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Curtius, Ernst
Gesammelte Abhandlungen (Band 2) — Berlin, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.33815#0009

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Vorwort.

V

topographischen Studien in ein neues Stadium getreten, und
als ich mich von der südlichen Halbinsel dem attischen Boden
von neuem zuwandte, wurde mir jetzt die Beschäftigung mit
attischer Stadtgeschichte zu einer Quelle des reinsten Genusses,
da alle Terrainformen mit künstlerischer Hand gezeichnet
vorlagen.

Otfried Müller hat nicht nur für die städtische Topographie
den richtigen IVeg gezeigt, sondern auch ftir die Ahdksgeschichte
der Hellenen, indem er darauf hinwies, dafs ein ausgiebiges
Kartenmaterial unenthehrlich sei, um die Züge der Stämme,
die Uebertragung der Ouite, die Entwicklung der Landschaften,
die Wege der Oolonisation zu beurtheilen. Er hat schon sein
„Orchomenos" mit einer Karte der Flufsthäler des Kephisos
und Asopos begleitet, und für seine „Dorier" war der erläuternde
Text zur Karte des nördlichen Griechenlands eine unentbehr-
liche Zugabe. Seine Karten bezogen sich wesentlich auf den
griechischen Oontinent und damit hängt der Umstand zusammen,
dafs das nördliche Festland ihm ausschliefslich als Ursitz der
griechischen Stämme erschien. So ist es gekommen, dafs merk-
würdig lange das Landgehiet, weiches ungefähr dem jetzigen
Königreich der Hellenen entspricht, als der Schauplatz der
äiteren Oeschichte des Volks angesehen worden ist. Hier bin
ich am meisten von meines Lehrers Bahnen abgewichen, indem
ich darauf hinwies, dafs die Gegengestade des Archipelagus viei
enger mit einander zusammenhängen, als die Nachbarländer
des Oontinents. Die maritimen Zuwanderungen sind, weii sie
allmählich erfoigten, im Gedächtnifs des Volkes verschwunden.
Hier mufste die Ueberlieferung auf Grund topographischer Nach-
weise ergänzt werden, und wenn es nach Wilheim von Hum-
boldt (über die Aufgabe des Geschichtschreibers) der dem
Historiker unentbehrlichen Kraft der Phantasie bedarf, um den
ursächlichen Zusammenhang, den die Geschichtsbetrachtung
verlangt, herzustellen, so mufste hier der Versuch gemacht wer-
den, die ionische Zuwanderung in die Volksgeschichte einzu-
reihen. Soviel nachträglich zu Bd. I S. 390.
 
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