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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0116

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auf sich — Andreas Schlüter, der 1664 geboren, genau
30 Jahre alt, nach Berlin berufen wurde. Der Vortragende
verweilte nun bei einer Betrachtung über diesen großen SDieifter
erzählte von der ersten Probe seiner Kunst, den Kindergruppen
im Marmorsaal des Potsdamer Schlosses, seiner Ernennung zum
Hofbildhauer mit 1200 Thalern Gehalt, seiner Gestaltung der
Bildsäule Friedrichs III, und endlich von dem ihm 1696 ertheil-
ten Auftrag zur Modellirung des Reiterbildes des großen Kur-
fürsten, Sch ljjter bereitete sich auf die Losung der Ausgabe
durch eine Reise nach Italien vor, 11 a Jahr nach seiner Rück-
ehr war das Modell beendet. Der Guß, bei welchem ihm der
kberühmte Erzgießer Jacobi zur Seite stand, machte enorme
Schwierigkeit, 500 Centner Metall wurden von allen Seiten
herbeigeschafft, selbst ein Stück von dem Dache der Kirche zu
Stendal, welches herabgestürzt war, mußte dazu herhalten. Am
22, October 1700 war der Guß beendet, der Marmorsockel
erforderte aber zur Ausführung noch volle drei Jahre, und so
erfolgte nun die Enthüllung erst am 22. Juli 1703, es fehlten
aber noch die vier gefesselten Gestalten und die Reliefs am
Sockel. — Nunmehr erzählte der Vortrag von den Bauten
Schlüters's, dem Zeughaufe und dem Schlosse, bei dessen
Ausführung der Meister bekanntlich in Ungnade bei dem zum
König gewordenen Friedrich III, fiel. Es ward nun gezeigt,
wie die vier gefesselten Gestalten nach seinen Zeichnungen von
seinen Schülern ausgeführt, aber von ihm überarbeitet werden
mußten, und wie wenig diese in einem künstlerischen Verhältniß
zu der Reitergestalt stehen. Im Jahre 1710 war das Denkmal
in seiner jetzigen Gestalt vollendet. Der Vortragende beleuchtete
dasselbe in seinen einzelnen Theilen und kam zu dem Schluffe,
daß es unter den hervorragendsten Kunstgebilden der Welt in
erster Reihe für alle Zeiten glänzen werde, und nur wenige
Kunstschöpfungen ihm ebenbürtig seien. — Das Auditorium
folgte mit lebhafter Aufmerksamkeit der blühenden Schilderung
des Vortragenden.

K. K. Akademie zu Wien,

(Aus dem ministeriellen Rechenschaftsbericht.)

Dem Staatsministerium ist die Gelegenheit geboten worden,
die Wünsche, welche sich für die Hebung der Kunst in Oester-
reich seit einer Reihe von Jahren knndgegeben haben, würdigen
und nach Zulaß der Verhältnisse erfüllen zu können, wobei auch
Kunstzweige Beachtung fanden, welche bisher in den Kreis der
behördlichen Pflege nicht einbezogen waren.

In dein Finanzgesetze für das Jahr 1863 war zum ersten
Male eine Summe von 10,000 fl, zu dem Zwecke bcivilliget
worden, um einige mittellose Künstler von Talent, verschiedener
Kunstzweige, mit Staatsstipendien zu unterstützen.

Zur Beurtheilung der Ansprüche der sehr zahlreichen Bitt-
steller auf die Betheilung aus dieser Dv.'-^on wurde eine stän-
dige Kommission im Staatsministerium eingesetzt, in welcher
jeder Kunstzweig seine Vertreter findet. Nach dem Ausspruche
dieser Kommission erhielten 2 Tonkünstler, 1 Dichter, 6 Historien-,

1 Landschaftsmaler, 6 Bildhauer mit Einschluß eines Modelleurs,
im Ganzen 16 Künstler der verschiedensten Nationalität, Unter-
stützungen von 400 fl. bis 1000 fl. für Kunstzwecke.

Bei Berathung über diese Stipendien wurde der Wunsch
ansgedrückt, daß die Möglichkeit geboten werde, nicht nur jugend-
liche hoffnungsvolle Talente durch Zuwendung von Stipendien,
sondern auch bereits bewährte Künstler durch directe Aufträge
zu fördern, und solchen Künstlern, die durch die Ungunst der
Zeitverhältnisse in ihren Bestrebungen gehemmt sind, durch Er-
theilung von Pensionen die verdiente Unterstützung zuzuführen.

Mit der Allerhöchsten Entschließung vom 26, September 1863
haben Se. Majestät zu bewilligen geruht, daß die durch das
Finanzgesetz für das Jahr 1863 sichergcstellte, zu Ankäufen aus
der projectirten akademischen Ausstellung für die Galerie im
Belvedere gewidmete Dotation von 10,500 fl, ö. W., bei dem
Unterbleiben dieser Ausstellung, zur Unterstützung österreichischer
Künstler, theils durch Bestellungen, theils durch Zuschüsse behufs
der Ausführung größerer Werke verwendet werde.

Nach den Anträgen des hiefllr bestellten Comittz wurden

2 Historien-, 3 Genre,- 2 Landschaftsmaler, 2 Bildhauer und
2 Kupferstecher, im Ganzen 11 Künstler mit Beiträgen von 600
bis 1500 fl unterstützt.

In dem Finanzgesetze für 1864 ist, entsprechend den von der
ständigen Ministerialkoinmission ausgesprochenen Wünschen, der
Betrag von 25,000 fl, theils für Stipendien, theils für Pensio-
nen, theils zur Effcctuirung von Aufträgen auf dem Gebiete der
bildenden Künste bestimmt worden, lieber Vorschlag der Kom-
mission wurde die erwähnte Dotation theils zu Aufträgen, theils

zu Pensionen, Zuschüssen, Aushülfen und Stipendien für 30 Künst-
ler in Anspruch genommen, und zwar für 6 Schriftsteller und
Dichter, 1 Tvnkünstler, 2 Kupferstecher, 5 Bildhauer, 1 Portrait-,

2 Landschafts- und 13 Historienmaler, fast allen Nationalitäten
Oesterreichs angehörig.

Als es im Laufe des Jahres 1864 zu Eröffnung der Aus-
stellung an der Akademie der bildenden Künste in
Wien gelangte, waren nebst den präliminirten 10,500 fl. noch
von der Ausstellung vom Jahre 1859 uuverwcndet gebliebene
1834fl, im Ganzen daher 12,434fl, verfügbar, welche, entsprechend
der Allerhöchsten Entschließung vom 23. August 1857, zum An-
käufe ausgezeichneter Gemälde von Künstlern des In- oder Aus-
landes zu verwenden waren. Um die hieraus entspringenden
Vortheile vorzugslveise österreichischen Künstlern zuzuwenden, ha-
ben Se. Majestät allergnädigst zu bewilligen geruht, daß nicht
bloß für die Galerie des Belvedere sondern auch zur Aus-
schmückung der k, Lustschlösser in Schönbrunn und Laxenburg
Ankäufe gemacht werden. Bei diesen wurden 15 Inländer und

3 Ausländer berücksichtiget.

Die Gesammtsumme der aus den angeführten Anlässen für
Kunstzwecke von 1861 bis 1864 erfolgten Beträge erreichte die
Höhe von 57,934 fl. Da nun auch die aus früherer Zeit dati-
rende jährliche Dotation von 3000 fl. für außerordentliche Sti-
pendien fortbestand, so ist für Knustzwecke in der angedenteten
Richtung in Oesterreich, während der letzteren drei Jahre, ohne
Eiurechuung des Aufwandes für die Akademien in Wien und
Venedig und das Museum für Kunst und Industrie, die Summe
von 70,009 fl. verwendet worden.

Die Kunstschulen betreffend war das Staatsministerium
darauf bedacht, die an diesen Anstalten wirkenden Lehrer mög-
lichst sorgenfrei zu stellen und deren Zahl in Erledigungsfällen
durch Berufung ausgezeichneter Kräfte zu ergänzen.

Mit der Allerhöchsten Entschließung vom 7. Februar 1862
wurden über Antrag des Ministeriums zu den systemmäßigen
Gehaltsstufen der akademischen Professoren in Wien von 1000 bis
1600 fl. C. M. jährliche Gehaltszulagen von je 400 fl. ö. W.
bewilligt. Auch der Kanzleivorstaud wurde dabei mit einer Zu-
lage von 300 fl., der Bibliothekar gleichfalls mit 300 fl., "der
Professor der Anatomie, der Galerictüstos und der Kanzlist mit
200 fl. bedacht.

Mit der Allerhöchsten Entschließung vom 4. März 1863 ist
die Gleichstellung der für Kunstfächer bestellten Professoren
der Vorbereitungsschule und der ihr beigeordnetcn Fachschulen
der Wiener Kunstakademie im Range und Gehalte mit den
Professoren der höheren Studienabtheilungen dieser Lehranstalt
bewilligt ivordcn. Seit dem Jahre 1858 war die Professors-
stelle für die Kupfcrstcchcrschnlc an dieser Akademie unbesetzt.
Für solche ist Louis I a c o b y ans Berlin und für die durch das
Ableben des Prof. Kupelwieser erledigte Mcistcrschnle für
Historienmalerei ist der Wiener Künstler Karl Rahl berufen
worden.

Auch wurde, um der stark besuchten allgemeinen Malerschule
dieser Akademie die erwünschte Beihülfe zu gewähren, in's Auge
gefaßt, die vierte Meisterstelle der Malerei aufzulasscn und dafür
eine weitere Professur au der allgemeinen Malerschule zu syste-
misiren. Diese Intention fand neuesteus die Verwirklichung
und ist der.Direktor der Prager Akademie E. Engerth auf
diese Stelle berufen worden.

Die Errichtung einer provisorischen Oruamcutenschule
als Vorbereitung für Architekten und Techniker wurde für uoth-
wendig erkannt, und ist für Ertheilung des Unterrichtes für
solche eine geeignete Lehrkraft bestellt.

Der Unterricht in der Perspektive und Anatomie' für
Zöglinge der Malerei und Bildhauerei wurde als obligat erklärt.
Die Zöglinge der Laudschaftsschnlc sind gleichfalls zum Besuche
der Vorträge über Perspektive verpflichtet worden. Die Einfüh-
rung des Zeichnens nach der Antike bei Beleuchtung wurde
veranlaßt.

Die Lehrmittel stammten größtenthcils noch aus der Zeit
Kaiser Leopolds I. her. Für den Ersatz der schadhaft oder stumpf
gewordenen Gipsabgüsse und für die Aiischaffnng derjenigen
Statuen und plastischen Werke, welche seit der erwähnten Zeit
erst aufgcfundeu worden sind, wurde Sorge getragen. Eine
Kommission prüfte das Vorhandene und beantragte das Nachzu-
schaffende. Im Jahre 1862 wurden 2000 fl. für diesen Zweck
bewilligt. Das Staatsministerium ordnete zugleich an, ein Mu-
seum für Gipsabgüsse zu begründen, wofür ein Local mit
dem Aufwande von 9417 fl. hergestellt worden ist. Für das
Jahr 1863 erfolgte zu diesem Behufe abermals eine Anweisung
von 2000 fl. und sind nebstbei aus der Münchner Glyptothek
Abgüsse im Preise von 303 fl. angekanft worden. Im Jahre 1864
 
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