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Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München: Monatshefte für d. gesammte dekorative Kunst — 1894

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Heft 12
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Zais, Ernst: Die Frankenthaler Porzellanfabrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.6754#0116

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4- (07 -i

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Line Berechnung vom Juni ( 799 gibt den Werth der
bunten, blauen, weißen und Ausschußwaare, der Buchaus-
stände und Erden auf {56,662 fl. an. Darunter befanden
sich außer dem Vorrath des Mannheimer Magazins die
von Frankenthal nach Mannheiin geflüchteten und im Aeller
des Aaufhauses aufbewahrten Vorräthe, weiter die Lager-
bestände zu Aachen, Frankfurt und Livorno. Die Schuld
an die Generalkasse betrug 58,-(2 ( fl. Line Uebersicht von
(800 führt neben den Aktiven und der Schuld an die General-
kasse, Posten, die von dem Stand des Jahres (799 uicht
wesentlich verschieden sind, noch Passiva im Betrage von
4(6,580 fl. aus. Bei einem pofkammerrath hatte man (7H4(
unter kurfürstlicher Bürgschaft ein Darlehen von 6000 fl.
aufgenonnnen. Das eben erwähnte Lager zu Livorno, das,
wie wir von früher wissen, (7H4( an Stelle einer Aontri-
bution diente, war durch verschiedene Ainstände in das
Ligenthum der Fabrik zurückgelangt. Unbehelligt hatte
man in Livorno die Kommissionäre Micali und Sohn frei-
lich nicht gelassen; sie waren als Vertreter der Franken-
thaler Fabrik gezwungen worden, sieben Loose der Staats-
lotterie, jedes zu ((0 Prozent, anzunehmen.

Die Summe von (56,662 fl., die (799 als Aktivvermögen
der Fabrik herausgerechnet wurde, nimmt sich recht stattlich
aus. Allein diese Aktiva, ohnehin wohl zu hoch angeschlagen,
bestanden zum größten Theil in schwer zu verwerthenden
porzellanvorräthcn. Mußte man doch eben erst mit einer
Auktion schlimme Erfahrungen machen. Das Magazin zu
Mannheim, das (7H5 bei Beschießung der Stadt gelitten hatte,
war durch frühere Maler der Fabrik ergänzt worden. Ulan
hatte für diese in den Ruhestand getretenen Maler einen Lin
schmelzosen errichtet und zwar im Münzgebäude. Um nun
mit den Mengen des Porzellans aufzuräumen, wurde von,
27. November (7H7 bis 28. Januar (7H8 in Awischen-
räumen eine Versteigerung abgehalten. Für 889 Stücke
im Fabrikpreis von 4(76 ( fl. erlöste man 254(3 fl.

Auch bei den auswärtigen Lagern war es mit den
Verkaufsaussichten schlecht bestellt. Im Sommer des Jahres
(800 boten die Gebrüder polzmann zu Frankfurt für die
dortige ihnen anvertraute Niederlage, die auf 94(53 fl. ge-
schätzt war, 5000 fl.; man war in Mannheim gern mit
dem Vorschlag einverstanden. In dein nämlichen Jahr
wurde verfügt, daß das Aachener Lager für zwei Drittel
unter dein Anschlag versilbert und zwar zu Elberfeld ver-
steigert werden solle. Das Lrgebniß der Versteigerung wird
nicht besser ausgefallen fein, als der zu Mannheinr im Juli
(80( vorgenommene Verkauf des dortigen Lagers, das im
ehemaligen Regierungsgebäude eine Auflucht gefunden hatte.
Der Aulauf war beträchtlich, die Nachfrage gering. Das
weiße Porzellan ließ maii unter der pand ab mit einer
Preisermäßigung von sechzig aufs hundert, das bunte für
sin Drittel oder Viertel des Anschlags. Alles, was übrig
blieb, wurde theils an <Drt uiid Stelle versteigert, theils auf
die benachbarten Messen zu Frankfurt, Bruchsal, kjeilbronn
und Mergentheinr geführt. Um das Jahr (800 gingen nach
München 283 mit Porzellan gefüllte Aisten im Werlh von
50H4( fl. ab; es ist nicht gesagt, ob sie für den Pos bestinnnt
waren. Ungeachtet aller dieser Versteigerungen und Abschieb
ungen müssen es noch große Mengen von Frankenthaler
Porzellan gewesen sein, die im Anfang dieses Jahrhunderts
als unverkäuflich in Mannheiin aufbewahrt wurden.

(799 wurde von der Aommerzialkonnnifsion zu Mann
heim, die unter dem Regierungspräsidenten Freiherr von
Reibeld stand, beantragt, die Frankenthaler Fabrik mit der
Nymphenburger porzellanmanufaktur zu vereinigen. Die
bayerische Landesdirektion zu München erklärte sich mit dein
Vorschlag einverstanden. Geheimer Rath Widder sprach sich in
einem Vortrag an deii Aurfürsten Maximilian Joseph dahin
aus, daß über die Nothwendigkeit der Vereinigung beider Fa-
briken ein Zweifel nicht bestehen könne. Für Bayern, wo der
Geschmack an Porzellan iioch in der Aindheit sei, wo die
gebildeten Alasseii erst ansingen, den Vorzug des Porzellans
vor anderem Geschirr zu erkennen, lasse sich mit Bestimmt
heit Vorhersagen, daß der Absatz von Porzellan um so mehr
zunehme, je besser die Zeiten würden und iiiaii deiii Ge-
schmack durch schöne Formen und Dekoration nachhelfe.
Der Aurfürst gab am 27. Mai (800 seine Entschließung
folgendermaßen zu erkennen: „Aus Unserem Finanz-Grund
satze, daß Fabriken als Elemente des National-Wohlstandes
den freien Unternehmungen einzelner privaten oder Gesell-
schaften zu überlassen und nicht unter die eigenen — am
wenigsten ausschlüssenden oder begünstigten Anstalten der
Regierung aufzunehmen seyen, geht die Erklärung hervor,
daß Wir die ohnehin dermalen aufgelöste Frankenthaler
Porzellain-Fabrique auf keinen Fall wieder zu errichten ent-
schlossen sind." In der Verfügung ist weiter mitgetheilt,
daß einige Maler, ein Bossirer, mehrere Dreher und ein
Brenner der ausgelösten Fabrik nach Nymphenburg über-
nonnnen worden seien. Andere Anordnungen betreffen den
Aktiv- und Passivstand der Frankenthaler Manufaktur und
die Pensionsverhältnisse des bisherigen Personals.

Von den Aünstlern und Arbeitern, die man nach Mün-
chen zu versetzen gedachte, lehnten einige die Berufung ab,
andere, die wirklich abgereist waren, kehrten nach Mann-
heim wieder zurück. In die Nymphenburger Fabrik trat
ein der Bossirer Adam Elair, ein geborener Frankenthaler.

Der Bildhauer Melchior scheint (7H7 von Frankenthal
nach Nymphenburg übergesiedelt zu sein; ich finde seine
Münchener Thätigkeit zuerst in jenem Jahre erwähnt.

Neber die Technologie des Frankenthaler Porzellans
ist wenig zu sagen. Die Einrichtungen der Fabrik und die
technischen Vorgänge, die in der Manufaktur üblich waren,
unterscheiden sich nicht wesentlich von dem, was wir über
solche Dinge aus anderen süddeutschen Anstalten wissen.
Die nöthige Erde bezog die Fabrik aus Paffau, Alzey und
Limoges. Feylner, in höchst Maler, in Fürstenberg Modell
meister, war in Frankenthal ausschließlich Techniker. Ihm
verdankte die Fabrik ein Schwarz, das sich wie Tusche ver-
arbeitete, dann ein Roth, Gelb und Braun von vorzüglicher
Schönheit. (775 arbeitete Feylner sechzig einfache Farben
aus, aus denen geschickte Maler leicht noch ebenso viele an
dere zusanrmensetzen konnten. Feylners Paupterfindungen
scheinen in das Jahr (786 zu fallen. Es sind eine schwarze
Farbe unter der Glasur, ein bleu celesre, ein mehrfarbiges
Goldchangeant, dis erhabene Vergoldung ä czuatre couleurs
in Matt und Glanz und mit polirtem Licht und Schatten.
Der treffliche Beamte machte sich ferner sehr verdient um
Verbesserungen der Porzellan,nasse, des (Ofens und des
Brennens. Porzellan-und Farbenproben, die Feylner (787
vornahin, hatten unter anderem dreizehn paar Mundtassen
zum Lrgebniß. Die Beschreibung einiger dieser Stücke folgt

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