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Boeck, Kurt
Indische Gletscherfahrten: Reisen und Erlebnisse im Himalaja — Stuttgart [u.a.], 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.16241#0311
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landgletscher sich nach Osten um einen 20150 Fuß (6142 m) hohen
Gipfel herumzieht, der auf dem Bilde hinter dem Gletscherkessel
hervorragt.

Jch hatte vollkommen vergessen, die Zeit zu beachten, und war höch-
lich überrascht, als die Uhr schon auf die vierte Stunde wies; deshalb
stieselten wir mit unsren läugsten Schritten schleunigst bergab, dem Zelt-
lager entgegen. War das Hinaufsteigen sehr anstrengend gewesen,
so war dieser Abstieg außerordentlich gesährlich, denn die glatten
Platten, das lose Geröll und die scharfen Schiefertrümmer boten
ein beispiellos heimtückisches Geschiebe. Mehrmals kamen einzelne
Blöcke unter unsren Füßen ins Gleiten und Rollen, so daß bald die
ganze Scherbenbekleidung der Bergwand mit uns in unaufhaltsam
rasende Abwärtsbewegung geriet und wir so unheimlich schnell bergab
sausten, daß uns das Lachen verging. Jch hatte jedoch mit dem
Tiroler bereits in den siebenbürgischen Karpathen ähnliche nicht
zu unterschätzende Gefahren zu kreuzen gelernt, und so kamen wir
wohlbehalten nach kaum vier Stunden zum Zeltlager zurück. Die
dort versammelten Kulis behaupteten mit bewundernden Blicken,
wir seien heruntergeflogen „wie die Adler"; ob freilich Adlern die
Klauen so entsetzlich geschmerzt haben würden, wie mir meine Füße,
erscheint mir doch fraglich.

Natürlich hatten jetzt die versammelten Kulis den großen Mund
und schwadronierten die ganze Nacht um ihr Feuer aus Pferdemist,
während die Huka von einem Munde zum andren ging. Jch
kümmerte mich nicht darum, sondern schlief nach Genuß meiner
Rindszunge und nach einem langen Zug aus der köstlichen Döldhar-
guelle den Schlaf eines Menschen, der sich sagen konnte, nicht ganz
uutzlos eine schier unglaubliche Menge von Schwierigkeiten über-
wunden zu haben.
 
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