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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

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Zimmermann, Ernst: Neue Porzellan-Figuren
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0064

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Neue Porzellan-Figuren.

PAUL SCHEURICH— DRESDEN. STAATL. PORZELLAN-MANUFAKTUR MEISSEN, »HERR U. DAME IN BIEDERMEIERTRACHT«

gänzlich verwischt. Dann sein Erweichen im
Brande, das gleichfalls aller Schärfe der Formen-
gebung spottet und vielfach Zufall an Stelle von
Zielbewußtheit setzt. Mit der Gewissenhaftig-
keit des Naturalismus, wie mit der Formen-
strenge des Klassizismus, diesen beiden End-
polen alles plastischen Arbeitens im 19. Jahr-
hundert, war darum diesem Stoff nicht beizu-
kommen. Die Porzellanplastik mußte so ihren
eigenen Weg gehen, eine eigene Stilisierung ver-
suchen, die ganz auf dem Wesen dieses Stoffes
beruhen, sich ganz in dieses versenken mußte.
Das hat das 19. Jahrhundert und auch der
größte Teil unserer Zeit noch nicht vermocht.

Und doch hätte es ihnen eigentlich an sich
garnicht so schwer fallen können, wofern sie
nur genügend sich angeschaut hätten, was andere
Zeiten auf diesem Gebiete geschaffen. Denn
sowohl die Chinesen seit vielen Jahrhunderten,
wie auch wir Deutschen seit dem 18. hatten
auf diesem schon Stilarten gefunden, die völlig

befriedigen konnten. Man brauchte hier nur
die Augen aufzumachen. Dann aber freilich
mußte man, sobald man schaffen wollte, sich
völlig darüber klar sein, welches von beiden
Vorbildern man sich auserkoren. Denn beider
Stilarten waren recht verschieden, mit einander
durchaus unvereinbar. Bei den Chinesen eine
weiche, rundliche Behandlung des Materials,
die, auf Einzelheiten verzichtend, das vor-
liegende Motiv nur in großen Zügen wiedergab,
dafür aber die Schönheit des Materials zur
vollen Geltung brachte. Bei uns dagegen eine
reichere Durchbildung des Plastischen, ein schär-
feres Betonen der Einzelheiten, ein pikantes
Spielen mit den Glanzlichtern der Glasur und
doch auch ein gewisses Maßhalten in allem
wieder, wie es eben die Eigenart dieses Stoffes
verlangt. Beide Stilarten aber waren durchaus
gleich materialgerecht, durchaus gleich künst-
lerisch verwendbar, nur daß die unsrige viel-
leicht noch mehr einer spezifischen Kleinplastik,
 
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