Nr. 4 und 5
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
93
Ponys unter der mächtigen Reiterfigur,
die das lavierende Pferd vorn nieder-
drückt, und die mächtige Kruppe steht
in keinem Verhältnis zu der viel zu
geringen Vorhand. Auch der Laie wird
finden, daß das Hälschen und Köpfchen
des Tieres gegen die Riesenfigur des
Reiters viel zu klein erscheinen.“ In
der Tat sind die Haltung von Kopf
und Hals so ungünstig gewählt, daß
len Pferde des großen Bildes in Ma-
drid, scheint meine Ansicht zu bestäti-
gen. Dort ist es viel klarer, daß man
von unten her auf den Pferdekopf
blickt, und dadurch wird das Befrem-
dende des Eindrucks abgeschwächt.*)
Manche Leser werden enttäuscht
sein, wenn sie auch bei einem Ph.
Wouwerman auffallende Mängel in
der Pferdedarstellung nachgewiesen fin-
Aufnahme nach der Natur: Trakehner Hengst»
(Klischee aus Schoenbeck: Das Pferd. Leipzig, Fr. Engelmann.)
man nur schwer eine Vorstellung da-
von gewinnen kann, in welchem räum-
lichen Verhältnis man sich die Vorhand
vorstellen soll. Ich vermute, daß sich
der Maler den Kopf stark vorgestreckt
gedacht hat, was bei dem niedrig ge-
wählten Augenpunkt zu einer schwer
verständlichen Verkürzung führen
mußte. Die kleine Variante in Schleiß-
heim, auf der man an dem Schimmel
die Kopfhaltung des Pferdes deutlicher
unterscheiden kann, als an dem dunk-
den. Die Vorzüge seiner Bilder, die ja
gewiß zumeist aus dem Gedächtnis zu-
sammengestellt waren, liegen eben nicht
in der naturgeschichtlichen Treue, son-
*) Über die verschiedenen Exemplare
dieses Reiterbildnisses vgl. hauptsächlich C.
Justi: Velasquez, 2. Auflage, II., S. 30 ff. und
neuestens W. Gensei: Velazquez. Dem Schleiß-
heimer kleineren Bilde weniger günstig sind
die Erörterungen bei Beruete: Velazquez
(deutsch von V. v. Loga 1909, S. 56) und in
Beruetes neuem Buch „The school of Madrid“
(1909, S, 89 f.).
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
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Ponys unter der mächtigen Reiterfigur,
die das lavierende Pferd vorn nieder-
drückt, und die mächtige Kruppe steht
in keinem Verhältnis zu der viel zu
geringen Vorhand. Auch der Laie wird
finden, daß das Hälschen und Köpfchen
des Tieres gegen die Riesenfigur des
Reiters viel zu klein erscheinen.“ In
der Tat sind die Haltung von Kopf
und Hals so ungünstig gewählt, daß
len Pferde des großen Bildes in Ma-
drid, scheint meine Ansicht zu bestäti-
gen. Dort ist es viel klarer, daß man
von unten her auf den Pferdekopf
blickt, und dadurch wird das Befrem-
dende des Eindrucks abgeschwächt.*)
Manche Leser werden enttäuscht
sein, wenn sie auch bei einem Ph.
Wouwerman auffallende Mängel in
der Pferdedarstellung nachgewiesen fin-
Aufnahme nach der Natur: Trakehner Hengst»
(Klischee aus Schoenbeck: Das Pferd. Leipzig, Fr. Engelmann.)
man nur schwer eine Vorstellung da-
von gewinnen kann, in welchem räum-
lichen Verhältnis man sich die Vorhand
vorstellen soll. Ich vermute, daß sich
der Maler den Kopf stark vorgestreckt
gedacht hat, was bei dem niedrig ge-
wählten Augenpunkt zu einer schwer
verständlichen Verkürzung führen
mußte. Die kleine Variante in Schleiß-
heim, auf der man an dem Schimmel
die Kopfhaltung des Pferdes deutlicher
unterscheiden kann, als an dem dunk-
den. Die Vorzüge seiner Bilder, die ja
gewiß zumeist aus dem Gedächtnis zu-
sammengestellt waren, liegen eben nicht
in der naturgeschichtlichen Treue, son-
*) Über die verschiedenen Exemplare
dieses Reiterbildnisses vgl. hauptsächlich C.
Justi: Velasquez, 2. Auflage, II., S. 30 ff. und
neuestens W. Gensei: Velazquez. Dem Schleiß-
heimer kleineren Bilde weniger günstig sind
die Erörterungen bei Beruete: Velazquez
(deutsch von V. v. Loga 1909, S. 56) und in
Beruetes neuem Buch „The school of Madrid“
(1909, S, 89 f.).