Verkauf die Erbberech-
tigung an der bsiuterlassen-
schaft seines Vaters verloren
zu gehen drohe?) Die Re-
zepte waren für Sövres frei-
lich ziemlich werthlos, so
lange die Hauptsache, die
Porzellanerde, fehlte.

Joseph Pannong führte
die Frankenthaler Fabrik
bis zum Anfang des Jahres
f762 fort. Von der Un-
möglichkeit überzeugt, das
Unternehmen weiter halten
zu können, bot er die Manu-
faktur dem Kurfürsten zum
Kauf an, in dessen Besitz sie
am s. Februar \762 über-
ging. Der Ankaufspreis be-
trug 30,80-f fl.; darin waren
l0,000 fl. als besonders be-
willigte Vergütung inbe-
griffen. Die Vorschüsse, die Pannong von der kurfürstlichen
Generalkasse erhalten hatte, wurden in der Schlußrechnung
aus s-s,7s3 fl. ausgeglichen. Eine Abschätzung berechnete den
Werth der von Pannong übernommenen fertigen Waaren,
der Halbfabrikate, der zum Fortbetrieb der Manufaktur noch
wendigen Materialien, Geräthschäften u. s. w. auf l s 1,765 fl.
Die Unterhandlungen mit Pannong waren vom Poskammer-
rath Jordan geführt worden. Dem Kurfürst hatte über die
Angelegenheit der Pofgerichtsrath Freiherr von Tastell referirt.

Der neue Besitzer übertrug die Mberdirektion dem
Staats- und Konferenzminister Freiherrn von Beckers. Als
Direktor und Masselaboranten verschrieb man den Adam
Bergdoll aus Höchst, der in der kurmainzischen Manufaktur
Former und dann Buchhalter gewesen war. Bergdoll erhielt

9 Sd; rief er a. a. (D. S. ;22. Havard et Vachon, Les manu-
factures nationales S. 398.

t*

3.. Potpourri

mit Darstellung der Entführung der Europa.
(Höhe gegen 30 cm.)

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