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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 12
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Zais, Ernst: Die Frankenthaler Porzellanfabrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0114

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zur Versteigerung bringen, wenn auch nur 100,000 st. daraus
erlöst würden. Line auf diese Weise erzielte Summe solle
zu fünf Prozent ausgeliehen und die Zinsen, sammt anderen
Einnahmen, der Fabrik dann als Betriebskapital für die
Manufaktur dienen. Man entschloß sich zu einem anderen
Plan, zur Veranstaltung einer Porzellanlotterie, die in Mann-
heim gezogen werden sollte. Es wurden 3000 Loose aus
gegeben; die Gewinnste stellten eine Summe von 7200 st.
dar. Der letzte ähnliche Versuch, den inan gemacht hatte,
war allerdings nicht sehr ermuthigend ausgefallen: eine f 773
in der Pauptstadt veranstaltete Porzellanlotterie ergab nur einen
Erlös von f3f5 fl., während man i. I. f769 aus einem
Ziehungsspiel 5537 fl. gewonnen hatte. Auch eine fremde
Lotterieveranstaltung wurde für die Fabrik zum Mohlthäter.
Das Borromäushospital zu Mannheim besaß nämlich ein
Glücksspielprivilegium, das es an einen pandelsmann pofff
mann aus Schwaben verpachtet hatte. Dieser entnahm nun
während der Jahre 1785 bis f 796 für mehr als 26,000 fl.
Maare aus der Fabrik. Die Noth des Jahres f 78 f zeitigte
allerlei sonderbare Vorschläge, so, nach einem ähnlichen
Berliner Vorgang, den Israeliten die Auflage zu machen,
bei Ertheilung des Schutzbriefes eine gewisse Menge Por
zellan zu erwerben; ein Gutachten meint, dann müsse man
den christlichen Kausleuten bei der Erlangung des Bürger
und Aunftrechts dieselbe Verbindlichkeit auferlegen.

Die Lager, die von der Frankenthaler Fabrik auswärts
unterhalten wurden, trugen nichts dazu bei, die stnanziellen
Bedrängnisse der Manufaktur auszugleichen; sie brachten
nur neue Verluste. 1765 hören wir von einem Lager, das
die Fabrik im paag unterhielt. Im Lauf der Zeit wurden
weitere Kommissionsniederlagen zu Mainz, Frankfurt, Aachen,
Nancy, Basel und Livorno errichtet, auch Beziehungen mit
der Levante eingeleitet.

Das Lager im paag knüpfte offenbar an Verbindungen
an, die auf pannong zurückgehen. Es wäre von Merth,
gelänge es, aus den ersten vier Jahren der Manufaktur
Nachrichten über die Fabrikate und ihren Vertrieb beizu-
bringen. Allein es fehlen uns die pannong'fchen Privat-
akten; es sind nur einige zerstreute Aufzeichnungen, die uns
dürftige Anhaltspunkte gewähren. 1758 und 1760 lieferte
pannong an die pofkonditorei Porzellanblumen und Figuren,
die zur Ausschmückung der Tafel bestimmt waren. Mir
erfahren weiter von einem „fein gemalten Tafelservice",-
das der Kurfürst mit 55stß Rthlr. bezahlte. Am 5. März
f 76 f stellte pannong für Karl Theodor eine Rechnung im
Betrag von 1762 Rthlr. aus für Porzellane, die geliefert
waren, «paar reassortir un service de table peint ä deux
parties aux paysages,- ä deux parties aux oiseaux et ä fleurs
naturelles, les bonnes dentelles en or». Der französische
Gesandte zu Mannheim erwarb 1760 ein Dutzend Teller,
von denen er freilich klagt, daß sie an Weiße den sächsischen
Fabrikaten nachstehen. In dem nämlichen Jahre bestellte
der markgräflich badische Pos eine Gruppe. Von welcher
Ausdehnung pannong's Fabrikationsgebiet war, ersehen wir
aus dem Frankenthaler preisverzeichniß, das im Journal
de commerce vom Juli und August 1760 abgedruckt ist.

Während der kurfürstlichen Verwaltung war Serenissi-
mus selbst der beste und treueste Kunde der Fabrik, lieber
einige Lieferungen der Manufaktur sind wir genauer unter-
richtet. Mährend der Jahre f769 bis I77st bezogen die

Mundschenkerei, Silberkammer und Konditorei Geräthe,
Gruppen und Figuren im Gesammtwerth von 2900 fl.
Das Jahr f 77 f verzeichnet außerdem sechs besondere Liefer-
ungen im Betrag von 5877 fl. 1776 entnahm der Kur-
fürst ein buntbemaltes Tafelservice zum Preis von 608 fl.,
im folgenden Jahr Maaren im Merth von 5563 fl. In
den Jahren 1783 und f78st wurden der Silberkammer
Porzellane im Betrag von 446 fl. geliefert. Einem Tafel-
service mit blauen deutschen Blumen, das sich in der Silber
kammer zu Schwetzingen befand, wurden 1788 Ergänzungen
int Merth von 635 st. zugeführt. Das Service, dessen sich die
kurpsälzische Mahlgesandschast zu Frankfurt im perbst 17stO
bei der Kaiserkrönung Leopolds II. bediente, muß besonders
kostbar gewesen sein. Es waren für die erste, zweite und dritte
Tafel, für die Mundschenkerei und für die Konditorei im
ganzen 822 Stücke, darunter Ist Figuren und 56 Biskuit-
postamente. Das Service war Ende April 17stO in Auftrag
gegeben worden; am 2. Juli wurde es abgeliefert. Die

5. Platte.

Dekor: Bunte Vögel und grüner „Mosaikrand". — (V3 der wirklichen Größe.)

Kosten stellten sich aus 52st7 fl. Der nämlichen Zeit mag
eine Bestellung des Kurfürsten angehören, die u. a. eine
Garnitur Vasen, ein Dejeuner, zwei Kaffeeservice, drei Por-
träts Karl Theodors umfaßte tlnd auf 1060 fl. zu stehen
kam. pstst empfing der Kurfürst vierzehn Mund- und
Thokoladetassen. Recht freigebig war Karl Theodor mit
Porzellanverehrungen. Nach Rom gingen wiederholt werth-
volle Tafelservice, so 1770 und 1775; im letztgenannten
Jahr war der Kardinal Rezzonico Empfänger. 1780 bis
1786 betrieb der kurbayerische Pos eine besondere Aktion in
Rom. Es handelte sich um den Ländertausch, den Karl
Theodor, kaum in seine neue Residenzstadt München ein-
gezogen, plante und um die sogenannten Nuntiaturstreitig-
keiten , welche die antirömische Vereinigung der deutschen
Kirchenfürsten hervorriefen. Maßgebende Persönlichkeiten zu
Rom wurden mit Geschenken von Taselservicen bedacht, so
der kurfürstliche bevollmächtigte Minister beim päpstlichen
Stuhle, Marquis Antici, der Kardinal-Staatssekretär Palla
vicini, der Präfekt der Propaganda, Kardinal Antonelli.
Das Geschenk für Antonelli stellte sich bis an den Be-
stimmungsort auf 3ststO fl. 1785 wurden von Mannheim
auf Befehl des Kurfürsten Maaren im Merth von 1072 fl.
 
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