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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0286

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276

des Bacchos und Lyknrgos",^) wobei sogar Centauren
mitspielen, „Herkules Mnsagetes bei Omphale", worüber
wir in den Nro. 14, 15, 16, des Jahrgangs 1862 aus-
führlich Bericht erstatteten, auch ein Bild aus der bibli-

*) Das Sonderbarste ist, daß von gewissen Seiten her in
diesem Bilde eine symbolische Bedeutung gesucht wird. So
berichtet Fr. Pecht, einer von jenen ästhetisirenden Phrasen-
machern, welche wir oben im Sinne hatten, in den ,,Rec. f. L.
K." folgendermaaßen über genanntes Bild: „Ich sehe ganz davon
ab, ob er tiefsinnige Ideen hat verkörpern, im Bacchus die
höhere Kultur (!), die schöne Sinnlichkeit, im Lykurg die Bar-
barei oder das Nazarenerthum (!) hat darstellen wollen,
denn es kommt, mit Erlaubniß aller philosophischen Kritiker
sei's gesagt, nicht das Geringste darauf an, und der
Meister hat sich auch schwerlich viel mit solchen Grübeleien her-
uwgeschlagen. Ihm waren sicherlich Bacchus und Lykurg nicht
abstrakte Begriffe, Schemen, sondern sie standen als lebendige
Wesen von Fleisch und Blut, als Individuen vor seiner Seele".
(Wozu denn gegen Windmühlenflügel kämpfen?) „Und daß die
Musen trotz ihrer Noblesse die Gesellschaft des fröhlichen Gottes
von jeher geliebt haben, gerade wie sie den Amor verhätschelten
und die Thorheiten der Venus über ihrer Anmuth gern über-
sahen, das begreift auch jeder Quartaner. Daß außer-
dem Bacchantinnen und Panther den Bacchus begleiten, ver-
steht sich ohnehin von selbst, und daß die ganze leichtsinnige
Gesellschaft sich mit der strengen pedantischen Rohheit
des Lykurg und seiner Genossen nicht vertragen konnte, so-
wenig wie die der gei st reichen und Hochgebilden,
unendlich überlegenen Italiener unter Leo X. mit

scheu Geschichte „Abraham die Engel bewirthend", dann
„Zeus, auf den Flügeln der Nacht durch die Lüfte ge-
tragen" u. m. a., auf die das oben Gesagte ebenfalls
seine volle Anwendung findet. Sr.

dem barbarischen und unkünstlcrischcn Luthcrthum, das ist

auch selbstverständlich." — Also: „Kommt nicht das Ge-
ringste darauf an" — „das begreift jeder Quartaner" — „ver-
steht sich ohnehin von selbst" — „das ist auch selbstverständlich
Man weiß in der That nicht, ob man den Unsinn des Inhalts
oder die kavaliermäßige Selbstüberhebung in der Form solcher
Beweisführung mehr bewundern soll. Sicher ist, daß Beides eben
nur aus dem Mangel jedes tieferen künstlerischen Sinnes und
jedes wirklich wissenschaftlichen Studiums erklärlich wird. Kritikern
dieser Art möchte man das ne ultra crepidam sutor! zu Deutsch
„Pinsel, bleibe vom Schreibtisch fort!" zurufen. Für den Aerger
über solche inhaltslose Schwätzerei wird man freilich etwas durch
die ergötzliche Parallele zwischen der „pedantischen Rohheit des Ly-
kurg" und dem „Nazarenerthum" resp. „barbarischen Lutherthum"
entschädigt; noch mehr aber durch die Vergleichung von Leo X.
und des Katholicismns mit Bacchus und Venns und
ihrem sauberen Gefolge von Satyrn, Bacchantinnen und
Centauren, als Repräsentanten des „Geistreichthums" und der
„höheren Bildung" — natürlich, wie sie eben ein moderner Böotier
versteht. Denn bei den alten Hellenen waren nicht Bacchus
und Venus, sondern bekanntlich Apoll und Minerva Vertreter
der Kunst und Wissenschaft. Aber hierauf kommt ja für solche
Phrasenhelden, deren zweites Wort immer „klassisch" ist, „nicht
das Geringste an."

D. R.

Korrespondenzen.

z Wien. — (Rahls Krankheit, Leichenbe-
gängnis, letzte Werke nntllTestament. Schluß.)
Wir schließen hieran sogleich die Mittheilung einiger
Bestimmungen aus „Rahl's Testament", welches erst am
28. Juni aufgesetzt nd uam 11. Juli publicirt wurde.
An Legaten sind ausgesetzt: dem Freunde Rahl's, dem
Kupferstecher Christian Mayer, eine Summe von 600 fl.
zu einer Reise nach München und Venedig; den Schülern
und Gehilfen des Meisters, HH. Eduard Bitterlich und
Christian Griepenkerl je 500 fl., und soll außerdem
jeder derselben berechtigt sein, sich je 12 Blätter aus Rahl's
Kupferstichsammlung zu wählen; ein Ring, das Geschenk
des Großherzogs von Oldenburg, dem Neffen Rahl's,
Wilhelm Watzal; ein anderer Ring, Ehrengabe der Erz-
herzogin Henriette, wird sammt Rahl's beiden Taschenuh-
ren einem anderen Neffen, Julius Saazer, vermacht.
Die Portraits von Künstlern, Dichtern und Gelehrten
sollen dem deutschen Hochstifte gehören, desgleichen die
kleinen Cartons zu dem griechischen Friese; das Oelge-
mälde: „die Stärke", zur Erinnerung an den Aufenthalt
des Künstlers daselbst, dem Kieler Museum. Die ersten
Zeichnungen der Entwürfe für das Arsenal sind Eigenthum
des Hrn. Architekten Theophil Hansen, die zweiten ver-
bleiben der Akademie der bildenden Künste. Ebenso die
sämmtlichen Venetianer Kopien; dem Hrn. Theophil Han-
sen und Notar Dr. August Bach je eine Oelskizze, nach
deren freier Wahl, dem letzteren auch nock der Studien-
kopf, „die Venetianerin" betitelt. Seine Bibliothek wird
der Künstlergenossenschaft mit der Bedingung hinterlassen,
daß dieselbe jedem Künstler zugängigchlcibe und für den
Fall der Auflösung der Gesellschaft einem anderen ähn-
lichen Institute zu künstlerischen Zwecken überantwortet
werde. Die Cartons: „Die vier Elemente" werden dem
Augusteum zu Oldenburg vermacht. Die weiteren Legate
sind rein privater Natur. Zu erwähnen ist noch, daß
im Testamente ausdrücklich bemerkt ist, auf das Honorar

für vier große Oelgemälde sammt Fries, Eigenthum des
Hrn. Baron Sina, sei ein Rest von 300 fl. rückständig,
sowie, daß der Verstorbene als Entschädigung für die zum
Opernhause gemachten und theilweise genehmigten Ent-
würfe die erste Zahlung von 4000 fl. zu fordern habe.
Diese Beträge fallen den Universal-Erben, den Kindern
der beiden Schwestern des Verblichenen, der Frau Marie
Saazer und Anna Watzal, zu. Dr. August Bach ist
zum VerlassenschastSpfleger und Testaments-Vollstrecker
ernannt.

K Stuttgart, Anfang August. (Kunst-Verein. —
Permanente Kunst-Ausstellung.) — Ueber den
neuen Zuschuß an Werken, den beide Vereine in letzter
Zeit erhalten, habe ich Ihnen wieder einige Mittheilun-
gen zu machen. Im Kunst-Verein ist zunächst ein Ge- y
mälde von Rud. Epp in München „Eine Mutter mit
dem schlafenden Kinde", das vor allen andern Bildern
die Aufmerksamkeit an sich zieht. Der Künstler hat den
Gegenstand als Kniestück in einem größeren Nahmen be-
handelt und daS Motiv mit einer Innigkeit aufgefaßt, wie wir
dies Alltagsthema der Genremalerei selten dargestellt ge-
sehen. Bei der einfachen, von jedem gezwungenen Arran-
gement freien Zeichnung, ist es zugleich das warme, kräf-
tige Kolorit, das wir an dem verdienstlichen Werke rüh-
mend hervorheben müssen. Wenn wir recht unterrichtet sind,
so hat sich der Künstler vom Dekorationsmaler herauf-
gearbeitet. Von seinem künstlerischen Streben und Kön-
nen spricht am besten die ebengenannte Leistung. — Ein
großes Genrebild „Empfang eines Pfarrers in einem
Dorfe des würtembergischen Schwarzwaldes" von Ro-
bert Heck hier, können wir in dem Grade nicht loben,
wie dies hier ein paar Artikel der Lokalpresse gethan.

Wir vermissen in dem Bilde hinsichtlich der Komposition
den einheitlichen, freien und glücklichen Wurf. Dem Ar-
rangement klebt noch zu sehr das Gesuchte, Gestellte an.
 
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