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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0395

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VI. Die griechische Kunst zur Zeit der römischen Herrschaft.

391

kleides geweiht angeführt wird, immer aber wird durch diese mir früher nicht
bekannten Zeugnisse Telesarcbides mindestens in die Zeit des Aristophanes
hin aufgerückt, aus dem Hesychius sein Werk citirt.

Charakter der athenischen Kunst in dieser Periode.

Die folgende Untersuchung hat sich vornehmlich auf die erhaltenen Werke
der athenischen Künstler dieser Periode zu stützen. welche deshalb hier noch-
mals kurz im Zusammenhange aufgezählt werden mögen.

Der Heraklestorso des Apollonios:

der farnesische Herakles des Glykon, nebst einer geringeren Wieder-
holung in Volterra;

ein Satyr von Apollonios in der Egremont'schen Sammlung;
ein Apollo von demselben;

der sogenannte Germanicus von Kleomenes im Louvre;

eine Bronzebüste von Apollonios in Neapel;

die mediceische Venus von Kleomenes;

die Pallas von Antiochos in der Villa Ludovisi;

die Karyatiden des Diogenes im Vatican und im Palazzo Giustiniani(?);
die Karyatide von Kriton und Nikolaos in der Villa Albani;
die Ära mit dem Opfer der Iphigenia von Kleomenes in Florenz;
die Marmorvase aus Gaeta mit der Pflege des Dionysosknaben von
Salpion;

die Marmorvase mit bacchischen Figuren von Sosibios in Paris.

Die vorzüglicheren dieser Werke gehören in das letzte Jahrhundert der
Republik oder das erste des Kaiserreiches; von den übrigen ist wohl keines
jünger als etwa die Zeit des Hadrian oder der Antonine.

Bei einem Rückblick auf den allgemeinen Charakter der athenischen Kunst 560
in früheren Zeiten werden wir leicht bemerken, dass sie denselben auch in
dieser späteren Zeit noch nicht völlig eingebüsst hat. Wir finden Bilder von
Göttern oder göttergleichen Heroen, selbst ein Portrait in göttlicher Gestaltung,
Karyatiden, Altäre und Vasen, welche fast ohne Ausnahme zum Schmucke ge-
weihter Räume bestimmt gewesen zu sein scheinen. So sehr auch bei einzelnen
dieser Werke ein Streben nach einer allgemein menschlichen Anmuth hervor-
treten mag: immer bleibt die Thätigkeit für Zwecke der Religion und in Folge
davon die Richtung auf ideale Gestaltung ein charakteristisches Kennzeichen
dieser Schule.

Was uns die noch erhaltenen Werke lehren, das findet in den übrigen
Nachrichten über attische Kunst, sowohl in Rom, als in Athen selbst und ander-
wärts, die vollste Bestätigung. Denn was etwa von zahlreichen Ehrenstaluen
gemeldet wird, darf auf unser Urtheil keinen bestimmenden Einfluss ausüben:
diese Thätigkeit gewährte der Kunst, so zu sagen, das tägliche Brot, nicht aber
den Antrieb zu höherem künstlerischen Schaffen; und nicht anders mochte es
sich mit den von Plinius ganz summarisch behandelten Statuen von Athleten,
Bewaffneten, Jägern und Opfernden verhalten. Dagegen beruht gleich am An-
fange dieser Periode das hohe Ansehen des Polykles und seiner Umgebung
 
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