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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 21.1903

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Beck, Paul A.: Zeit- und Sittenverwechslungen (Anachronismen) in der darstellenden Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.18333#0048

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— 40

einem solchen Werkzeuge ein un-
widerlegliches Zeugnis abgeben.
Einen haltbaren Beweis e> bringt die Lorcher
Darstellung bloß dafür, daß solche Ma-
schinen damals (d. h. zur Zeit der Ent-
stehung des Bildes) schon in Schwaben
nicht unbekannt gewesen sind. — Ebenso
ließen bildende Künstler des 15. und 16.
Jahrhunderts den Sohn des TitnS, Man-
lius Torquatns, durch eine Art von Köpf-
maschine hinrichten, was nicht nur auf
einem hochinteressante» Schnitzwerke im
Rathaus zu Lüneburg aus dem 15.
Jahrhundert, sondern auch ans einer ganzen
Reihe von Holzschnitten oder Kupferstichen
aus dem folgenden Jahrhundert zu sehen
ist, so ans einem durch Georg Penz,
einen Schüler A. Dürers, um das Jahr
1535 verfertigten Kupferstiche in 8", auf
einem 1552 oder 1553 von Albrecht
Aldegrever verfertigten Knpferblattin 8°,
auf einem Holzschnitte in „Jost Ammans
Figuren zur Geschichte des Livins mit
kurzen Summarien von H. P. Rebenstvck,
Frankfurt, 1573, 4°" (nach Zeichnungen
des Salzbnrgischen Malers Joh. Bocks-
perger). Nicht minder kommen sogar in
der älteren Ikonographie der Heiligen nicht
wenig solche Darstellungen von Hin-
richtungen durch eine der Guillotine ganz
ähnliche Maschine vor, so die Hinrichtung
des Apostels Matthias auf einem von
Lukas Cra n a ck verfertigten Holzschnitte
in G. Rhaws 1548 zu Wittenberg in 4°
erschienenen, schon oben erwähnten Hortulus
emimns (Lustgarten der Seele); knieend
beugt hier der Märtyrer seinen Nacken unter
das tödliche Eisen. Ein Scharfrichter faßt
das Seil und ist im Begriff, das an demselben
innerhalb der beiden Hanptbalken des Ge-
stells herabhängende Beil losznlassen, »m,
in den Fugen hernnterstürzend, das von
einem Offizianten niederwärts gehaltene
Haupt vom Körper zu trennen. Weiter
die gleiche Darstellung ebenfalls von Kranach
in der in Frankfurt a. M. bei CH. Egenolph
1551 gedruckten Bibelansgabe (»Liblin V.
et 51. 4Z biblische Historien künstlich für-
gemalt, .... mit Holzschnitten, 8°"); der
dritte Teil dieser Bibel, in welcher sich
der angezeigte Holzschnitt befindet, führt
den besonderen Titel t »Znirctorum et
mnrt)-ruln Eliristi icorres cquneclam
urtitreiomssimae, der -Heiligen und Mär-

tyrer Gottes künstliche Bildnisse" (s. Jos.
Heller, L. Kranachs Leben und Werke,
Bamberg bei K. F. Kunz, 1821); ebenso
auf einem Holzschnitte in der 1549 und 1551
zu Wittenberg von dem Weißenfelser Pre-
diger Joh. Pollicarins heransgege-
benen LebenSbeschreibnng der Apostel
(„.... Der h. 12 Apostel Ankunft, Be-
ruf, Glauben, Lehr, Leben und sel. Ab-
sterben .... aus hl. Schrift.— zusammen-
gestellt durch Georg Schrwen Erben").
In einem 1551 und 1564 zu Frankfurt
am Main gedruckten katechetischen Werke
des Lukas Löss! ns (»OtinaelaurAenLlL,
nnnotntiones sclrolnsticLe in
evnnAelia ctominicalia et en, cqune in
lestis, )esn Ellristi et ZLnetorunr esns
prsecipum IsZuntur in ecclesin«) findet
sich ein Holzschnitt, welcher die Enthauptung
des Apostels Paulus mit einem Fallbeile
darstellt. Die das tödliche Eise» tragenden
Säulen, zwischen denen der Mordblock steht,
sind sehr hoch; der Kopf liegt ans den
letzteren, ohne von jemanden gehalten zu
werden. Dasselbe Werk enthält weiter
einen Holzschnitt mit der Abbildung der
Hinrichtung des hl. Apostels Jakobus
durch eine Köpfmaschine. Letztere weicht
aber (nach der von I. W. M. Heyer
in „Bragur^ VI, Abt. 1 gegebenen Be-
schreibung und Abbildung) — seltsamer-
weise — von den bisherigen Darstellungen
etwas ab. Es fehlt das hohe Gestell,
zwischen welchem sonst das Beil auf den
Nacken des zu Enthauptenden niedergleitet.
Zwischen zwei kleinen ansrechtstehenden
Balken liegt der Block, auf welchen der
Märtyrer knieend sein Haupt hinlehnt.
An dem obersten Ende des einen dieser
Balken ist mittels des an einen eisernen
Ring geknüpften Seils das Eisen be-
festigt, welches nach erfolgter Losbindnng
zwischen den Fugen beider Balken anf-
nnd abgeschoben werden kann. Indem der
Scharfrichter dasselbe mit der einen Hand
gerade über den Nacken des Delinquenten
znrechtsetzt, hält er mit der anderen einen
hölzernen walzenförmigen Hammer aufge-
hoben, um damit auf das Eisen zu schlagen
und so die Trennung des Kopfes vom
Rumpfe zu bewirken. Heyer hält diese
Maschine für die einfachste und älteste,
wovon das erstere in gewissem Sinne zn-
zngeben sei», das letztere aber in Er-
 
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