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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0108

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Von Martersteig in Weimar sind erst in den jüng-
sten ,Tagen zwei größere Gemälde zur Ausstellung ge-
langt. Derselbe scheint es nicht müde werden zu wollen,
die Leidensgeschichte des kirchlichen Protestantismus zum
Gegenstände seiner künstlerischen Anstrengungen zu machen.
Seine „Vertreibung der Salzburger Protestanten" ist ein
ernst durchdachtes Werk und den Ansprüchen an eine gute
Komposition durchaus zusagend, aber zu reizlos in Farbe
und Zeichnung. Es sehlt überall am srisch pulsirenden
Leben. Man darf der katholischen Lebensfülle nicht durch
eine reizlose Ascetik den Widerpart mit Erfolg zu halten
gedenken. Am meisten zeigt sich dieser Fehlgriff in dem
Pendant zu dem obengenannten Bilde — dem Momente,

welcher der gewaltsamen Vertreibung vorausgeht und den
Akt versinnlichen soll, wo die zur Emigration Verurtheil-
ten das letzte Salz auf heimathlichem Boden genießen
und sich gegenseitig zu treuem Ausharren ermuthigen.

Von dem Geschichtsmaler Merkel dahier waren
mehrere Darstellungen aus „König Lear" und des „Sän-
gers Fluch" nach Uhland ausgestellt; die ersteren in der
Form geschmackvoller Aquarellblätter und die letztere als
ein mit Kohle entworfener Carton. Drastische Auffaffung
des gewählten Moments und eine entsprechende Manier
in der Ausführung fehlen den Schöpfungen dieses ge-
schätzten Künstlers niemals. (Schluß folgt.)

Kunst-Chronik.

Berlin. — Die Besucher der „Kunstkammer" im Neuen
Museum werden nicht ohne Theilnahme den Tod des Künst-
lers erfahren, von welchem die mehre hundert Stücke um-
fassende interessante Sammlung von architektonischen Model-
len, die im ersten Saal der genannten Abtheilung aufgestellt
ist, herrührt. Der Verfertiger dieser eben so ansprechend
wie im kunstwissenschaftlichen Sinn gewissenhaft ausgeführ-
ten kleinen Nachbildungen berühmter Bauwerke ist bekanntlich
der bekannte Historiker Kallenbach, welcher kürzlich (am
1. Februar d. I.) zu Bamberg gestorben ist. Kallenbach
ist zu Graudenz am 18. Mai 1805 geboren. Er studirte
zuerst Rechtswissenschaft, wurde jedoch durch seine außer-
ordentliche Vorliebe für die Geschichte und die Kunst, die
ihn schon als Knabe ganz erfüllte, nach vollendetem Fach-
studium, als er schon im Begriffe stand, Referendar zu
werden, von der trockenen Bahn des Rechtsgelehrten abge-
zogen und widmete sich nun ganz seinen Lieblingsfächern.
Er verließ die Heimath im Jahre 1837, bereiste Preußen
und Sachsen, später Süd- und Westdeutschland, und machte
seine Studien, indem er überall Materialien für die von
ihm später verfaßten Werke über Baukunst sammelte und
zugleich die Zeichnungen und Pläne derjenigen Gebäude
aufnahm, welche für die Kunstgeschichte Interesse boten. —
Später, in den Jahren 1840—46, hielt er in den meisten
größeren Städten Borträge über mittelalterliche Baukunst,
denen er eine Sammlung von ihm selbst gefertigter Mo-
delle historischer Gebäude zu Grunde legte. Dieser Mo-
dellsammlung, welche für die Abtheilung historischer Klein-
künste des berliner neuen Museums angekauft wurde,
widmete Kallenbach bis zum Lebensende seine Thätigkeit.
Die Sammlung ist einzig in ihrer Art; die schönsten
deutschen Dome, viele große und kleine Kirchen, Schlösser,
Thore, Thürme, Rath- und Wohnhäuser, ungefähr 250
Stücke, sind in Modellen vertreten, welche, in einem Maaß-
stabe von 160: 1 gefertigt, bis in's kleinste Detail die
architektonischen Formen, sowie das betreffende Material
dem Auge vorführen. — Von kunstgeschichtlichen Werken
publicirte Kallenbach: 1847 „Die Baukunst des deutschen
Mittelalters, chronologisch dargestellt mit besonderer Rück-
sicht auf die Entwickelung des Spitzbogenstiles", mit einem
Atlas von 86 großen Fvliotafeln bedeutender Architektur-
werke, von ihm selbst ausgenommen und gezeichnet; nach
diesem erschienen: „Die chronologische Formenfolge der alt-
deutschen Baukunst" mit 10 Tafeln Abbildungen, dann „Das
Album mittelalterlicher Knust" mit 60 Tafeln, ferner „Die
christliche Kirchenbaukunst des Abendlandes von ihren An-
fängen bis zur vollendeten Durchbildung des Spitzbogen-
stiles" mit 48 Tafeln. — Seit ungefähr zwölf Jahren
lchte Kallenbach in Bamberg, in großer Zurückgezogen-
hett, beschränkt in seinem Umgänge aus einen kleinen Kreis
^"Freunden und Verehrer», fortwährend nur der Ver-
vUstandigung der oben erwähnten Modellsammlung und
er Nutzbarmachung seiner tiefen Kenntnisse lebend, wobei

er von einem genialen und gediegenen Schüler, dem Archi-
tekten Friedr. Schmidt, auf's Treueste unterstützt wurde.

Berlin. — In einem der Salons im Ministerium
des Auswärtigen, Wilhelmsstraße 74, werden die sieben
Pfannschmidt'schen Originalcartons zu den Glasma-
lereien in der hiesigen St. Nicolaikirche ausgestellt wer-
den. Sie stellen dar: „Madonna mit dem Christuskinde",
„Der zwölfjährige Jesusknabe im Tempel", „Siehe, das
ist Gottes Lamm", „Maria hat das beste Theil erwählt",
„Die Auferweckung des Lazarus", „Ecce homo“ und „Der
Auferstandene". Außerdem sind einige Entwürfe für
Wandmalerei und Altarbilder der großherzoglichen Schloß-
kirche in Schwerin, der Kirche in Barth, zu Königsberg
i. d. N., zu Altenkirchen auf Rügen, der hiesigen Schloß-
kirche, sowie Statuetten ans der h. Geschichte von der
Hand desselben Künstlers ausgestellt. — Der Ertrag der
Ausstellung ist. für die Zwecke des hiesigen Kirchenbau-
vereins und der Albrecht-Dürer-Stiftnng für Wittwen
und Waisen von Künstlern bestimmt.

Wittenberg. — Das Melanchthon - Denkmal
soll hier am kommenden 25. Juni, als am Tage der
Uebergabe der augsburgischen Konfession, an der Seite
der Luther-Standbildes auf dem hiesigen Marktplatze ent-
hüllt werden.

Wien. — Für den Bau des neuen Rathhauses
wird ein Konkurrenzausschreiben für alle Architekten der
österreichischen Monarchie beabsichtigt. Bon den einge-
sandten Entwürfen will man drei mit je 3000, drei mit
je 2000 und vier mit je 1000 Fl. honoriren. Dem Ur-
heber des zur Ausführung erwählten Planes wird die
technische und artistische Leitung des Baues übergeben.
Als Einsendungstermin soll der 31. März 1866 festge-
setzt sein.

Prag. — Das von der österreichischen Regierung be-
stellte Bild Friedländer's „der Brandstifter" ist von
derselben der Galerie der patriotischen Kunstfreunde über-
wiesen worden.

München. — Das Denkmal für Claude-Lorrain,
welches König Ludwig I. dem berühmten Landschafts-
maler auf der Herlechinger Höhe bei München setzen ließ,
wird der Monarch im Monat Mai selbst enthüllen. Da-
bei drückt er den Wunsch aus, daß die münchener Künst-
lerschaft mit dieser Feier ein Maifest verbinden möge.

Rom. — In diesen Tagen wird hier die vortreffliche
Gemäldesammlung des vor mehreren Jahren hier-
selbst verstorbenen preußischen Generalkonsuls Domenico
Valentini, die in den Besitz seines Neffen gekommen war,
öffentlich versteigert. Es befanden sich dabei Meister-
werke von Rembrandt, Guido Reni, Tmtoretto, Carracci,
Domenichino, Moretto, da Brescia, Guercino, Giulio Ro-
mano, van Dyk, Tizian und Angelico da Fiesole.
 
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