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Beck, Paul [Editor]; Hofele, Engelbert [Editor]; Diözese Rottenburg [Editor]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 19.1901

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Vor 100 Jahren - Aus einem alten Neresheimer Klostertagebuch, [10]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18109#0022

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ihm eine schriftliche Requisition, allein er
weigerte sich, mir selbe zn geben, nnd ver-
wies mich an den Eskadron-Chef Ghinghni,
wie er ihn nannte, welches aber wohl sein
rechter Name nicht war, nach Nördlingen.
Ich reiste dahin ab, stieg bei Herrn Nenz
ab nnd nahm da mein Quartier. Der
Eskadron-Chef hatte sein Qnartier in
der Krone. Ich machte ihm da einen
Besnch und bat mir eine Erklärung über
die Requisition ans, die einer seiner unter-
geordneten Offiziere an die Abtei nur
mündlich gemacht hätte. „Dieses geschah
ans meinen Befehl," antwortete er mir,
„auch ich werde Ihnen keine schriftliche
Requisition geben, allein Sie werden hier-
in diesem Hanse so lange mein Gefangener
bleiben, bis Sie die verlangten Artikel
werden abgeliefert haben." Ich erklärte
ihm, daß ich wohl wüßte, daß er nicht
das Recht habe, eine solche Requisition zn
machen, daß seine Weigerung, sie schriftlich
zn geberr, mir eirr neuer klarer Beweis
davon sei, und daß ich dieses Verfahren
und diese Gewaltthätigkeit seiner Zeit am
gehörigen Orte anzuzeigen wissen würde.
Ich setzte hinzu, daß ich mich übrigens
nicht weigern werde, an dem Geforderten
etwas zu liefern, daß aber das Ganze
nicht geliefert werden würde noch könnte,
indem es die gegenwärtigen Kräfte meines
Klosters weit übersteigen. Ich versprach
ihm 40 Louisdor bei dem Herrn Nenz
anznweisen. Er verwarf dieses Anerbieten
mit Unwillen; indessen erlaubte er mir
doch auf mein Ehrenwort, morgen in der
Frühe wieder zu kommen, in weite Quar-
tier zu Herrn Nenz zu gehen. Hier er-
fuhr ich, daß ein reitender Bote von Neres-
heim vor das Stadtthor gekommen, über-
reicht hereingelassen worden sei, der mir
die Nachricht habe bringen wollen, daß
das franz. Detachement, welches heute
in Neresheim eingerückt war, von da, ohne
weiter etwas zu begehren, wieder abgezogen
sei. Dieses hinterbrachle mir ein Korporal
der Nördlingschen Stadtthorwache, welcher
mit dem Boten gesprochen hatte. Am 31.
Dezbr. in aller Frühe kam der Oberst
selbst zu mir zu Herrn Renz, begleitet
vom Rittmeister, der gestern in Neresheim
war. Er war heute gegen mich viel höf-
licher und artiger als gestern. Er fragte
mich, ob ich mich wegen feiner Forderung

noch keines Besseren bedacht hätte. Ich
wiederholte ihm meinen gestrigen Antrag
mit dem Beifügen, daß ich fest entschlossen,
mich auf nichts weiteres einzulassen! —
„Um mich Ihnen gefällig zu zeigen," ant-
wortete er mir, „so will ich auch an
Geld nichts weiteres fordern, weisen sie
mir noch dazu 30 Ellen braunes Tuch
an und ich bin zufrieden." Ich sprach
darüber noch einmal mit Herrn Renz.
Dieser sagte mir, ich sollte froh sein, noch
so gut ans diesem schlimmen Spiel zn
kommen, indem andere Orte und Stände,
wo diese Räuber hingekommen, namentlich
auch Nördlingen, noch viel ärger geprellt
worden wären. Ich schrieb daher eine
Anweisung an Herrn Nenz, dem Obersten,
im Namen des Reichöstists Neresheim, 40
Louisdor auszuzahleu, und 30 Ellen
braunes Tuch, die Elle ü 2 fl., verabfolgen
zu lasseu und eine gültige Quittung über
diese Lieferung zu besorgeu und trat meine
Rückreise nach Neresheim an. Alle Thore
von Nördlingen waren gesperrt, kein
Mensch durfte hinaus, oder herein, nnv
nur aus ein Handbillet des Obersten wurde
mir das Thor geöffnet, wobei die ganze
Thorwache ins Gewehr trat. So brachte
ich meinen heutigen Geburtstag, — so
die zwei letzten Tage des 18. Jahrhunderts
zu! Wie merkwürdig muß mir nicht das
veiflesseue Jahr besonders die 7 letzten
Monate desselben Vorkommen, da es so
reich an neuen Ereignissen und Geschäften
für mich war!
Wir hofften das neue Jahr uud das
neue Jahrhundert ruhiger anzufangen, als
wir das alte geendet hatten, besonders da
wir von einem gemachten Waffenstillstand
Nachricht erhielten. Die ersten Tage war
es auch bei uns und in unserer Gegend
ganz ruhig. Diese Ruhe dauerte aber
nicht lange! — Denn schon den 6. Januar
1801 schickte uns der Platzkommandant
Ferrier von Donauwörth vier Manu als
Exekution. Erhalte nämlich schon den 21.Dez.
v. I. eine Requisition von 300 Säcken an
uns gemacht, welche wir nicht lieferten,
weil wir diese Requisition für illegal hielten.
Der Abt schickte heute den ?. Großkeller
nach Douanwörth, um diese Sache in Nich-
tigkeit zu bringen, welches auch mit 211
Louisdor geschah. Nach der Zurückkunft
desselben zog die Exekution wieder ab, die
 
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