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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

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Osborn, Max: Ein Landhaus von Bruno Paul: Haus Herz in Dahlem bei Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0310

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Ein Landhaus von Bruno Paul.

PROFESSOR BRUNO PAUL BERLIN.

»CHAUFFEUR-HAUS UNI) GEMÜSEGARTEN«

haft den offenen Eingang zum Treppenhause.
Ein Teppich von gedämpftem Blau der Grund-
farbe mit gelblich getönten Ornamentbändern
klingt überaus vornehm zu dem keuschen
Weiß der Wandungen, an denen farbige Kupfer-
stiche in schmalen Goldrahmen die Melodie der
Empirezeit aufnehmen, und grüßt zu dem blauen
Läufer der Treppe hinauf, deren Stufenanstieg
alte Aquatintablätter mit italienischen Architek-
turen begleiten.

Durch die repräsentative Würde der Halle
geht es geradeaus in den Musiksaal, der
durch das leichte Halbrund einer Apsis mit
drei bis zum Boden herabgeführten Fenster-
türen auf die Gartenterrasse hinausdrängt, die
der Rückfront vorgelagert ist. Dieser Musik-
saal, als Mittelpunkt der Wohnräume im Erd-
geschoß, ist das Entzücken des Hauses. Rings
an den Wänden zieht sich eine festlich-heitere
Malerei, die Karl Walser auf dem Kalkbewurf
ausführte: eine Ordnung schlank aufsteigender
exotischer Bäume, auf denen sich seltsames
und phantastisches Getier tummelt und schau-
kelt, Äffchen und Papageien und eine märchen-
hafte Gesellschaft anderer buntgefiederter Ge-

schöpfe. Die braungrauen Vertikalen der
Stämme, das kühle Cezanne-Grün der tropi-
schen Blätter, der Kling-Klang der Tierfarben,
delikat abgestimmt, heben sich von dem mit
Blau leicht untermischten Weiß der Flächen ab.
Und der ganze traumhafte Wald, der den Ein-
tretenden sofort in eine Stimmung fern von
Alltäglichkeit entrückt, wird verbunden durch
die zierlichen Girlanden schmaler blaß-violetter
Bänder, die Walser mitsamt den kleinen Ringen,
die sie zu halten vortäuschen, auf die Wände
gemalt hat. So erhalten die Vertikallinien einen
festen Zusammenhang durch ein horizontales
Motiv, von dem dann der Blick zu dem offenen
Gitterwerk der Deckenfläche hinaufgeht. Für
die Beleuchtung sorgen lediglich die rings ver-
teilten Wandarme aus leise angehauchtem
böhmischen Glase. Das ergibt eine glitzernde
und doch nicht laute Beleuchtung. Damit aber
das Ganze nicht gar zu tändelnd dreinschaut,
malte Walser über die drei Türen des Raumes
auf schwerem dunklen Grunde Musikinstrumen-
ten-Bündel in schmale Rechteckfelder. Diese
Supraporten stimmen zu den Empiremöbeln
mit ihrem gelben Tuch, von dem sich charak-
 
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