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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0069

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lien, erfolgt in öffentlicher Sitzung der Akademie am 3.
August d. I."

Wir sind überzeugt — und Alle, welche die Verhält-
nisse etwas genauer kennen, werden mit uns darin über-
eiustimmeu —, daß es kein Mitglied des akademischen
Senats giebt, welches im Ernst daran glaubte, es könne
irgend einer der jungen Leute, welche als Sieger ans der
Konkurrenz hervorgehen, von einem zweijährigen Aufent-
halte in Italien den geringsten Vortheil für seine künst-
lerische Ausbildung haben.

In der That, warum werden sie eigentlich nach Italien
geschickt? Um die Alten zu stnviren? Aber haben wir an
Ort und Stelle denn keine Alten, die stndirt werden könnten?
Bietet das Nene Museum für den Bildhauer nicht eine Aus-
wahl des Besten und Bedeutendsten dar, was die Alten
überhaupt geschaffen? Oder ist die Technik in ihrer
höheren Entwicklung nur in Italien zu Hanse? Etwa in
den Ateliers von EmilWolff, Gibson oderTroschel?
Oder handelt es sich nur um eine Bergnügeustour, als
Belohnung für Fleiß und Talent? Wir forschen verge-
bens nach einem plansibeln Grunde; wohl aber steht —
und besonders bei denen selber, welche ans Italien znrückkom-
men — fest, daß sie besser gethan hätten, in irgend ein
Meisteratelier von begründetem Ruf einzntreten, als auf
dieser zwecklosen, ja schädlichen „Studienreise" zwei, be-
züglich drei Jahre ihres Lebens und zwar in einer Zeit zu
verschwenden, in der sie den Grund zu einer tüchtigen und
gediegenen künstlerischen Ausbildung hätten legen können.

Wenn dieser Aufenthalt in Rom schon für die Bild-

hauer eine verlorene Zeit ist, so gestaltet sich die Sache
für die Maler noch um vieles schlimmer.

Welches Prognostikon würde man einem jungen Men-
schen stellen, der aus der Tertia eines Gymnasiums abginge,
um sofort die Universität zu beziehen? Dies ist nämlich
ungefähr eine zutreffende Parallele. Besitzt ein akade-
mischer Schüler, und hätte er die Konkurrenz (man weiß
ja, was zu einer Konkurrenz gehört) cum maxima laude
bestanden, schon diejenige Reife der Knustbildnug in tech-
nischer und geistiger Beziehung, um nur überhaupt fähig
zu sein, die Werke der alten Meister mit einiger Aussicht
auf Erfolg zu studireu?

Wer von den Herren Akademikern möchte den Muth
haben, hierauf ein Ja zu erwiedern?

Also, warum — trotz der entgegengesetzten Ueberzeu-
gnug — werden nichtsdestoweniger die jungen Leute,
welche in jeder Beziehung unreif sind und denen es
namentlich an der so nöthigen geistigen, historischen wie
ästhetischen, Vorbildung fehlt, statt ihnen die Möglichkeit zu
gewähren, sich naturgemäß weiter fortzubilden, plötzlich auf
die hohe See der „Studienreise" hinansgeschickt, worauf
sie, falls sie nicht nutergehen, im günstigsten Falle von
den Wogen willenlos hin und her geworfen werden und
als elende Schiffbrüchige zurückkehreu, die an sich und der
Welt verzweifeln möchten?

Möge doch endlich einmal der Senat diesem eingewur-
zelten Vorurtheil mnthig entgegentreten und bei der maaßge-
benden Stelle dahin wirken, daß die obligatorische italienische
Studienreise ans seinem Konknrrenzprogramm gestrichen wird.

M. Sr.

Aas öayerische Köuigsdeiikmal und die U. M'gem. Zeitung.

(Schluß.)

Die Furcht vor einer „Annexion der Mittelstaaten auf
artistischem Gebiet" scheint dem Verfasser etwas zu Kopfe ge-
stiegen zu sein und in beklagenswerther Weise seinen kri-
tischen Blick getrübt zu haben. Dies Gepräge tragen wenigstens
einige eigenthümliche Bemerkungen über münchener und
berliner Bildhanerwerke; Bemerkungen, welche bei einem
„Manne der Oeffentlichkeit, welcher sich als Künstler
einen bewährten Namen geschaffen hat und dem das
kompetente Urtheil in dieser Frage jedenfalls nicht bestrit-
ten werden kann""), höchst auffällig erscheinen müssen.
Man höre:

„Freilich hat einer unserer münchener Kunstkritiker,
den wir sonst sehr hoch schätzen, noch nicht lange in der
Allg. Zeitung den Satz ausgesprochen: „Die Münchner
Bildhauer sind von den Berlinern überflügelt;" er ist
uns aber den Beweis dafür schuldig geblieben. Wir hegen
die größte Bewunderung für Ranch, und wissen, daß der-
selbe ein herrliches Monument für unfern unvergeßlichen
Max I. geschaffen hat; allein damals waren andere Zei-
ten — Zeiten keiner so großen Aufregung wie die Gegen-
wart sie bietet, Zeiten, in welchen die Antipathien noch
nicht so auf die Spitze getrieben waren und gegenseitige
Rechte noch hoch geachtet wurden." — Und was haben diese
„Zeiten der Aufregung" und die vorgeblichen (doch wohl poli- *)

*) Mit diesen Worten nämlich wird er von der Redaction
eingeführt. D. Red.

tischen) „Antipathien" mit dem kün st lerisch en Kö nnen zu
thnn? Stellt sich denn der Verfasser vor, daß mit dem
Ausbruch des dänischen Krieges sämmtliche preußische
Bildhauer plötzlich Cretins geworden sind? — Außerdem
wissen wir hier weder von Aufregung noch von Anti-
pathien etwas. Die bayerische Aufregung aber und die
münchener Antipathien werden wohl auf preußische Künst-
ler und berliner Bildhauer keinen wesentlichen Einfluß
haben. Beehren uns die Herren Münchner mit ihren An-
tipathien, so müssen wir uns diese indirekte Huldigung
mit dem Bedauern gefallen lassen, daß wir sie zu erwie-
dern außer Stande sind.

Uebrigens fällt dem Verfasser zur rechten Zeit ein,
daß Ranch ja todt ist, und daß „die heutigen berliner
Bildhauer sich weder an Genius noch an hoher Kunst-
fertigkeit mit dem Großmeister messen können." — „Sie
haben zwar," — schließt der Verfasser in höchst empha-
tischer Weise — „das Schwerdt des Skanderbeg geerbt,
aber nicht seinen nervigen Arm es zu schwingen."

Nachdem der Verfasser so die „berliner Bildhauer"
mit einem mächtigen Schlage abgethau (wozu soll er sich
denn auch noch in kritische Details einlassen!), nimmt er
die Werke der berliner Bildhauerei vor sein kritisches
Messer und ruft: „Sind denn die öffentlichen Denkmäler
Berlins so unendlich erhaben, daß ihnen nichts, gar nichts
an die Seite gestellt werden könnte?" — Erlauben Sie
 
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