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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0193

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streben, die Skulptur zur Darstellungsform religiöser An-
schauungen zu verwenden. Durch starken Willen und ent-
schiedenes Streben hat er es dahin gebracht, daß die
Kirchen seiner Landsleute, der wackern Westfalen, mit
seinen Werken geschmückt sind und daß sein Name dort im

Munde aller Landsleute lebt. Aber der eigentliche Schwung
echt religiöser Empfindung geht ihm ab. Seine Formen
bleiben innerhalb eines gewissen konventionellen Sentiments,
das mehr' äußerliches als innerliches Pathos besitzt.

Korrespondenzen.

R. Köln am 15. Mai. (Wandmalereien im
städtischen Museum und im Gürzenich.) Man
kann nicht läugnen, daß die Wandmalerei in diesem Jahr-
hundert, besonders aber in den letzten dreißig Jahren,
einen großen Aufschwung genommen hat und, was wich-
tiger ist, daß im Volke 'selbst das Bedürfniß für einen
derartigen Kunstschmuck der Monumentalarchitektur in ho-
hem Grade erwacht ist. Man beginnt bei öffentlichen
Bauwerken, selbst wenn sie nicht der Kunst gewidmet sind,
mehr und mehr die Monumentalmalerei in Rechnung zu
bringen. Daß dies das beste Mittel gegen den Kasernen-
und Kofferstil ist, scheint unzweifelhaft; und somit ist,
ganz abgesehen von der Malerei selbst und deren künst-
lerischer Einwirkung auf die Anschauung, darin ein rege-
nerirender Einfluß auch nach der Seite der Architektur-
Hin nickt zu verkennen. Ich erinnere nur an das königs-
berger Universitätsgebäude, die neue Börse und das neue
Rathhaus in Berlin und andere Gebäude. Freilich hat
die Wandmalerei nun auch eine um so größere Verpflich-
tung , sich zu derjenigen Höhe künstlerischer Gediegenheit,
und zwar sowohl in Rücksicht auf Komposition wie auf
Kolorit, zu erheben, welche sie fähig macht, dieser ihrer
regeneratorischen Bestimmung gerecht zu werden.

Zu solchem Gedanken wird man unwillkürlich geleitet,
wenn man einen prüfenden Blick auf die von Prof.
Steinle im hiesigen Museum ausgeführten Wandge-
mälde wirft. Sie sind bereits von verschiedenen Seiten
in mehr oder weniger heftiger Weise angegriffen und kri-
tisirt worden, so daß ich in eine detaillirte Beurtheilung
nicht eiugeheu will; aber läugnen läßt sich nicht, daß die
Art ihrer Komposition dem allgemeinen Verständnis; ebenso
fern liegt wie ihre malerische Behandlung wenig anspricht.
Die beiden großen Gemälde sollen die Entwicklung der
altrheinischen Kunst und eine Art kölner Kulturgeschichte
darstellen, während die dazu gehörigen Predellen, grau in
Grau, Seenen aus der heiligen und profanen Geschichte
Kölns zur Anschauung bringen: alles Dies ist in eineni
theils sentimentalen, theils konventionell-akademischen Stil
gemalt, der außer der Unverständlichkeit des Inhalts auch
durch seinen Mangel an Innerlichkeit des Gedankens und
Energie der Auffassung abstößt. Nickt besser gefallen die
kleineren Wandbilder gegenüber der Treppe. Gegenstand
derselben ist die „Zeit der Renaissance" bis in die Gegen-
wart hinein; die Komposition lehnt sich im Princip an die
symbolisch-historische Richtung Kaulbachs an, insofern eine
Menge historischer Portraitfiguren, darunter auch die
Gründer des Museums, Wallraf und Richartz, ohne
irgend welche Rücksicht auf Raum- und Zeiteinheit in
ganz willkürliche und meist ziemlich beziehungslose Grup-
pirungen gebracht sind. Die „Grundsteinlegung der Re-
stauration des kölner Doms" stellt wenigstens ein historisches
Faktum vor, wobei die Anwesenheit der Portraitfiguren
(Friedrich Wilhelm IV, Erzbischof Geißel, Dombaumeisier
Zwirner, sowie der ersten Magistrate der Stadt) gerechtfertigt
war, obwohl, ganz wie im babylonischen Thurmbau von
Kaulbach, die Arbeiter sich um nichts zu kümmern scheinen,
sondern ruhig fortarbeiten. Kurz es ist eine unwahre, krank-
hafte Weise, die nun und nimmermehr die Wandmalerei
populär zu machen im Stande ist.

Diese Mängel der Steinle'schen Wandmalereien fallen
demjenigen noch mehr auf, welcher vielleicht eben aus dem
Gürzenich kam und dort die von Geist und gesunder

Kraft erfüllten, mit feinem Sinn für Linie und Tonwir-
kung ausgeführten Wandgemälde von Adolph Schmitz
sah. Wenn ich nicht irre, so hat Ihr Journal bereits
früher einmal über sein erstes, im kleinen Gürzenichsaale
ausgeführtes Bild „Einzug der Herzogin Jsabella" be-
richtet*). Nun, wenn dieses erste Bild bereits von Künstlern
und Laien in gleicher Weise bewundert wurde, so ist dies noch
viel mehr in Bezug auf „Marsilius Holzfahrt" — so
lautet der Titel des zweiten Bildes — der Fall. In der Thal
macht es der Eindruck einer tieferen Durcharbeitung; was
auch nicht zu verwundern ist, wenn man bedenkt, daß
Schmitz seinen „Jsabellenzug" fast ohne alle Vorarbeiten
in dem kurzen Zeitraum von noch nicht 2 Monaten vol-
lendete. (Schluß folgt.)

M. Potsdam, am 13. Mai. (Das neue Reiter-
standbild Friedrich des Großen). Der Gedanke,
dem Schöpfer Sanssouci's inmitten seiner Schöpfung ein
würdiges Denkmal zu errichten, liegt nahe genug und kommt
jetzt zur Verwirklichung. Es ist schon öfters in diesen
Blättern von der durch die Bildhauer Barotta und Laz-
zaroni in Carrara projektirteu Kopie des Rauch'schen
Friedrich - Denkmals die Rede gewesen, welches diese
Herren Marmorfabrikanteu auf eigenes Risico angefertigt
haben, um es unserm Könige anznbieten. Saubere Ar-
beit kann man nun dem Werke nicht absprechen, aber ein
feinerer kunstgebildeter Blick sieht doch die mechanische Her-
stellungsweise durch die äußerliche Glätte hindurch. Das
Piedestal der Originalstatue ist fortgelassen. Diese Statue,
nachdem ihr Kunstwerth durch Autoritäten festgestellt war,
ist um den Preis von 6000 Scudi oder 12,000 Thlr. für
Sanssouci angekauft worden, und ihre Aufstellung in
Sanssouci befohlen, wo sie auf dem Platz in der Partie
vor den Terrassen, unmittelbar vor dem Marmorbassin
mit der großen Fontaine ausgestellt werden soll. Um den
Eindruck, welchen die Statue auf diesen Platz Hervorbrin-
gen wird, zu beurtheilen, wurde zuvor ein von dem Bild-
hauer Koch in wenigen Tagen gefertigtes Modell in den

*) Ja wohl, nämlich im Jahrgang 1862 (Rro. 28) und
zwar ebenfalls mit Beziehung auf die damals noch nicht vollen-
deten Malereien Steinle's, von denen gesagt wurde, sie seien
„in dem beliebten symbolisch-historischen Knnststil behandelt, der
die historische Wahrheit, d. h. die wirkliche Dramatik der Ge-
schichte, einer prüden, auf sentimentalem Kothurn einherschreiten-
den, ja nicht selten mit phantastisch gedrehtem Zopf daherstolzi-
rende Deklamatorik zum Opfer bringt." Von Schmitz heißt
es unmittelbar darauf: „Da lob' ich mir den derben, gesunden
Stil von S ch m i tz. Das sind wirkliche Figuren aus einer
wirklichen Zeit, drastische Gestalten voll warm pulsirenden Lebens,
voll energischer Kraft des Daseins; die Kunst — die wahre Kunst —
hat ihnen nicht etwa aus mißverstandenem Jdealisirungseifer die
Seele ausgeblasen, um ihnen statt dessen einen schön drapirten
Mantel rhetorischer Langweiligkeit umzuhängen, sondern sie hat,
ans dem lebendigen Born ticfpoctischer Anschauung schöpfend,
den der Zeit selbst und ihren Gestaltungen unbewußt innewoh-
nenden Charakter auch äußerlich ihnen auszuprägen und sie da-
durch in wahrhaft konkreter Weise als lebenswahre Charakter-
typen ihrer Zeit zur Anschauung gebracht u. s. f.

D. Red.
 
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