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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

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Corwegh, Robert: Erich M. Simon: Maler und Radierer Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0270

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ungen, Schokoladekartons, Etiketten mit viel-
seitiger Anpassungsfähigkeit entwarf.

Bald wurde die Radierplatte sein Feld. So
entsteht das melancholische Blatt mit dem alten
Palais. Es ist die Zeit des Blätterfalls. Herbst-
nachmittag. Zu ihm paßt die Blinde, der ein
Kavalier Almosen spendet; deren Elend man
im Gegensatz zur eleganten Kutsche doppelt
empfindet. Es sind Eindrücke an flüchtige
Tageserlebnisse, die so ihren Niederschlag fan-
den. Die winklige Kleinstadt, mit ihrer Enge
und ihrem Geschwätz umrankt den einsamen
Wanderer des zweiten Blattes. Hier mögen
Jugendeindrücke Form gewonnen haben. Lite-
rarisches wurde in diesen Blättern gestaltet,
was Wunder, daß bald Verleger diese Begabung
für Zwecke der Illustration ausnutzten. Thomas
Mann's „Tonio Kröger" war die erste Probe.
Buchausstattungen für die Verleger Georg
Müller, Kiepenheuer, Axel Junker, Reiß, Flei-
schel folgten in bunter Reihe mit Exlibris, die
Bücherfreunde von dem bekannt gewordenen
Illustrator verlangten. Während dieser arbeits-

reichen Zeit fallen zwei Reisen nach Paris (1911
und 1913). Reisen bildet, aber keine Stadt
hat so einprägsame Bedeutung wie Paris. Bilden
bedeutet Wachwerden schlummernder Bilder
in uns. Paris erweckt in jedem von uns Schlum-
merndes. Simon fand im Louvre, bei den Bou-
quinisten am Quai d' Orsay, was er brauchte.
Hier erwuchsen ihm beim Anblick der Antiqui-
täten Vorstellungen und Bilder. Hier wurde
seine Phantasie beflügelt. Bald war es ein altes
Buch mit seinen Abbildungen, das zu ihm
sprach, bald ein altes Möbelstück im weichen
Schwung seines feinmaserigenHolzes, im Schim-
mer der goldenen Beschläge.

Wenn nun Aufträge für die Praxis an ihn
herantraten, Plakate, Werbeblätter, Briefköpfe,
dann wollte er sie mit gleicher Liebe am Kleinen,
mit gleicher liebevollen Handwerklichkeit vol-
lenden, wie der Meister arbeitete, der den alten
Möbeln ihre gediegene Form gab, der Tabaks-
dose des Großvaters ihren dauernden Reiz.
In solcher Gesinnung schuf er wertvolle Ent-
würfe für Packpapiere, Kataloge, Zigarrenaus-
 
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