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Zusammenhang und Entstellungszeit der Fälschungen.
III. Zusammenhang und Entstellungszeit der Fälschungen.
u m die Entstehungsverhältnisse unserer Fälschungen zu ermitteln, haben wir uns in erster
Linie an das zu halten, was diese selbst in Schrift und Sprache an Anhaltspunkten bieten. Schrift
und Schreibtechnik der Urschriften, Sprachformen und Stil der Texte liefern uns verwendbare
Merkmale.
Den richtigen Zusammenhang für die Kritik bilden die echten, zeitlich fixierten Produkte
der mutmaßlichen Entstehungsstätte der Fälschungen, nämlich die unzweifelhaft aus der Kanzlei
oder Schreibschule des Klosters hervorgegangenen Schriftstücke. Daneben werden wichtige Hülfs-
mittel einerseits die Kaiserurkunden1), welche dem Fälscher möglicherweise hätten vorliegen können,
andererseits die Privaturkunden2) der Umgegend sein; die Kaiserurkunden wegen der von vorn-
herein zu erwartenden Nachahmung, die Urkunden benachbarter Kirchen und Klöster aber, um
die besonderen Eigentümlichkeiten der Reichenauer Urkunden und damit auch der Fälschungen
schärfer hervorgehoben zu sehen. —
Mit Sicherheit für die Reichenauer Schreibschule in Anspruch zu nehmen sind nun aber
nur die Originale Nr. 95 [Urk. Abt Eggehards von 1075], Nr. 98 [Urk. Abt Fridelohs v. 1142], Nr. 90
[Schenkung des Ritters Marchward v. 1165], Nr. 105 [Urk. Abt Diethelms v. 1181]; von den nur in
Kopien vorliegenden Urkunden: Nr. 96 [Abt Ulrich II. für Radolfzell v. 1100], Nr. 100 [Abt Ulrich III.
für Konrad v. Beuern v. 1163], Nr. 102 [Abt Ulrich III. für Radolfzell v. 1169]. Immerhin sind diese
Urkunden über anderthalb Jahrhunderte so glücklich verteilt, und in ihrem Inhalt so vielseitig, daß
sie als bedeutungsvolle Beispiele einer anderweitig als normal erwiesenen Entwicklung gelten können
und für unsere Kenntnis von der Reichenauer Kunst, Urkunden zu verfassen und zu schreiben
zuverlässige Anhaltspunkte gewähren.
1. Das Äußere der Fälschungen.
(Schriftvergleich.)
Der Schriftvergleich gestattet jedenfalls die zuverlässigste Bestimmung von Zeit oder Zeit-
grenzen und Zusammenhang der Fälschungen; in die gewonnenen Gruppen werden sich die nur
in Kopien erhaltenen Stücke leichter einreihen lassen. —
') Außer den Originalen der Reichenauer Kaiserurkunden benutze ich ausgiebig die unschätzbare Publikation
der «Kaiserurkunden in Abbildungen»; — meine pakeographischen Angaben beruhen vorzüglich auf diesen.
2) Für die Privaturkunden Süddeutschlands entbehren wir jeder zusammenfassenden Abhandlung [v. Buchwald
und Posse beschränken sich allein auf Norddeutschland]; ein reiches Material liegt freilich in den Ausgaben der
Urkunden von St. Gallen [St. Gall. ü. B. 1—III], Rheinau und Schaffhausen [Qu. z. Schweiz. Gesch. III, bearb. von
Dr. Baumann u. Prof. Meyer von Knonau] zu bequemer Benutzung vor. Von Originalen stand mir auf längere Zeit
der gesamte Vorrat des General-Landes-Arehivs in Karlsruhe zu Gebote. —
Die Fälschungen sind stets durch kursiven Druck der Nummern von den echten Urkunden unterschieden.
Zusammenhang und Entstellungszeit der Fälschungen.
III. Zusammenhang und Entstellungszeit der Fälschungen.
u m die Entstehungsverhältnisse unserer Fälschungen zu ermitteln, haben wir uns in erster
Linie an das zu halten, was diese selbst in Schrift und Sprache an Anhaltspunkten bieten. Schrift
und Schreibtechnik der Urschriften, Sprachformen und Stil der Texte liefern uns verwendbare
Merkmale.
Den richtigen Zusammenhang für die Kritik bilden die echten, zeitlich fixierten Produkte
der mutmaßlichen Entstehungsstätte der Fälschungen, nämlich die unzweifelhaft aus der Kanzlei
oder Schreibschule des Klosters hervorgegangenen Schriftstücke. Daneben werden wichtige Hülfs-
mittel einerseits die Kaiserurkunden1), welche dem Fälscher möglicherweise hätten vorliegen können,
andererseits die Privaturkunden2) der Umgegend sein; die Kaiserurkunden wegen der von vorn-
herein zu erwartenden Nachahmung, die Urkunden benachbarter Kirchen und Klöster aber, um
die besonderen Eigentümlichkeiten der Reichenauer Urkunden und damit auch der Fälschungen
schärfer hervorgehoben zu sehen. —
Mit Sicherheit für die Reichenauer Schreibschule in Anspruch zu nehmen sind nun aber
nur die Originale Nr. 95 [Urk. Abt Eggehards von 1075], Nr. 98 [Urk. Abt Fridelohs v. 1142], Nr. 90
[Schenkung des Ritters Marchward v. 1165], Nr. 105 [Urk. Abt Diethelms v. 1181]; von den nur in
Kopien vorliegenden Urkunden: Nr. 96 [Abt Ulrich II. für Radolfzell v. 1100], Nr. 100 [Abt Ulrich III.
für Konrad v. Beuern v. 1163], Nr. 102 [Abt Ulrich III. für Radolfzell v. 1169]. Immerhin sind diese
Urkunden über anderthalb Jahrhunderte so glücklich verteilt, und in ihrem Inhalt so vielseitig, daß
sie als bedeutungsvolle Beispiele einer anderweitig als normal erwiesenen Entwicklung gelten können
und für unsere Kenntnis von der Reichenauer Kunst, Urkunden zu verfassen und zu schreiben
zuverlässige Anhaltspunkte gewähren.
1. Das Äußere der Fälschungen.
(Schriftvergleich.)
Der Schriftvergleich gestattet jedenfalls die zuverlässigste Bestimmung von Zeit oder Zeit-
grenzen und Zusammenhang der Fälschungen; in die gewonnenen Gruppen werden sich die nur
in Kopien erhaltenen Stücke leichter einreihen lassen. —
') Außer den Originalen der Reichenauer Kaiserurkunden benutze ich ausgiebig die unschätzbare Publikation
der «Kaiserurkunden in Abbildungen»; — meine pakeographischen Angaben beruhen vorzüglich auf diesen.
2) Für die Privaturkunden Süddeutschlands entbehren wir jeder zusammenfassenden Abhandlung [v. Buchwald
und Posse beschränken sich allein auf Norddeutschland]; ein reiches Material liegt freilich in den Ausgaben der
Urkunden von St. Gallen [St. Gall. ü. B. 1—III], Rheinau und Schaffhausen [Qu. z. Schweiz. Gesch. III, bearb. von
Dr. Baumann u. Prof. Meyer von Knonau] zu bequemer Benutzung vor. Von Originalen stand mir auf längere Zeit
der gesamte Vorrat des General-Landes-Arehivs in Karlsruhe zu Gebote. —
Die Fälschungen sind stets durch kursiven Druck der Nummern von den echten Urkunden unterschieden.