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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 16.1898

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Mone, Fridegar: Bemerkungen zu Herrn Detzels "Christl. Ikonographie, Handbuch zum Verständnis der christl. Kunst" (Freiburg, 1894-96, bei Herder, 2. Bde.), [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18488#0059

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hierin nichts ändern. Die richtige Be-
zeichnung der Sache nnd des Inhaltes
des Bnches hat Charles Cahier in den
Worten: carnctöristicgues cies Lnints
6nns IRrt populnirs weit besser gegeben.
Man möchte dem entsprechend dem Detzel-
schen Buche den Titel wünschen: „Die
bildende Künste im Dienste der christlichen
Andacht, oder im Dienste des betrachten-
den Gebetes." Damit wäre auch die
Architektur mit inbegriffen. Ein solcher
Titel hätte jede weitere Definition, oder
Versuche einer Definition, überflüssig ge-
macht. Es wäre dann selbstverständlich
gewesen, daß Bibelillustrationen, Evange-
lienbilder und biblische Landschaft nicht
in eine sogenannte „Ikonographie" gehören,
weil sie nicht aus dem betrachtenden Ge-
bete hervorgegangen sind und nicht zur
nrt poprilnire (zur volkstümlichen Kunst-
leistung) zu rechnen sind. Ferner wäre
damit die ganze Kunst der Katakomben,
d. h. die aus der Zeit, als das Christen-
tum noch Arkanreligion war, stammenden
Bildwerke ausgeschieden worden, indem
man jene altchristliche Kunst jetzt nicht
mehr zur nrt populnire rechnen kann.
Das betrachtende Gebet ist die Erhebung
der ganzen menschlichen Seele, des Herzens,
des Gemütes, Gefühles, des Verstandes
und der Phantasie zu Gott, wie er sich
geofsenbart hat. Diese Erhebung der
Seele ist ein Akt des freien Willens und
durchaus individuell. Es versteht sich von
selbst, daß die bildenden Künste, Malerei,
Plastik und Architektur, wie die sogenann-
ten Kleinkünste, ebenso in den Dienst des
betrachtenden Gebetes, d. h., der Erhebung
zu Gott gestellt werden können, wie die
Poesie, der Gesang und die Instrumental-
musik von jeher bei allen Völkern in den
Dienst des betrachtenden Gebetes gestellt
worden sind.
Jene Erhebung der ganzen menschlichen
Seele zu Gott kann durch die Sprache
der Musik oder des Gesanges, sie kann
in Worten oder in mimischen Bewegungen
des Körpers, oder in der Schrift und in
Bildwerken gedacht und wirklich aus-
geführt werden. Bedient sich der Mensch
für sein betrachtendes Gebet der Sprache
der bildenden Künste, so nennt man dies
christliche Kunst oder Ikonographie oder
besser Jkonologie. Durch mimische Be-

wegungen des menschlichen Körpers spricht
sich das betrachtende Gebet in der hl. Messe,
beim Krenzeszeichenmachen, beim Hände-
falten, beim Knieen, beim Segnen, beim
Schlagen auf die Brust, wie bei Spen-
dung der Sakramente aus. Daraus er-
giebig sich, daß das betrachtende Gebet als
historische Kompositionslehre der bildenden
Künste anfzufassen ist. Bei dieser De-
finition von christlicher Ikonographie ist
den bildenden Künsten eine hohe Stellung
in dem geistigen Leben des Menschen ein-
geränmt.' Die gegebene Begriffsbestimmung
erleichtert aber auch wesentlich das Ver-
ständnis der christlichen Kunstwerke. Die
letzteren werden nach diesem Prinzips am
leichtesten und schnellsten erklärt. Der
Ausspruch: „durch die Religion werden
die bildenden Künste in den hohen Adel-
stand erhoben," hat manches für sich.
Zunächst dürfte man von einer christ-
lichen Ikonographie erwarten, daß der
Leser belehrt werde, was die Stein-
reliefs an den alten romanischen Kirchen
und auch an den gotischen zu bedeuten
haben, wie der Fischmensch, der Centaur,
der Bogenschütze, der Vogel Greis n. s. w.
Denn nicht so selten ereignet sich der Fall,
daß ein katholischer Priester vor einem
derartigen Bilde des II. —13. Jahrhun-
derts steht und kein Wort zur Erklärung
zu sagen weiß! Eine christliche Bilder-
kunde soll gleichsam als Wegweiser oder
Führer beim Besichtigen der alten roma-
nischen nnd gotischen Kirchen dienen. Damit
ist die Frage angeregt, ob das Werk von
Detzel dem praktischen Bedürfnisse voll-
kommen entspreche. In nicht wenigen ein-
zelnen Bildwerken ist dies nicht der Fall.
Man durfte schon im ersten Bande er-
warten, daß die Gegenstände genauer auf-
gezählt würden, an welchen sich bildliche
Darstellungen von der oder jener sinn-
bildlichen Bedeutung finden, als S. 36
bis 44 geschehen, z. B. das alte Kirchen-
portal in Remagen, der Figurenfries
unter dem Hahnentnrm im Freiburger
Münster, das Bild im Thürstürze zu
Pfeddersheim u. a. mehr. Die Angabe
S. 36 über das sog. Tetramorph hätte
vollständiger sein sollen. So fehlt z. B.
das Tetramorph auf dem alten Glasge-
mälde im Freiburger Münster. Die evan-
gelischen Symbole sind S. 33—36 nn-
 
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