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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

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Petition Berliner Künstler an die Deutsche National-Versammlung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0106

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Petition Berliner Künstler an die deutsche National- Versammlung.

vor, auf die eine geistige Arbeit eine 10 mal so
große Abgabe zu legen wie auf die andere.

Eine zweite Ungerechtigkeit dieses Aus-
nahmegesetzes gegen Maler und Bildhauer ist
aber noch größer. Die Abwälzung der Steuer
ist nur den Wenigen vielleicht noch möglich,
die einen berühmten Namen oder den Mode-
geschmack des Publikums für sich haben. Nur
ihre Werke werden so heiß begehrt, daß der
Käufer auch durch eine hohe Steuer nicht ab-
geschreckt wird. Dagegen werden die Arbeiten
der unberühmten Künstler, und das ist die
Mehrheit, wenn überhaupt, nur zu ganz ge-
drückten Preisen gekauft. Ganz besonders gilt
dies für die jungen, strebenden Talente, die
Mühe haben, sich mit ihrer Eigenart gegen die
herrschende Richtung durchzusetzen. Fast alle
unsere großen Meister haben lange Jahre ihres
Lebens dieses harte Brot des verkannten Talen-
tes essen müssen. Sie hungerten lieber, ehe
sie ihrer künstlerischen Überzeugung untreu
wurden. Es heißt also die beste und edelste
Produktion von Geistesgütern hemmen, wenn
man diesen schwer um die Existenz Ringenden
anstatt weniger, mehr Steuer auferlegt. Zahlen
beweisen. Ein Käufer zahlt auf einer Kunst-

ausstellung für ein Gemälde 1000 Mark. Da-
von gehen ab 15 °/o Luxussteuer =150 Mark,
15 °/o Verkaufsprovision der Ausstellung -
150 Mark, ferner 150 Mark für Rahmen, 100
Mark für Leinewand und Farben, 100 Mark
für Anteil an Generalunkosten (Ateliermiete,
Kohlen, Modellgeld, Speditionsgebühren usw.).
Danach bleiben also dem Künstler von den
1000 Mark, die der Käufer scheinbar für ihn
zahlt, nur 350 Mark, d. h. also etwa ein Drittel,
während er bisher, ohne Luxussteuer, wenig-
stens die Hälfte bekam, wobei 500 Mark für
die Arbeit von mehreren Wochen gewiß kein
zu großes Entgeld ist. Ein so unsozial wirken-
des Gesetz kann nicht bestehen bleiben. Wir
haben das Vertrauen, daß die Nationalversamm-
lung bei nochmaliger Prüfung unsere Gründe
anerkennen wird und bitten daher, durch einen
schleunigst einzubringenden Nachtrag zum Ge-
setz zu bestimmen, daß der Ankauf von Kunst-
werken vom Künstler selbst, wie in dem sorg-
fältig abgewogenen Gesetzentwurf der Regierung
vorgesehen war, von der Luxussteuer befreit
ist und nur die gewöhnliche Umsatzsteuer zu
tragen hat. — Der Verein Berliner Künstler:
Professor Max Schlichting, 1. Vorsitzender. —

EMMA v. SICHART MÜNCHEN. »FLACHE STOFFPUPPEN«
 
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