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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

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Ewald, Reinhold: Piero della Francesca: anlässlich der 500jährigen Wiederkehr seines Geburtsjahres
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0251

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P1ERO DKLLA FRANCESCA. »ADAMS TOD UND GRABLEGUNG« FRESCO TN DER ST. FRANZISKUS-KIRCHE IN AREZZO.

PIERO DELLA FRANCESCA.

ANLÄSSLICH DER 5OOJÄHRIGEN WIEDERKEHR SEINES GEBURTSJAHRES.

Es gibt eine romanische Ader, die von der
Venus von Milo über Raffael — Ingres bis
Renoir hingeht, für unsere Eltern schlechtweg
die klassische Linie.

Sie geht um Norditalien herum. Hier ragen
als große, anders geartete Pf eiler die Byzantiner
in Ravenna, Cimabue, Giotto und dessen Nach-
folger, besonders in Florenz und Pisa hervor.
Der Höhepunkt ist zweifellos der Giotto'sche
Wall der Bilder der Arena-Kapelle in Padua:
Aus der anregenden Natur werden hier etwa 30
malerische Gleichnisse herausgerissen und mit
Mitteln der absoluten Malerei zu Gebilden
geformt, die sich jedem Naturalismus gegenüber-
stellen. Freud und Leid, Schmerz und be-
glückender Himmel der Marienlegende — der
Judaskuß gegenüber der Taufe, die Gericht-
szene vor Pilatus gegenüb er der Geburt Christi —
zum erfundenen Gleichnis geformt.

Eingeborene mögen der Nährboden gewesen
sein, die Byzantiner hängen mit Konstantinopel
zusammen, Cimabue, Giotto, Duccio erscheinen
ohne gotische Blutsmischung aber undenkbar.

Nach einer Verflachung, die man für Entwick-
lung nahm, der Brancacci-Kapelle des Masaccio,
erscheint etwa um 1450 ein großer Outsider:
Piero della Francesca.

Ein ganz großer Monumentalstil, etwas Asia-
tisches der Alexanderschlacht des Darius scheint
neu aufzuleben als Piero della Francesca seine
Schlachtenbilder im Chor der San Francesco-
kirche in Arezzo malt. Gegenüber Raffael und
Michelangelo ist sein Ruhm verdunkelt wie der
des Baidung Grien gegen Dürer.

Seine Hauptwerke sind in der Provinz in
kleineren Orten verstreut: In seiner Geburts-
stadt Borgo San Sepolcro ein Altarwerk, ein
Fresco in Rimini, sein Hauptwerk in Arezzo.

Es steht fest, daß er bei Domenico Veneziano
in Florenz als Gehilfe tätig war, mit dem ihn
ein — damals ganz neuer — farbiger Pleinai-
rismus verbindet. Durch glückliche Umstände
wird ihm die Aufgabe, in den Chor der San
Franziskuskirche in Arezzo die „Legende des
Heiligen Kreuzes" zu malen.
— Das Thema hat eine riesige Spannweite, um-

XXIII. August 1920. 4
 
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