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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 3.1906/​1907

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von Hoerschelmann, E.: "Die Heilige Grotte", [2]: (Sacro Speco)
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https://doi.org/10.11588/diglit.53750#0111

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DIE HEILIGE GROTTE ^3

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C.PLÜCKEBAUM

Sommerausstellung in Düsseldorf 1906. Text Beil. S. II

MADONNA

»DIE HEILIGE GROTTE«
(SACRO SPECO)
Von E. von HOERSCHELMANN
(Fortsetzung)
r~Aie nur kärglich zugemessene Zeit — den
massiven Stoff, der meiner Umschau harrte,
im Zeitraum weniger Stunden nur einiger-
maßen zu übersehen, war gewiß keine kleine
Aufgabe! — verhinderte mich zu erfahren :
welch eigentümliche Verkettung von Um-
ständen es gefügt haben mochte, daß der
Enkel eines deutschen Generals sich genötigt
sah, mit dem »cibo grossolano dei monaci«,
das er selbst mit dem Bemerken »tra noi sia
detto« als solches bezeichnete, vorlieb zu
nehmen und im abgetragenen Gewand eines
Klosterdieners einherzugehen 1
»Diesen«, so sagte ich mir, als wenige
Minuten später die Tür, durch die der unschein-
bare Kustode verschwunden war, sich wieder
öffnete, und der mir in Aussicht gestellte
»Kenner vom Sacro Speco und seiner Ver-
gangenheit« in derselben erschien, »könnte
ich mir schon eher als den Nachkommen
eines Vornehmen und eines Soldaten aus
großen, weltbewegenden Tagen denken!«
Eine auffallend hohe Gestalt in noch jugend-
lichem Alter, trat Fra Gregorio mit dem un-
verkennbaren Anstand des geborenen Welt-
manns und Kavaliers auf mich zu. »Womit
kann ich Euch zu Diensten sein, Signora?« und
einen Stuhl herbeirückend: »Zunächst dürfte
es, wenn ich mich nicht irre, ratsam sein,

Euch ein wenig Erholung zu gönnen. Wenn
Ihr zu Fuß heraufgekommen seid, dann er-
laube ich mir zu bemerken, habt Ihr Euch
auf eine abermalige Wanderung gefaßt zu
machen!« »Nach allen unterwegs empfan-
genen Eindrücken«, entgegne ich, indem ich
nicht ungern von der Einladung des Frate
Gebrauch mache, »bin ich nicht wenig ge-
spannt, mich auch in den Innenräumen von
Sacro Speco umzusehen. An allerlei Sehens-
wertem dürfte es hier nicht fehlen.«
»Wenn Ihr, wie ich voraussetze, die Ge-
legenheit, dem Entwicklungsgang der italieni-
schen Kunst durch sechs Jahrhunderte nach-
zugehen, als etwas Sehenswertes gelten
laßt«, entgegnet Fra Gregorio, seinen schönen,
stolzen Kopf ein wenig zurückwerfend und
mit einem überlegenen Lächeln, das ihm aber
nicht übel zu Gesichte steht, »so werdet Ihr
Euch über das Resultat einer Umschau, bei
der ich Euch nach Kräften als Cicerone zu
dienen bereit bin, gewiß nicht beklagen.«
Damit wendet die stattliche Gestalt des Frate
sich nach dem in devoter Haltung neben ihm
stehenden Kustode herum: »Die Mittags-
glocke hat soeben geläutet« und mit einem
höflichen Achselzucken: »Sie entschuldigen,
Signora, aber wir haben unsere Vorschriften,
gegen welche wir nicht verstoßen dürfen.«
»Da, Giovanni, gib die Schlüssel her. Ich
werde, bis du wieder zur Stelle bist, selbst
den Kustode machen.«
Während ersterer der erhaltenen Weisung
Folge leistet und dem angrenzenden Korridor

Die christliche Kunst. III. 4.

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