Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0326

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
316

Kunst-Kritik.

Berliner Kunstschau.

(Schluß.)

Die neubegründeie und ebenso behaglich wie elegant
eingerichtete „Berliner Central-Ausstellung von
Meisterwerken der bildenden Kunst" (Schloßfrei-
heit 3) erregt unsre Aufmerksamkeit zunächst weniger durch
die daselbst ausgestellten Werke als durch das ganz neue
Princip, worauf das Unternehmen gegründet ist. Wenn
ein Lokal, wie das Lepke'sche, welches vorzugsweise
auf die Kunstkenner und Kunstsanimler höherer Gattung
berechnet ist, seinen besonderen Werth hat, so ist es doch
weniger als eine permanente Ausstellung wie als ein Ver-
kaufslokal zu betrachten. Schon der Umstand, daß Hr.
Lepke kein Entree nimmt, deutet ebenso wie die für zahl-
reichen Besuch gar nicht disponirten Lokalitäten darauf
hin, daß hier lediglich auf solche Besucher reflektirt wird,
welche für ihre Sammlungen ein gediegenes Gemälde
suchen. Allein in einer Stadt wie Berlin wird dem Kunst-
bedürfniß dadurch nicht genügt. Die bei Weitem größere
Mehrzahl der Kunstfreunde will nur am Genuß des Be-
schauens sich erfreuen oder stellt auch beim Ankauf von
Werken ihre Ansprüche nicht allzu hoch. Das Lokal des
Kunstvereins und die Permanente Gemäldeaus-
stellung von Sachse sind nun wohl auf die Befrie-
digung dieses populären Bedürfnisses hin angelegt, allein
sie genügen demselben doch, theils aus inneren, theils aus
äußeren Gründen — auf die hier specieller einzugehen für
uns keine Veranlassung vorliegt — nicht in hinreichendem
Maaße. — Die Begründung eines neuen und sehr um-
fangreichen Lokals, wie das der „Berliner Centralausstel-
lung", welches schon durch seine dreifach größere Räum-
lichkeit eine ungleich größere Mannigfaltigkeit an Gegen-
ständen der Beschauung darbietet, als die andern genannten
Ausstellungslokale, und welches außerdem nicht blos der
Malerei, sondern auch den anderen Künsten, der Skulptur,
dem Kupferstich, der Photographie u. s. f. dienstbar ist,
kann deshalb nur als ein Fortschritt in dem Kunstleben
Berlins und als ein Zeichen betrachtet werden, daß sich
der gewaltige materielle Aufschwung und die räumliche
Vergrößerung unsrer Residenz auch in dem gesteigerten
Kunstbedürfniß fühlbar macht. —

Die „Centralausstellung", welche übrigens bereits zahl-
reiche und darunter recht tüchtige Werke aufzuweisen
hat, ist, wie ihre ganze Einrichtung zeigt, recht eigentlich
auf behagliches Beschauen eingerichtet. Hiefür hat
der Unternehmer durch einen fast luxuriösen Comfort in
jeder Beziehung gesorgt. Schaukelstühle und Drehsessel
laden zum ruhigen Betrachten ein, und wenn das Auge,
von dem Farbenglanz ermüdet, sich ruhen will, so bieten
sich Tische dar mit eleganten Albums, Kunstzeitungen und
Jllustrirten Journale, zum Theil in erkerförmigen Nischen,
die mit Blattgewächsen dekorirt sind, wo der Beschauer
sich zu neuem Genuß stärken mag. Wer das unerquick-
liche Getreide auf unseren großen akademischen Kunstaus-
stellungen durchgemacht hat, weiß, was Ermüdung heißt,
die nirgends ein Plätzchen zur augenblicklichen Erholung
findet. Nichts ist ertödtender und dem wahrhaften Kunst-
genuß hinderlicher, als dies Spießruthenlaufen durch eine
staubige Reihe von Sälen, wo man nirgends einen Ruhe-
platz findet. In der Centralausstellung ist aber nicht
blos für körperliche Erholung, sondern auch für geistige
Erfrischung gesorgt. Vasen mit Gewächsen gewähren eine
angenehme Abwechselung von Natur- und Kunstgenuß und

der Springbrunnen, der die Mitte des mittleren Saals ein-
nimmt, würde ebenfalls erheiternd und belebend wirken, wenn
hier nicht des Guten ein wenig zu viel gethaü wäre. Er
ist nämlich entschieden zu hoch und drängt sich oft zwischen
das Auge und den Gegenstand der Beschauung. Hierin
möchten wir eine Aenderung als dringend geboten erachten.

Im Ganzen ist es ein höchst angenehmes Lokal, wel-
ches sich nur erst etwas eingebürgert zu haben braucht,
um ein Lieblingsplatz unsers kunstliebenden Publikums zu
werden. — Um so größer scheint uns aber auch die Ver-
pflichtung des Besitzers eben diesem Publikum gegenüber
zu sein. Es ist nicht genug, ein angenehmes uud^com-
fortables Lokal herzustellen: man muß auch dafür Sorge
tragen, daß es mit gediegenen Werken gefüllt wird.
Dies ist bis jetzt in hinreichendem Maaße noch nicht geschehen.
Zwar sind, wie bemerkt, mehre vortreffliche, ja einzelne aus-
gezeichnete Werke vorhanden; aber das weniger Be-
deutende und geradezu Mittelmäßige überwiegt doch noch
allzusehr, um einen Gesammteindruck von durchschnitt-
lichem Kunstwerth zu machen. Es sind Bilder vor-
handen — wir haben diesmal noch keine Veranlas-
sung sie zu nennen, weil wir wissen, wie schwierig es
ist, gleich Anfangs ein so großes Lokal mit dnrchgehends
guten oder gar meisterhaften Werken zu füllen — die
in eine wirkliche Kunstausstellung nicht hineingehören.
Der Unternehmer und Leiter des Instituts mag wohl
bedenken, daß tüchtige Künstler ihre Werke auch gern
in guter Gesellschaft zu sehen. Bei unfern wiederholten
Besuchen haben wir übrigens mit Genugthnung bemerkt,
daß allmälig die untergeordneten Bilder verschwinden, um
besseren Platz zu machen, und sind wir daher überzeugt,
daß bei dieser fortgesetzter Reinigungsiuethode die Aus-
stellung in Kurzem sich den gediegensten Instituten dieser
Art an die Seite stellen werde. .

Als tüchtige Werke nennen wir heute nur beispiels-
weise außer der von uns ausführlich besprochenen „Er-
oberung der Düppeler Schanze Nro. II" von Camp-
Hausen, welche als das Hauptwerk betrachtet werden
kann, eine prächtige „Sommertag-Landschaft aus dem
bayerischen Oberlande" von Li er, der wir sogleich die
schöne „Harzlandschaft" von Frische (Düsseldorf) anreihen
können. Voll idyllischer Schönheit und von hohem poe-
tischen Reiz ist ferner Max Schmidt's „Wassermühle
in der Mark." Außerdem nennen wir Nordgreen's
„Schwedische Landschaft", Burnier's „En route", Ju-
lius Lange's „Partie am Königssee", Raven's„Dou-
nerkogel im Gosauthal", Biermann's „Blaue Grotte
mit Schleichhändlerstasfage", Ockel's „Kühe auf der
Weide". Im Figureufach heben wir besonders hervor
Chr. Sell's „Kaiserliche Soldaten in einem Wirths-
hause von den Schweden überfallen", O. Heydens
„Büßpredigt des Johannes Kapistan vor dem Görlitzer
Rathhause", eine „wilde Schweinsjagd" von Arnold,
und Han dl er's „Römische Laudleute".

Da es uns, wie bemerkt, für diesmal weniger auf
eine kritische Besprechung der Werke selbst als auf eine
Charakteristik des Instituts selbst ankam, so behalten wir
uns ein näheres Eingehen in den künstlerischen Inhalt
der Ausstellung für unsere nächste „Kunstschau" vor.

M. Sr.

Fortsetzung in der Beilage.
 
Annotationen