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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 65.1929-1930

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Schürer, Oskar: Von Kunst und Kritik
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https://doi.org/10.11588/diglit.9252#0023

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H. R. LICHTENBERGER

GEMÄLDE »RAMPENLICHT«

VON KUNST UND KRITIK

VON DR. OSKAR SCHÜRER

Dies grundlegende Verhältnis innerhalb einer
lebendigen Kunstentfaltung treibt immer
wieder aus dem ruhigen Fluß herauf und bildet
seine Wirbel. Meist wird es in seiner perso-
nalen Ausprägung gesehen und erörtert. Das
Verhältnis zwischen Künstler und Kritiker hat
genug Konfliktstoffe in sich, um hin und wieder
zu explodieren. Der Künstler fühlt sich ange-
griffen, geschulmeistert und mißverstanden, —
der Kritiker fühlt seine geistige Tätigkeit miß-
achtet, sein Wort und seine Freiheit entwertet.
Um dieses Verhältnis aus solchen Ausbrüchen
wieder zurückzuführen in seine produktiven
Funktionen, ist es gut, seine Elemente ins Un-
persönliche hinaufzuheben, wie es die Themen-
stellung : Kunst und Kritik andeutet.

Da wird leicht einsichtig, daß diese beiden
Mächte gegenseitige Entsprechungen sind vor
dem höheren Forum der Idee. Kunst verlangt
Geltung. Sie wendet sich also an ein Draußen,
fordert Erwiderung. Solche Erwiderung ist die

Kritik, Kritik natürlich in der weitesten Bedeu-
tung ihres Sinnes gefaßt: als verantwortungs-
bewußtes Echo, als Antwort auf die Frage, die
jede Kunst in ihrer Beziehung zur allgemeinen
Geltung darstellt. Hier ruht die tiefste Bestäti-
gung aller Kritik.

Man hat sich daran gewöhnt, Kritik als etwas
Negatives anzusehen. Und mancher Kritiker
glaubt vielleicht, er müsse verneinen, abwerten,
um seinen Beruf zu rechtfertigen. Nein: Kritik
ist vor allem einmal bejahender Gegenklang des
Draußen auf das Innen der Kunst. Und in sol-
cher Funktion ist die personale Spaltung in
Künstler und Kritiker noch gar nicht wesens-
mäßig notwendig. Der Künstler hat den Kriti-
ker in sich: auf den Augenblick der künstle-
rischen Inspiration folgt sofort der Augenblick
der kritischen Abwägung dieses inneren Fundes
gegenüber dem Draußen. Und auch der Kri-
tiker hat Künstlerisches in sich: seine Äußerung
hat nur Wert, wenn sie den künstlerischen Pro-
 
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