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Zusammenhang und Entstellungszeit der Fälschungen.
Schreibmuster; aber alle Teile der Fälschung beweisen gleichmäßig die Benutzung einer Ausfertigung
der Kanzlei Arnolfs; Chrismon und SR. [ähnlich in Kais.-Urk. VII, 12], im allgemeinen auch die
einzelnen Buchstaben zeigen Nachahmung der Züge, wie sie diesem Kanzleipersonal geläufig waren.
Die Schrift ist meist schön und gleichmäßig. —
Ziemlich unabhängig erscheint die Schrift von Nr. 45; sie ist sehr geziert und ähnelt nur
im Grundkarakter der karolingischen, eigentümlich sind ihr die häufigen re-, mi-, -Äa-Ligaturen.
Alle drei Fälschungen sind auf gutem, glatten Pergament völlig in Diplomform geschrieben.
— Die Siegel sind leider überall abgefallen. —
JL)ie Fälschungen des XII. Jahrhunderts.
Die überwiegende Masse der gefälschten Urschriften gehört nach Schrift und Ausstattung in
die Zeit der oben besprochenen Reichenauer Urkunde des XII. Jahrb.
Tnf. 5. Unter sich nahe verwandt, nicht aber mit der späteren, zusammengehörenden Gruppe zu
vereinigen, sind zunächst die beiden Fälschungen Nr. 25 [Urk. Karls III. v. 881] u. Nr. 39 [Urk.
Arnolfs v. 889]. Dieselben sind auf dickem, rauhen Pergament geschrieben.
Der Gesamteindruck beider Schriftstücke ist bestimmt durch Nachahmung der italienischen
Formen einer echten Vorlage; das ist in manchen Kleinigkeiten mit Sicherheit zu beobachten:
beide zeigen das «-ähnliche kuriale a, das offene p und q [Nr. 25 auch d], die steifen, eckigen
Buchstabenformen, wie sie in den Karolingerurkunden jenseits der Alpen üblich waren; in beiden
sind aber diese Formen in auffallend übereinstimmender Unbeholfenheit gehandhabt, überall be-
merkt man ein erneutes Ansetzen, um den ungewohnten Zügen der Vorlage möglichst gleich-
zukommen; es ist auf Tafel 5 ersichtlich, wie das s in «Signum» gleichmäßig aus 3— 5 Strichen
zusammengesetzt ist; dasselbe gilt von g und o. Während sich kleine Verschiedenheiten, vor allem
die in Nr. 25 noch auffallender hervortretende Ungeschicklichkeit durch dessen fellartiges Pergament
erklären, wird die Identität der Schreiber unzweifelhaft, wenn man das Folgende beachtet; Nr. 25
geht textlich sicherlich auf ein italienisches Muster zurück, wonach erklärlich ist, daß dieses auch als
Schreib vorläge diente, Nr. 39 aber, deren Text lediglich eine interpolierte Wiedergabe der Urk.
Arnolfs Nr. 38 ist, ahmte nicht etwa diese, sondern augenscheinlich dieselbe italienische Urkunde
nach. — Die übereinstimmende Nachahmung ist auch in dem sehr karakteristischen Rekognitions-
zeichen bemerkbar, es vergleicht sich unmittelbar demjenigen von Kais.-Urk. VII, 19 [italienischer
Schreiber], in Nr. 25 mir um wenige Striche vermehrt, in Nr. 3!) verdoppelt. — Beide Fälschungen
tragen echte Siegel; bei Nr. 25 ist dasselbe vermittelst zweier gekreuzter Lederstreifen aufgeheftet1),
bei Nr. 3!) ist das Arnolfsiegel regelrecht befestigt. Die letztere Thatsache, sowie die Rauheit des
Pergaments ließe an Palimpsest denken; das wird jedoch wieder unwahrscheinlich, da der Rücken
des Pergaments ebenso rauh, und von Spuren früherer Beschreibung nichts zu bemerken ist2).
Ich komme zu der großen Gruppe der Reichenauer Fälschungen, welche, unter sich völlig
einheitlich, in ihrem Äußern die gleiche Urheberschaft verraten mit den uns erhaltenen echten
Reichenauer Urkunden von 1.142 u. 1165; von diesen ist deshalb füglich auszugehen.
Nochmals, aber von einer anderen Seite, interessiert uns hier also die Schrift von Nr. 98.
Tafel ' • ■ • ri
[2 u.6 Um ihrer Individualität näher zu treten, ist es nötig, sie im Zusammenhang der gleichzeitigen
>) Dieses Verfahren scheint zu der Zeit vielfach üblich gewesen zu sein; es findet sich noch bei der Reichen-
auer Urk. Nr. ÜO, und dann besonders häufig bei den berühmten Brauweiler Fälschungen [Archiv d. Ges. f. ä. d.
Gesch.-Kunde XII, 116, 125].
-) Das echte Siegel muß also mit Hülfe eines der vielen möglichen Verfahren für die Befestigung echter Siegel
an unechten Pergamenten [Posse, Privaturkunden p. 144] angebracht sein.
Zusammenhang und Entstellungszeit der Fälschungen.
Schreibmuster; aber alle Teile der Fälschung beweisen gleichmäßig die Benutzung einer Ausfertigung
der Kanzlei Arnolfs; Chrismon und SR. [ähnlich in Kais.-Urk. VII, 12], im allgemeinen auch die
einzelnen Buchstaben zeigen Nachahmung der Züge, wie sie diesem Kanzleipersonal geläufig waren.
Die Schrift ist meist schön und gleichmäßig. —
Ziemlich unabhängig erscheint die Schrift von Nr. 45; sie ist sehr geziert und ähnelt nur
im Grundkarakter der karolingischen, eigentümlich sind ihr die häufigen re-, mi-, -Äa-Ligaturen.
Alle drei Fälschungen sind auf gutem, glatten Pergament völlig in Diplomform geschrieben.
— Die Siegel sind leider überall abgefallen. —
JL)ie Fälschungen des XII. Jahrhunderts.
Die überwiegende Masse der gefälschten Urschriften gehört nach Schrift und Ausstattung in
die Zeit der oben besprochenen Reichenauer Urkunde des XII. Jahrb.
Tnf. 5. Unter sich nahe verwandt, nicht aber mit der späteren, zusammengehörenden Gruppe zu
vereinigen, sind zunächst die beiden Fälschungen Nr. 25 [Urk. Karls III. v. 881] u. Nr. 39 [Urk.
Arnolfs v. 889]. Dieselben sind auf dickem, rauhen Pergament geschrieben.
Der Gesamteindruck beider Schriftstücke ist bestimmt durch Nachahmung der italienischen
Formen einer echten Vorlage; das ist in manchen Kleinigkeiten mit Sicherheit zu beobachten:
beide zeigen das «-ähnliche kuriale a, das offene p und q [Nr. 25 auch d], die steifen, eckigen
Buchstabenformen, wie sie in den Karolingerurkunden jenseits der Alpen üblich waren; in beiden
sind aber diese Formen in auffallend übereinstimmender Unbeholfenheit gehandhabt, überall be-
merkt man ein erneutes Ansetzen, um den ungewohnten Zügen der Vorlage möglichst gleich-
zukommen; es ist auf Tafel 5 ersichtlich, wie das s in «Signum» gleichmäßig aus 3— 5 Strichen
zusammengesetzt ist; dasselbe gilt von g und o. Während sich kleine Verschiedenheiten, vor allem
die in Nr. 25 noch auffallender hervortretende Ungeschicklichkeit durch dessen fellartiges Pergament
erklären, wird die Identität der Schreiber unzweifelhaft, wenn man das Folgende beachtet; Nr. 25
geht textlich sicherlich auf ein italienisches Muster zurück, wonach erklärlich ist, daß dieses auch als
Schreib vorläge diente, Nr. 39 aber, deren Text lediglich eine interpolierte Wiedergabe der Urk.
Arnolfs Nr. 38 ist, ahmte nicht etwa diese, sondern augenscheinlich dieselbe italienische Urkunde
nach. — Die übereinstimmende Nachahmung ist auch in dem sehr karakteristischen Rekognitions-
zeichen bemerkbar, es vergleicht sich unmittelbar demjenigen von Kais.-Urk. VII, 19 [italienischer
Schreiber], in Nr. 25 mir um wenige Striche vermehrt, in Nr. 3!) verdoppelt. — Beide Fälschungen
tragen echte Siegel; bei Nr. 25 ist dasselbe vermittelst zweier gekreuzter Lederstreifen aufgeheftet1),
bei Nr. 3!) ist das Arnolfsiegel regelrecht befestigt. Die letztere Thatsache, sowie die Rauheit des
Pergaments ließe an Palimpsest denken; das wird jedoch wieder unwahrscheinlich, da der Rücken
des Pergaments ebenso rauh, und von Spuren früherer Beschreibung nichts zu bemerken ist2).
Ich komme zu der großen Gruppe der Reichenauer Fälschungen, welche, unter sich völlig
einheitlich, in ihrem Äußern die gleiche Urheberschaft verraten mit den uns erhaltenen echten
Reichenauer Urkunden von 1.142 u. 1165; von diesen ist deshalb füglich auszugehen.
Nochmals, aber von einer anderen Seite, interessiert uns hier also die Schrift von Nr. 98.
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[2 u.6 Um ihrer Individualität näher zu treten, ist es nötig, sie im Zusammenhang der gleichzeitigen
>) Dieses Verfahren scheint zu der Zeit vielfach üblich gewesen zu sein; es findet sich noch bei der Reichen-
auer Urk. Nr. ÜO, und dann besonders häufig bei den berühmten Brauweiler Fälschungen [Archiv d. Ges. f. ä. d.
Gesch.-Kunde XII, 116, 125].
-) Das echte Siegel muß also mit Hülfe eines der vielen möglichen Verfahren für die Befestigung echter Siegel
an unechten Pergamenten [Posse, Privaturkunden p. 144] angebracht sein.