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Sänger, Falk-Reimar [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 21): Landkreis Lüchow-Dannenberg — Braunschweig, 1986

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https://doi.org/10.11588/diglit.44260#0086
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Häuser mit Quererschließung unterbrochen.
Diese zunächst geschlossene Bebauung mit
Gefüge- als auch mit Massivbauten wird nach
Osten hin schließlich lückenhaft, um dann fast
ganz aufzuhören. Am Übergang der Marsch-
torstraße in die Bahnhofstraße steht das Ho-
spital St. Georg noch heute in Einzellage.
Das Marschtor (früher Melker- oder Melcher-
tor), das der Straße den Namen gab, stand
ehemals auf dem Westufer des Flusses. Es
wurde 1626 auf das Ostufer verlegt und erst
1650 an seinen endgültigen Standort in Höhe
des heutigen Hauses Nr. 20 versetzt, wo es
noch zu Beginn des 19. Jh. vorhanden war.
Nach der Eröffnung der Bahnlinie Lüneburg-
Wittenberg außerhalb der Stadt wurde die
Marschtor - vorübergehend in Bahnhofstra-
ße umbenannt. In dieser Zeit entstanden
an der Marschtorstraße neben zahlreichen
kleinen Handwerksbetrieben auch einige Ge-
werbebetriebe und Brauereien industriellen
Ausmaßes, so daß diese Straße als „Indu-
strieviertel“ Dannenbergs gelten konnte. Die
Entwicklung des Gewerbegebietes hat aller-
dings nur kurze Zeit gedauert und ist bald wie-
der zum Erliegen gekommen.
Die sehr heterogene und vielfach veränderte
Bebauung der Marschtorstraße beginnt an der
Ecke Kirchplatz mit einem spätklassizisti-
schen Doppelwohnhaus (Nr. 1), bei dessen
Errichtung im frühen 19. Jh. ein Teil der alten
Ratsapotheke (An der Kirche 8) weichen muß-
te. Die überformten Gebäude Nr. 39 und Nr.
59 weisen wesentlich älteres Gefüge auf, das
möglicherweise noch von der Erstbebauung
der Straße stammt. Das Rudowsche Haus
(Nr. 6) aus dem Jahr 1739 ist ein frühes trauf-
ständiges Bürgerhaus, das seinen originalen
Zustand weitgehend bewahrt hat. Hinter dem
großen massiven Komplex Nr. 10 und 11 ver-
birgt sich eine stillgelegte Brauerei und Bren-
nerei, während die Vordergebäude Wohnun-
gen aber auch Büroräume für die kaiserliche
Post enthielten. Die Anlage entstand unmittel-
bar nach der Eröffnung des Bahnanschlusses
im Jahre 1874, brannte im Mai 1900 teilweise
nieder und wurde wieder aufgebaut. Eine wei-
tere Brauerei sowie eine Möbelfabrik - beide
liegen heute still - verbergen sich weiter
stadtauswärts hinter der straßenseitigen Be-
bauung, von der noch die Häuser Nr. 22 und
Nr. 36 genannt werden müssen. Ersteres ist
ein spätklassizistischer, zweigeschossiger
Gefügebau des frühen 19. Jh., während das
andere Haus, ein massives bürgerliches
Wohnhaus mit historisierenden Schmuck-
formen, aus dem Ende des gleichen Jahrhun-
derts stammt.
Hospital St. Georg
Am Übergang der Marschtor- in die Bahnhof-
straße steht auf leichter Geländeerhöhung
das Stift St. Georg. Die beiden Gebäude lie-
gen von der Straße weit zurückgesetzt in ei-
nem parkartig gestalteten Garten mit Resten
eines Friedhofes. Eine kurze Allee verbindet
sie mit der Straße. Das Haupthaus aus dem
frühen 19. Jh. ist ein schlichtes eingeschossi-
ges Ziegelfachwerkgebäude mit Querer-
schließung und Halbwalmdach. Nordöstlich
davon steht ein kleines Nebengebäude, das
ursprünglich als Stall und Holzschuppen er-
richtet wurde.

Die Anlage war zu Beginn des 17. Jh. von der
Herzogin Sybilla (1584-1652) als Damenstift
gegründet worden. Die Gebäude wurden au-
ßerhalb der Stadt bei einer St. Jürgen geweih-
ten Kapelle errichtet, im Dreißigjährigen Krieg
zerstört und 1650 wieder neu aufgeführt. Das
Stift diente später als Armenhaus, zusätzlich
wurde hier eine Schule für die Kinder der um-
liegenden Dörfer eingerichtet. Schon in der
Mitte des 18. Jh. waren die Gebäude in
schlechtem Zustand; mehrere Neubaupläne
kamen jedoch nicht zur Ausführung. Zu Be-
ginn des 19. Jh. waren sie so verfallen, daß sie
1835 durch den Amtszimmermeister Reinek-
ke von Grund auf neu errichtet wurden. Die al-
te Kapelle St. Jürgen stand noch bis zum Jah-
re 1885 und wurde dann auf Abbruch verkauft.
St. Annen Friedhof

Südwestlich der Stadt in der Gabelung der
Straße Mühlentor in die Lüneburger und Lü-
chower Straße liegt hinter Wohnhäusern ver-
borgen der St. Annen Friedhof. Auf der kleinen
Anlage mit altem Baumbestand haben sich
heute neben einem neueren Kriegerdenkmal
nur noch wenige Grabstätten erhalten. Die be-

Dannenberg, St. Annenfriedhof, Grabmal der
Eleonore Prochaska


Dannenberg, Marschtorstraße 26, Hospital
St. Georg, 1835, Amtszimmermeister Reinecke


deutendste ist die der Eleonore Prochaska,
die als Lützower Jäger verkleidet in der
Schlacht an der Göhrde im Jahre 1813 tödlich
verwundet und hier mit militärischen Ehren
beigesetzt wurde. Das Prochaskadenkmal
wurde 1865 über ihrem Grab errichtet. Die Be-
legung dieser Begräbnisstätte, die im ehema-
ligen Überschwemmungsgebiet liegt, ist of-
fenbar bald nach Eröffnung des Friedhofes in
Lüggau im Jahre 1816 eingestellt worden. Die
baufällige Annenkapelle wurde 1879 auf Ab-
bruch verkauft.

Dannenberg, Marschtorstraße 6, 1739


Dannenberg, Marschtorstraße 10, 11,1874/1900


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