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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 16.1898

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Vogelmann, Albert: Besuch des letzten Fürstpropstes von Ellwangen in dieser seiner Residenz im Jahre 1793, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18488#0009

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und Schulwesen sehr besorgt, wie er über-
haupt ein Monn von liebenswürdige»!
Charakter, voll Wohlwollen für seine Ilnter-
lhanen und von nngehcnchelter Frömmig-
keit >var.
Ein »»derer Punkt, über den sich der
eine oder andere Leser wundern dürfte,
ist der bei diesem Besuche entfaltete
Prunk samt den dadurch veranlaßten Aus-
gaben. Es darf aber nicht vergessen wer-
den , um welche Zeit cs sich handelt.
Zwar lag das alte Deutsche Reich sozu-
sagen in den letzten Zügen; allein seil
langer Zeit hatten die deutschen Fürsten
den Glanz des französischen Hofes nach-
geahmt und sich so sehr daran gewöhnt,
daß sie es bei aller Entkräftung des Reichs
ihrer Würde schuldig zu sein glaubten,
den äußeren Schein der alten Herrlich-
keit zu wahren. UeberdieS war Klemens W.
(geboren 1739) ein Sohn des Friedrich
August II., Kurfürsten von Sachsen und
Königs von Polen, war also im Glanze
eines Hofes ausgewachsen und hatte dann
als österreichischer Generalfeldmarschall-
lientenant gedient, eine Stellung, die er
schon 1761 mit dem geistlichen Stande
vertauschte (seine Primiz feierte er am
1. Mai 1764). Von seinen Titeln, die >
freilich zum Teil nur Ncminiscenzen ent-
hielten, sind ans einem riesengroßen Augs-
burger Kirchenkalender (182 cm hoch,
63 cm breit) st folgende anfgeführt: „Kle-
mens WenceSlaus von Gottes Gnaden
Erz-Bischof von Trier, des hl. römischen
Reichs durch Gallien und daS Königreich
Arelat (Burgund) Erz-Canzler und Chnr-
fürst, Bischof zu Augsburg, nämimstmtor
der gefürsteten Abtei zu Prim (sonst Prüm),
Loncksutor deS Fürst!. Stiffts Ellwang.

lieber solche Wandkalender s. diese Zciischr.
Jahrg. 13 (1895), Nr. 10, S. 1k>0 Anui. und
Jahrg. 14, Nr. 6, S. 87, Sp. 1 unten. Auch
bei diesem Augsburger Kalender nehmen die in
Kupser gestochenen Bilder und Inschriften weit-
aus den größten Raum ein und müssen älter
sein als das ansgetlebte, mit Typen gedruckte
Kalendarium ans 1787, da Klemens W. in diesem
I. nicht nrehrsKoadjutor. sondern bereits Propst
von Elltvangen war. Inzwischen halten wir
Gelegenheit, zwei weitere solcher schninckreichen
Wandkalender zu sehen, einen der „Tentschen
OrdensballeyFranken" (Ellingcn) anfdnSJ. 1763,
und einen Freysinger Hochstiftskalender ans das
I. 1793.

König!. Prinz von Pohlen und Lithanen,
Herzog zu Sachsen w. w."
Das nnn folgende ist, einige Zusätze ab-
gerechnet, einem starken geschriebenen, Herrn
Maler A. Stiibenvoll in Ellwangen gehö-
rigen, Folioband entnommen, der zuerst
ans 16 halbbrüchigen Seite» ein zwar von
keinem Beamten nnterzeichnetcS, aber doch
offenbar offizielles „Diarium" vom 25. Sep-
tember bis 23. Oktober 1793 einhält.
Hierauf folgt eine Masse von nicht am
besten geordneten Beilagen, größtenteils
Originalrechnnngcn. Ans diesen Beilagen
geben wir zunächst Auszüge, die Vorbe-
reitungen zur Ankunft des Kurfürsten in
Ellwangen betreffend, woran sich dann
eine vereinfachte Auszählung des Gefolges
schließt. In das größtenteils wörtlich
wiedergegebene Diarium werde» sodann
Angaben ans den Beilage» eingeflochlen
und einiges ans den Rechnungen »»gefügt.
Der Kurfürst hatte in der letzten Zeit
zu O b e r n dorf verweilt. Dieser Markt-
flecken (oft weniger richtig Oberdorf oder
gar Oberstorf geschrieben) im Allgäu, süd-
lich von Jmmenstatt und Sonthofen, war
eine der vielen Ortschaften, die zu dem
von Nord nach Süd weitgedehnlcn welt-
lichen Gebiet des Bischofs voll Augsburg
gehörten. Im Schlosse deS in stiller Ein-
samkeit, reizend am Eingang in daS Hoch-
gebirge gelegenen Fleckens hielt sich Kle-
mens W. gerne in der Sommerfrische ans. H
Der Aufenthalt dauerte diesmal länger,
als beabsichtigt war. Für die Ankunft
des Fürsten in der Propstei war nämlich
ursprünglich der 2. August bestimmt. Von
Oberndorf ans bestand schon gegen Ende
des Juli ein Briefwechsel einer „Reichs-
frciherrlichen Excellenz" (ohne Zweifel
war eS der Neisemarschall von Thünefeld)
mit dem Hofkanimerrat Cleander Hefele
in Ellwangen, zuerst über die Frage, wer
die Kostreicbnng für die Dienerschaft über-
nehmen wolle. Sodann wird dcr Tape-
zier Weiß mit seiner Schwester nach E.
geschickt, wo er anfangs Anglist einirifft.
*) Daselbst hat er auch, nachdem er infolge
dcr Säkularisation alle seine Würden bis auf
die bischöfliche zu Augsburg verloren hatte, ini
Juli 1812 sein Leben beschlossen und seine letzte
Ruhestätte gefunden. Sein Herz aber wurde
im folgenden Monat von seiner erlauchten
Schwester Kunigunde in der Gruft des hl. Ulrich
in Augsburg bcigcsetzt.
 
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