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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 10.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.13555#0362

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und seinen Generalen bestehende Hauptgruppe sehr glück-
lich arrangirt ist. Ersterer steht auf den Resten einer
Festungsmauer und erhebt sein Haupt dankend himmel-
wärts. Unten am Fuße und zwischen den Trümmer der
Mauern, Lafetten u. s. f. liegen tobte Türken, die eben-
falls sehr gut komponirt und vortrefflich gemalt sind.
Links im Vorgrunde erblickt man eine Gruppe gefangener
Krieger, die mit theils bewundernden, theils haßerfüllten
Blicken zu den Prinzen aufschauen. — Rechts nach dem
Mittelgründe zu verfolgen kaiserliche Truppen die über
die Theißbrücke stiehenden Türken. — Eine bedeutende
und für die Wirkung des Moments wichtige Figur im
Vordergründe ist die des Prinzen Karl Vaudemont von
Lothringen, welcher, die Siegesdepesche an den Kaiser hoch
haltend, gewissermaaßen im Galopp aus dem Bilde reitet.
Dieser Punkt ist sehr gelungen. Ueberhaupt ist die Vor-
dergrundgruppe rechts der theils zu Pferde sitzenden theils
aufsteigenden Oesterreicher ausgezeichnet lebendig. — Wenn
ich diesen großen Vorzügen gegenüber eine Schwäche des
tüchtigen Werkes markiren darf, so ist zu sagen, daß es
in den übrigen Partieen theilweise etwas Starres, Un-
lebendiges besitzt, was freilich darin seinen Grund findet,
daß es weniger eine eigentliche Handlung als eine Situation
darstellt. Ein Theil dieser Wirkung dürfte aber auch in
der Beleuchtung durch die Abendsonne liegen, welche alles
mit Gelb anleuchtet; denn viel Gelb entzieht einem Ge-
mälde immer etwas Leben. Was man sonst dem Bilde
vorwirft, die häßlichen Reiterstiefel des Prinzen und an-
dere Kleinigkeiten sind so unbedeutend, daß die dadurch
etwa hervorgebrachte Störung nur wenig in Betracht
kommt. — Im Ganzen ist das Bild ein tüchtiges Werk,
worauf die österreichische Kunst stolz sein kann, und zu
welchem nmn Herrn Prof. Engerth, als Schöpfer desselben,
nur gratuliren kann. Dafür daß Engerth jetzt an unserer
Akademie wirken wird, ist daher das Bild als ein gutes
Omen zu betrachten. Den ohnehin so bedeutenden Kräften,
welche diese Anstalt besitzt, reiht sich somit abermals eine
tüchtige Kraft an.

Die Erwähnung unserer Akademie gießt mir einen
willkommenen Anlaß, von der Thätigkeit einiger hervor-
ragenden Künstler an derselben zu reden; namentlich muß
ich des gediegenen Cartons „Kaiser Rudolf II. zu Prag
als Kunstliebhaber" erwähnen, welcher vom Direktor
CH. Rüben komponirt und für Prag zur Ausführung na
fresco bestimmt ist. Es sind nur wenige fast lebensgroße
Figuren darauf, aber die Handlung ist so verständlich,
mit solcher Meisterschaft angeordnet und der Ausdruck in
den Köpfen so vorzüglich charakterisirt, überhaupt das
Ganze so schön und in allen Details so vorzüglich ge-
zeichnet, daß es ohne Bedenken den besten derartigen Wer-
ken an die Seite gestellt werden muß. Die Auffassung
und Darstellung ist so wahr und von so überraschender

Lebendigkeit, daß man ganz vergißt, daß es eben blos
gezeichnet ist und daß die Farbe fehlt.

Ich muß hierbei eine Bemerkung machen, die, glaube
ich, gerade für Ihr Journal zweckmäßig sein möchte:
Wien hat die Eigenthümlichkeit, daß es Viel und Gutes
producirt, aber ohne viel Lärmens davon zu machen.
Besonders gilt dies auch von der Kunst. So ist z. B.:
Ein Cyklus von Cartons zur böhmischen Geschichte, wo-
von eben der oben besprochene den Schluß bildet, durch
die Hand Ruben's entstanden, unter denen die meisten
vollendete Kunstwerke sind; aber sie sind dem großen
Publikum nur wenig oder gar nicht bekannt. Außerdem
birgt unsere akademische Bildungsanstalt einen großen
Schatz von Kunstwerken älterer und neuerer Zeit, ohne
daß man davon viel sprechen hört. Es fehlt an passen-
den Gelegenheiten, solche Werke ihres hohen Werthes
würdig zur Aufstellung zu bringen, die Atelier's aber sind
begreiflicherweise nicht fortwährend für einen größeren
Kreis von Beschauern offen zu halten, da die damit ver-
bundene Zeitversäumniß für die Thätigkeit der Künstler
ein zu großer Verlust wäre"). — Es ist schon längst ein
(leider frommer) Wunsch, daß die Künstler-Bildungsan-
stalt das mannigfach Schöne und Werthvolle, was sie in
ihren finstern Räumen birgt, auch zum allgemeinen Ge-
nuß darbieten möge; denn bei dem jetzigen Zustande
würde schwerlich jemand, der nicht gut davon unterrichtet
ist, solche Künstler und Kunstschätze in den dunkeln und
höchst antipathischen Lokalitäten suchen oder auch nur ver-
muthen. — Hoffen wir, daß auch dies anders werde!

Zum Schluß noch einige aphoristische Bemerkungen:
Näcbsten Monat kommen die vom österreichischen Knust-
verein 1864 und 65 angekauften Gegenstände (Gewiunste)
zur Ausstellung. — Am Burgplatz geht es rührig zu.
Das Haus, worin das Standbild Prinz Eugen's aufge-
stellt wurde, ist weggerisse» und die fertige Sache ist in
das Tuch, welches beim festlichen Akt zu fallen hat, fest
eingewickelt. Eben ist man beschäftigt, die verschiedenen
Pavillons, Tribünen rc. aufzustellen. Nach den Vor-
bereitungen scheint der Enthülluugsakt großartig zu wer-
den. lieber diese Feier)*) **) welche am 18. Oktober stattfin-
det, später ein Mehreres.

*) Um so mehr scheint es der kunstwissenschaftlichen Presse
Wiens vbzuliegen, von solchen bedeutenden Erscheinungen Akt zu
nehmen. Aber wie es scheint, hat diese Presse was Anderes zu
thun, als den „Propheten im Vaterlande" zur entsprechenden
Anerkennung zu bringen oder überhaupt der Gegenwart gerecht
zu werden. Nur was „alt" und „weit her" ist, imponirt den
alterthümelnden Phrasenmachern und ästhetisirendcn Slroh-
dreswern. Die Red.

**) Dieselbe hat inzwischen in feierlicher Weise vorigen
Mittwoch stattgefunden.

Kunst-Chronik.

Berlin. — Eine im Aufträge Sr. Maj. des Königs
von Moritz Schulz in Rom angefertigte Marmorgruppe
„Amor und Psyche auf dem Löwen" ist glücklich hier an-
aelangt. Dieselbe bildet ein Pendant zu der von demselben
Künstler vor drei Jahren gelieferten und von der Kunst-
kritik sehr anerkannten „Panthergruppe mit einer Ba-
chantin."

Potsdam. — Die Ausschmückung der Hauptfaeade
des neuen Orangeriegebäudes auf den Bornstädter Höhen
mit dem Raphaelsaale durch Marmor-Statuen schreitet
mehr und mehr vor. In den an den dortigen Gewächs-
häusern angebrachten Nischen sollen Marmorsiguren, die
Monate und Jahreszeiten darstellend, aufgestellt werden;
diese Figuren sind noch von dem Begründer des präch-
tigen Gebäudes, von Friedrich Wilhelm IV., bestimmt

und ihre Ausführung namhaften Künstlern übertragen
worden. Von den Statuen sind im vorigen Jahre die
Repräsentanten des „Januar", „April", „Mai" und „Juni"
aufgestellt und ihnen gegenwärtig die Figuren des „Juli" und
„August" hinzugefügl worden. Die Statue deö „Juli", eine
schöne weibliche Figur von edler, harmonischer Körperform,
ist von Wolf in Rom. Als Attribut trägt sie im Haar
den Aehrenkranz, in der rechten Hand einen Büschel von
Aehren. Das Gesicht mit idealen Zügen hat einen fröh-
lichen, etwas modernen Ausdruck, die Gestalt ist graziös mit
der Würde der Scgensspenderin. Die Gewandung ist die
griechische, das Untergewand, der Chiton, fällt im rei-
chen Faltenwürfe herab, das obere Gewand, das Pe-
plum, schmiegt sich enger an den Oberkörper. Die Aus-
führung, namentlich auch der Hände und Füße mit der
 
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